Johannes Schreiter (* 8. März 1930 in Buchholz, Sachsen) ist ein deutscher Maler, Grafiker und Glasbildner.
Leben
Johannes Schreiter wurde 1930 in Buchholz im Erzgebirge geboren und besuchte in Annaberg das Gymnasium, wo er 1948 das Abitur ablegte. Ihn prägte sein protestantisches Elternhaus und die Leidenschaften für Musik, die ihm sein Vater weitergab. Doch seine Absicht, Musik zu studieren, gab er auf. Stattdessen floh er 1949 vor der kommunistischen Diktatur nach Westdeutschland.[1] An der Werkschule in Münster studierte er bildende Kunst mit dem Schwerpunkt Malerei bei Vincenz Pieper. 1952 begann er mit der Lehramtsausbildung als Kunsterzieher an der Landeskunstschule in Mainz, die er 1957 mit dem Staatsexamen abschloss. Eingeschoben war ein Jahr an der Berliner Hochschule für Bildende Künste in Berlin.[1] Seine Studien ermöglichte ihm ein Stipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung. Danach ließ er sich als freier Maler in Bonn nieder. Bereits in den ersten Jahren entstanden mehrere Werke für Kirchen.[1] 1959 erfand Johannes Schreiter den Bildtypus der Brandcollage oder Fumage-Collage.
Von 1960 bis 1963 leitete Schreiter die Abteilung „Fläche“ an der Staatlichen Kunsthochschule Bremen. Von 1963 bis 1987 war er Professor an der Staatlichen Hochschule für bildende Künste in Frankfurt am Main, von 1971 bis 1974 deren Rektor.
Johannes Schreiter ist Mitglied im Deutschen Künstlerbund.[2] Er lebt heute in Langen (Hessen) und ist seit November 2013 Ehrenbürger der Stadt.[3]
Werk
Sortierung |
Jahr | Ort | Werk |
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1959–1960 | Kitzingen | Katholische Pfarrkirche St. Johannes der Täufer, Chorfenster |
1959–1960 | Mainz | Institut für Kunstgeschichte der Johannes Gutenberg-Universität, Treppenhaus, nach dem Gebäudeabriss (2013) wurde das Glasbild 2020 im Neubau der Theologie montiert. |
1960 | Bürgstadt | Kirche St. Margareten, Dreiecksfenster, Symbol für das Auge Gottes |
1960 | Bürgstadt | Kirche St. Margareten, Marienkapelle, Glasmosaik |
1962 | Osnabrück | Melanchthonkirche |
1965 | Hamburg | Kath. Mariendom[4] |
1965 | Leutesdorf | Blaue Kapelle |
1969 | Frankfurt-Preungesheim | Festeburg Kirche, Beton-Glasfenster |
1974 | Hofen | Evangelische Kirche |
1977 | Limburg an der Lahn | St. Maria, Diözesanes Zentrum Sankt Nikolaus, 8 Glasfenster |
1977–1978 | Kalbach-Niederkalbach | Kirche St. Laurentius |
1978 | Dortmund | Marienkirche, Chor, Marienaltar |
1980 | Frankfurt am Main | Mariahilf-Kirche |
1981–1982 | Lübeck | St. Marien, Fenster der Briefkapelle[5] |
1984 | Heidelberg | Heiliggeistkirche |
1985 | Münster-Coerde | Andreaskirche[6] |
1987 | Lüneburg | St.-Nicolai-Kirche, Chorfenster[7] |
1992–2000 | Goslar | Marktkirche St. Cosmas und Damian |
1992, 2015 | Osnabrück | St. Marien |
1993–2000 | Berlin-Grunewald | Grunewaldkirche[8] |
1995 | Prenzlau | Marienkirche, Glasfenster „Zerstörung und Wiederaufbau“ |
1997 | München-Obermenzing | Carolinenkirche, Chorwandfenster mit dem Titel „Aufbruch zum Leben“[9] |
1997–1998 | Göttingen | St. Jacobi-Kirche, Meditation über den 22. Psalm, 5 Fenster |
1999 | Lübeck | St. Marien, Westportalfenster[10] |
2001 | Ulm | Ulmer Münster, Weltgefährdungsfenster |
2001 | Ulm | Ulmer Münster, Weltvollendungsfenster |
2002 | Mainz-Gonsenheim | Evangelische Kirche Mainz-Gonsenheim, 8 Glasfenster |
2002 | Stuttgart | Stiftskirche, Fenster der christlichen Hauptfeste, Entwurf |
2002? | Buchloe | Haus der Begegnung, zwölfteiliger Glasfensterzyklus |
2002–2003 | Kiel | Nikolaikirche, Taufkapelle / Raum der Stille, vier Fenster |
2003 | Esslingen | St. Paul, zwei Lanzettfenster am Taufort an der Südwand.[11] |
2003 | Wüllen | St. Andreas |
2003 | St. Ingbert | Christuskirche |
2003 | Koblenz-Ehrenbreitstein | Heilig-Kreuz |
2004 | Augsburg | St. Ulrich und Afra, Magnificat-Fenster, Seitenschiff |
2005 | Kassel | Landeskirchenamt der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck, „Wandbild“ in Glas mit Thema „Zerrissenheit und Heilung“ |
2006 | Stralsund | St. Nikolai, Greiffenheimsche Kapelle |
2006, 2010–2012 | Heidelberg | Peterskirche, Zyklus mit neun Fenstern |
2007 | Mainz | Mainzer Dom, Sakramentskapelle |
2007 | Augsburg | St. Pius, Seitenkapelle |
2008 | Augsburg | Augsburger Dom, Westchor, drei Glasfenster. Herstellung im Mundblasverfahren: Glashütte Lamberts. Einbau: Derix Glasstudio, 2010. |
2009 | Planegg | Maria Eich, Wallfahrtskirche |
2011 | Weinsberg | Johanneskirche, Ostchor, Auferstehungsfenster (2002), Zyklus zu Psalm 23 (7 Fenster, 2011) |
2012 | Heidelberg | Diakoniekirche der Evangelischen Kapellengemeinde, zwei Fenster im Altarraum |
2012 | Augsburg | St. Ulrich und Afra, Benedictus-Fenster, Seitenschiff |
2013 | Langen (Hessen) | Katholische Kirche St. Albertus Magnus,[12] zwei jeweils 1,90 m × 2,30 m große Glasfenster.[13] |
2014 | Heidelberg | Diakoniekirche der Evangelischen Kapellengemeinde, vier Paramente für das Kirchenjahr |
2016 | Langen (Hessen) | Evangelische Stadtkirche.[14] |
2017 | Miesau | Protestantische Kirche, Schreiter-Zyklus mit fünf Fenstern im Altarraum, die im Wesentlichen Kreuzigung, Auferstehung, Emmaus-Geschichte und Missionsbefehl zeigen.[15] |
2018, 2019 | Miesau | Protestantische Kirche, Ergänzung des 2017 gestalteten Schreiter-Zyklus durch je drei weitere Fenster unter den Emporen.[16] |
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Glas/Werke/Langen
Im Untergeschoss der Neuen Stadthalle Langen befindet sich seit 2009 eine rund 200 m² große Galerie, in welcher rund 50 Werke von Schreiter und anderer Künstler wie Brian Clarke, Klaus Zimmer und Lukas Derow ausgestellt sind.[17]
Ehrungen
- 1979: Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
- 2005: Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Heidelberg
- 2007: Kulturpreis der Stadt Langen
- 2011: Hessischer Verdienstorden[18]
- 2013: Ehrenbürgerschaft der Stadt Langen[3]
Schriften
- Glasbilder. Herausgegeben von Hans Gercke, Rainer Volp. Verlag Das Beispiel, Darmstadt 1988, ISBN 3-923974-03-5.
- mit Stefan Zekorn: Mysterium crucis. Die Glasfenster von Johannes Schreiter in der Kapelle des Priesterseminars Borromaeum Münster – Geheimnis des Kreuzes. Schnell & Steiner, Regensburg 2006, ISBN 978-3-7954-1941-7.
- Wortfenster, zwei Bände. Schnell & Steiner, Regensburg 2008, ISBN 978-3-7954-2066-6. In kunstwissenschaftlichen Aufsätzen, Essays und Vorlesungen gibt Schreiter Einblicke in seine Gedankenwelt. Den Büchern liegt eine CD bei, mit einer Predigt des überzeugten Christen und neun Musikstücken, die er in den 1940er Jahren komponierte, die lange Zeit verschollen waren und nun erstmals veröffentlicht wurden.
- Glasbilder – Collagen – Zeichnungen 1995–2012. Texte von Gunther Sehring und Holger Brülls. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2012, ISBN 978-3-89870-687-2.
Literatur
in der Reihenfolge des Erscheinens
- Hans H. Hofstätter: Johannes Schreiter. Neue Glasbilder und eine Einführung in die neue Glasbildkunst. Heinz Moos, München 1965.
- Dorit Marhenke (Red.): Deutsche Radierer der Gegenwart. Kunsthalle Darmstadt, 12.9.–31.10.1982. Athenäum, Königstein/Ts. 1982, ISBN 3-7610-8121-9, S. 148f.
- Birgit Schwarz: Johannes Schreiter. Das glasbildnerische Werk von 1959 bis 1980 (= Kunst in Hessen und am Mittelrhein, Band 26). Hessisches Landesmuseum, Darmstadt 1987.
- Markus von Hänsel-Hohenhausen: Freiheit aus Dialog – Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung des Werkes Johannes Schreiters aus Anlaß seines 85. Geburtstages am 8. März 2015.[19]
- Brigitte Quack: Farbige Glasflächen mit großer inhaltlicher Tiefe. Die Schreiter-Fenster in der Christuskirche St. Ingbert. In: Saarbrücker Zeitung. 10. Juli 2008, S. C4.
- Yvonne Besser: Religiöse Bildsprache der nichtfigurativen Moderne: der Fensterzyklus zu Psalm 22 von Johannes Schreiter in der Jacobikirche Göttingen. Verlag Otto Lembeck, 2009.
- Helmut Schwier: Der Fensterzyklus von Johannes Schreiter in der Peterskirche Heidelberg (= Schnell Kunstführer Nr. 2826). Schnell & Steiner, Regensburg 2013, ISBN 978-3-7954-6955-9.
- Helmut Schwier (Hrsg.): Botschaften aus Licht und Glas. Der Fensterzyklus von Johannes Schreiter in der Heidelberger Universitätskirche. Mit einem Geleitwort von Johannes Schreiter, Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2013, ISBN 978-3-7954-2776-4.
- Johannes Schreiter. Glasbilder – Zeichnungen – Collagen, 1995–2012. Texte von Holger Brülls und Gunther Sehring. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2013, ISBN 978-3-89870-687-2.
- Helmut Braun: Johannes Schreiter zum 90. Geburtstag. In: Kirche + Kunst, Jg. 97 (2022), S. 56–57.
Film
- Eick Hoemann, Peter Rippl: Der Glasmaler. 2011 (73 min.)[20]
Weblinks
- Literatur von und über Johannes Schreiter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Der Künstler Johannes Schreiter. Neue Stadthalle Langen
- Christine Lang: Einsichten und Aussichten: Zur Kunst von Johannes Schreiter. (pdf, 1,2 MB) Neue Stadthalle Langen, 6. März 2020 .
- Abbildungen von Brandcollagen, Gemälden und Glasfenstern von Johannes Schreiter
Einzelnachweise
- ↑ a b c Helmut Braun: Johannes Schreiter zum 90. Geburtstag. In: Kirche + Kunst, Jg. 97 (2022), S. 56–57, hier S. 56.
- ↑ Johannes Schreiter. In: kuenstlerbund.de. Abgerufen am 14. März 2020.
- ↑ a b Markus Schaible: Glaskünstler Johannes Schreiter: „Fiesling, der sagt, was er denkt“. In: op-online.de. 29. November 2013, abgerufen am 14. März 2020.
- ↑ Johannes Schreiter: Jesaja-Zyklus im Mariendom. Abgerufen am 12. Mai 2024.
- ↑ Johannes Schreiter: Fenster der Briefkapelle St. Marien. Abgerufen am 12. Mai 2024.
- ↑ Karin Berkemann: Münster-Coerde: Andreaskirche. In: Straße der Moderne. Abgerufen am 14. März 2020.
- ↑ Geschichte – St. Nicolai in Lüneburg. Ev.-luth. Kirchengemeinde St.Nicolai Lüneburg, archiviert vom am 15. Juni 2009; abgerufen am 14. März 2020.
- ↑ Das Fensterprogramm in der Grunewaldkirche:. Abgerufen am 22. Dezember 2021.
- ↑ Helmut Braun: Johannes Schreiter zum 90. Geburtstag. In: Kirche + Kunst, Jg. 97 (2022), S. 56–57, hier S. 57.
- ↑ Johannes Schreiter: Fenster des Westportals St. Marien. Abgerufen am 12. Mai 2024.
- ↑ Münster St. Paul Esslingen am Neckar, S. 20 (Innenraum), S. 26 (Zeittafel) In: Schnell, Kunstführer Nr. 998, 4. neu bearbeitete Auflage 2005.
- ↑ Karin Berkemann: Unter der Laterne. In: moderneREGIONAL 16, 1. Januar 2016, abgerufen am 14. März 2020.
- ↑ Mit meditativer Wirkung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. März 2013, S. 56.
- ↑ Schreiter-Fenster für Langener Stadtkirche. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. Juni 2015, S. 51.
- ↑ Andreas Rummel: Die Prot. Kirche zu Miesau. Prot. Kirchengemeinde Miesau, 2019, archiviert vom ; abgerufen am 14. März 2020.
- ↑ Die Prot. Kirche zu Miesau. In: Protestantisches Pfarramt, Miesau. Abgerufen am 30. Dezember 2023.
- ↑ Stille Kunst aus buntem Glas. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. September 2015, S. 49.
- ↑ Wegweisend in der Glaskunst. In: op-online.de. 7. Juli 2011, abgerufen am 22. Dezember 2018.
- ↑ literaturmarkt.info (online, abgerufen am 1. April 2025).
- ↑ Der Glasmaler als Filmstar. In: fr.de. 18. November 2011, abgerufen am 14. März 2020.
Personendaten | |
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NAME | Schreiter, Johannes |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Maler, Grafiker und Glasbildner |
GEBURTSDATUM | 8. März 1930 |
GEBURTSORT | Buchholz, Sachsen |
- Glasmaler (Deutschland)
- Maler (Deutschland)
- Mitglied im Deutschen Künstlerbund
- Mitglied im Westdeutschen Künstlerbund
- Hochschullehrer (Staatliche Hochschule für Bildende Künste Frankfurt am Main)
- Rektor einer Hochschule in Deutschland
- Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande
- Träger des Hessischen Verdienstordens am Bande
- Ehrendoktor der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
- Sachbuchautor
- Person (Annaberg-Buchholz)
- Deutscher
- Geboren 1930
- Mann