Die Abfackelung ist das Verbrennen von brennbaren Abgasen mittels einer Gasfackel, einem langen Rohr, das am oberen Ende den Fackelkopf, einen Brenner mit einer Zündvorrichtung, trägt. Abfackelung kommt weit überwiegend bei Förderanlagen für Erdöl und Erdgas und in geringerem Umfang bei Erdölraffinerien, chemischen Betrieben und verfüllten Mülldeponien zum Einsatz.
Einsatzgebiete
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Abfackelung wird dort eingesetzt, wo eine andere Nutzung für die abgefackelten Gase nach dem Stand der Technik bzw. nach der Marktnachfrage nicht sinnvoll oder finanziell uninteressant erscheint. So werden zum Beispiel Stoffe abgefackelt, die in Industrieanlagen nicht kontinuierlich in fester Menge oder in nur geringer Menge anfallen. Wegen der steigenden Energiepreise versucht man nach Möglichkeit, solche Stoffe zu verwenden, um nutzbare Energie zu erzeugen (zum Beispiel Prozessdampf, Strom oder Strom und Wärme in Blockheizkraftwerken).
Das bei der Erdölförderung anfallende Begleitgas wird abgefackelt, wenn die Kosten für Aufbereitung und Transport den zu erwartenden Erlös übersteigen.[1] Durch die Global Gas Flaring Reduction Partnership (GGFR) wurde nach Auswertung aktueller Satellitendaten bekanntgegeben, dass 2017 weltweit 141 Milliarden Kubikmeter Erdölbegleitgas abgefackelt worden waren,[2] was rund 3,8 Prozent der globalen Erdgasförderung dieses Jahres (3680,4 Milliarden Kubikmeter[3]) entspricht. Dabei ging im Vergleich zum Vorjahr die Abfackelung trotz einer leicht gestiegenen Ölförderung erstmals seit 2010 wieder zurück.[2] In den 1990er und 2000er Jahren lag die Abfackelung mit 150 bis 170 Milliarden Kubikmeter – entsprechend ca. 30 % des Gasverbrauches der Europäischen Union – noch höher.[4]
Des Weiteren dienen Fackelanlagen auch als Sicherheitssysteme zur schnellen Entspannung von Chemieanlagen bei Betriebsstörungen, um zum Beispiel Kohlenwasserstoffe oder andere giftige Stoffe nicht unverbrannt in die Atmosphäre gelangen zu lassen.
Bei Biogasanlagen dient die Abfackelung als alternativer Gasverbraucher beim Ausfall eines Blockheizkraftwerks.
Umweltauswirkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Treibhausgasemissionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das offene Abfackeln der vor allem bei der Erdöl- und Erdgasförderung anfallenden Gase (zumeist flüchtige Kohlenwasserstoffe) trägt in erheblichem Maße zur globalen Erwärmung bei, ohne dass dabei zumindest der Energiegehalt des Gases genutzt wird. Ergebnissen der Auswertung von Daten des Defense Meteorological Satellite Program zufolge führten 2004 Russland und Nigeria die Liste der Länder an, die das meiste Gas ungenutzt abfackelten.[5][6][7] In Nigeria wurden trotz eines Verbotes durch den Federal High Court of Nigeria (2005) im Jahr 2006 immer noch 43 Prozent der Förderung Nigerias abgefackelt. Seit 2008 ist dies auch per Gesetz verboten, wird aber weiter praktiziert.[8][9]
Die Freisetzung von unverbranntem Gas durch direktes Abblasen ist jedoch noch deutlich klimaschädlicher als das Abfackeln. So werden Methan (CH4) und andere flüchtige Kohlenwasserstoffe in der Regel durch das Abfackeln zu Kohlendioxid (CO2) und Wasserdampf verbrannt. CO2 ist zwar ein bekanntes Treibhausgas, der Treibhauseffekt von CH4 ist aber um ein Vielfaches höher.
Sonstige Emissionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weil unaufbereitetes Begleitgas neben Methan auch Schwermetalle, Schwefelwasserstoff und andere Verbindungen enthält, entstehen bei unsauberer Verbrennung neben CO2 und Wasserdampf unter anderem auch große Mengen Ruß. Dieser gilt als krebserregend und hat einen verstärkenden Einfluss auf die Eisschmelze in der Arktis.[7] Der saure Regen, der infolge der Emissionen von Schwefeldioxid und Stickoxiden aus Gasfackeln im Nigerdelta niedergeht, ist so aggressiv, dass die Wellblechdächer von Hütten in der Region ungewöhnlich schnell korrodieren.[10]
Ein hohes Risiko birgt auch das offene Abfackeln von Gasen, die Halogenkohlenwasserstoffe enthalten, wie es bei Deponiegas der Fall sein kann (bis zu 1,3 g/m³ Chlormethan). Bei unvollständiger Verbrennung solcher Gase können gesundheitsschädliche Dioxine und Furane entstehen.[11]
Alternativen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Obwohl durch die Abfackelung im Zuge der Erdöl- und Erdgasförderung jährlich viele Milliarden Kubikmeter fossiler Brennstoffe ungenutzt verbrannt werden, galt sie für die Energieunternehmen zumeist als kostengünstigere Alternative: Es war vermeintlich schlicht nicht rentabel, Begleitgas in entlegenen Förderregionen oder auf Offshore-Förderplattformen aufzufangen, aufzubereiten, es beispielsweise zu verflüssigen (wofür teure Verflüssigungsanlagen gebaut werden müssten) und es dann zu potenziellen Endverbrauchern zu transportieren. Mittlerweile ist jedoch in vielen Förderländern, insbesondere in Russland, die Menge an abgefackeltem Gas deutlich reduziert worden.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Anselm Waldermann: Erdgas-Verschwendung – Profitdenken schlägt Umweltschutz. In: Spiegel Online, 6. September 2007
- ↑ a b New Satellite Data Reveals Progress: Global Gas Flaring Declined in 2017. Pressemitteilung auf der Internetpräsenz der Weltbank (worldbank.org), 17. Juli 2018 (abgerufen am 8. Dezember 2019)
- ↑ BP Statistical Review of World Energy 2018. BP p.l.c., London 2018 (PDF 6,5 MB), S. 28
- ↑ Nicola Armaroli, Vincenzo Balzani, Nick Serpone: Powering Planet Earth. Energy Solutions for the Future. Wiley-VCH, Weinheim 2013, ISBN 978-3-527-33409-4, S. 36.
- ↑ Christopher D. Elvidge, Kimberly E. Baugh, Dee W. Pack, Christina Milesi, Edward H. Erwin: A Twelve Year Record of National and Global Gas Flaring Volumes Estimated Using Satellite Data. Technical report, World Bank, 2007 (PDF 4,6 MB)
- ↑ Volker Mrasek: Verpuffte Energie – Ölförderer fackeln Gas im Wert von 40 Milliarden Dollar ab. In: Spiegel Online, 6. September 2007
- ↑ a b Gasfackel fördert Eisschmelze. In: taz, 25. Januar 2008.
- ↑ Abgefackelt - Wie die Ölkonzerne unser Klima killen. Dokumentarfilm, Deutschland 2011, 52 min (Inhaltsangabe und Ausschnitt auf globalfilm.de; kompletter Film auf YouTube)
- ↑ „Mehr als 120 solcher Mega-Gasfackeln stehen im Nigerdelta. Die meisten gehören Shell, dem größten Energie-Unternehmen der Welt.“ Alexander Göbel: Die "vergessene Ölpest" im Nigerdelta. ( vom 15. Juni 2010 im Internet Archive) In: tagesschau.de, 2. September 2010.
- ↑ Susanne Donner: Erdgas – In den Wind geblasen. In: Spiegel Online, 22. September 2012, abgerufen am 7. Januar 2017
- ↑ gesamter Absatz gemäß: Environment Agency’s National Landfill Gas Group: Guidance on Landfill Gas Flaring. Version 2.1. Environment Agency/Scottish Environment Protection Agency (SEPA), Bristol/Stirling 2002 (PDF 734 kB), S. 18, 48 (Tabelle A5.1)