| Wavellit | |
|---|---|
| Allgemeines und Klassifikation | |
| IMA-Nummer |
1971 s.p.[1] |
| IMA-Symbol |
Wav[2] |
| Chemische Formel | |
| Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Phosphate, Arsenate und Vanadate |
| System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VII/D.06 VII/D.13-010[4] 8.DC.50 42.10.02.01 |
| Kristallographische Daten | |
| Kristallsystem | orthorhombisch |
| Kristallklasse; Symbol | orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[6] |
| Raumgruppe | Pcmn (Nr. 62, Stellung 4)[3] |
| Gitterparameter | a = 9,62 Å; b = 17,36 Å; c = 6,99 Å[3] |
| Formeleinheiten | Z = 4[3] |
| Physikalische Eigenschaften | |
| Mohshärte | 3,5 bis 4[5] |
| Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,36; berechnet: 2,37[5] |
| Spaltbarkeit | vollkommen nach {110}, gut nach {101}, deutlich nach {010}[5] |
| Bruch; Tenazität | uneben bis schwach muschelig[5] |
| Farbe | farblos, weiß, grünlichweiß bis grün, gelb bis gelblichbraun, türkisblau, braun bis braunschwarz[5] |
| Strichfarbe | weiß[5] |
| Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
| Glanz | Glasglanz bis Harzglanz, Perlglanz[5] |
| Kristalloptik | |
| Brechungsindizes | nα = 1,518 bis 1,535[7] nβ = 1,524 bis 1,543[7] nγ = 1,544 bis 1,561[7] |
| Doppelbrechung | δ = 0,026[7] |
| Optischer Charakter | zweiachsig positiv |
| Achsenwinkel | 2V = 60 bis 72° (gemessen); 60 bis 70° (berechnet)[7] |
Wavellit, synonym auch als Fischerit und Lasionit bekannt, ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung Al3[(OH)3|(PO4)2]·5H2O[3] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Aluminium-Phosphat mit zusätzlichen Hydroxidionen.
Wavellit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem, entwickelt aber nur selten größere, prismatisch-isometrische bis langgestreckte Kristalle. Meist findet er sich in Form halbkugeliger bis kugeliger sowie traubiger und radialstrahliger Mineral-Aggregate mit bis zu vier Zentimetern Durchmesser. Er kommt aber auch in Form krustiger Überzüge vor. In reiner Form ist Wavellit farblos und durchsichtig.[8] Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterfehlern oder polykristalliner Ausbildung erscheint er jedoch meist durchscheinend weiß oder nimmt je nach Fremdbeimengung eine grünlichweiße bis grüne, gelbe bis gelblichbraune, türkisblaue oder braune bis braunschwarze Farbe an. Auch zonare Färbungen ähnlich wie bei einigen Mineralen der Turmalingruppe sind möglich. Die durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle und Aggregate zeigen auf den Oberflächen einen harz- bis glasähnlichen oder perlmuttähnlichen Glanz.
Etymologie und Geschichte
Erstmals gefunden wurde Wavellit vom britischen Physiker William Wavell (1750–1829[7]) im Steinbruch High Down bei Filleigh in North Devon, England. Analysiert und erstbeschrieben wurde das Mineral von Humphry Davy, der seine Erstbeschreibung 1805 veröffentlichte. Seiner Beschreibung nach hatte William Babington vorgeschlagen, das Mineral nach dessen Entdecker zu benennen, wobei Davy den Namen des Entdeckers mit nur einem ‚l‘ schrieb. Davy schlug auch eine alternative Benennung vor. Falls ein Name, basierend auf dessen chemischer Zusammensetzung, bevorzugt würde, könne es auch Hydrargillit heißen, nach den altgriechischen Worten ὕδωρ [hydōr] für Wasser und ἄργιλλος [árgillos] für Ton.[9] In der Fachwelt setzte sich allerdings Babingtons Vorschlag Wavellit durch. Hydrargillit wurde später zum Synonym für Gibbsit.
Da der Wavellit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Wavellit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[1] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Wavellit lautet „Wav“.[2]
Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist nicht dokumentiert.[10]
Klassifikation
Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Wavellit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, Arsenate und Vanadate mit fremden Anionen“, wo er gemeinsam mit Kingit und Souzalith in der „Souzalith-Wavellit-Gruppe“ mit der Systemnummer VII/D.06 steht.
In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VII/D.13-010. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate, mit fremden Anionen“, wo Wavellit zusammen mit Allanpringit, Fluorwavellit und Kingit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VII/D.13 bildet.[4]
Auch die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Wavellit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der zusätzlichen Anionen zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 1 : 1 und < 2 : 1“ zu finden, wo es zusammen mit Allanpringit die „Wavellitgruppe“ mit der Systemnummer 8.DC.50 bildet.
In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Wavellit die System- und Mineralnummer 42.10.02.01. Das entspricht ebenfalls der Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort der Abteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Phosphate etc., mit Hydroxyl oder Halogen mit (AB)3(XO4)2Zq × x(H2O)“ in der „Wavellitgruppe“, in der auch Allanpringit eingeordnet ist.
Kristallstruktur
Wavellit kristallisiert in der orthorhombischen Raumgruppe Pcmn (Raumgruppen-Nr. 62, Stellung 4) mit den Gitterparametern a = 9,62 Å, b = 17,36 Å und c = 6,99 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Eigenschaften
Wavellit ist vor der Lötlampe unschmelzbar und löslich in Salzsäure.
Varietäten
Anfang des 19. Jahrhunderts wurde bei Nischne Tagilsk im Ural eine neue Varietät von Wavellit gefunden, die man zunächst für ein eigenständiges Mineral hielt und nach Gotthelf Fischer von Waldheim (1771–1853) als Fischerit bezeichnete. Der einzigen Beschreibung von R. Hermann nach bestand der Fischerit aus durchsichtigen, kristallinen Rinden und kurzen, prismatischen Kriställchen von grasgrüner bis olivgrüner und spangrüner Farbe, die auf Klüften von Sandstein und Toneisenstein gefunden wurden. Bei späteren Analysen stellte sich jedoch heraus, dass Fischerit mit Wavellit identisch ist. Nach Slavik wurde der Fischerit auch als Uhligit bezeichnet.[12]
Bildung und Fundorte


Wavellit bildet sich als Sekundärmineral in metamorphen Gesteinen und Phosphathaltigen Lagerstätten, seltener durch hydrothermale Vorgänge. Eine metamorphe Bildung ist jedoch ebenfalls möglich. Wavellit findet sich überwiegend auf Klüften, insbesondere von Sandstein, Ton- und Kieselschiefer, aber auch von Eisensteinen, Granit, Glimmerschiefer. Als Begleitminerale können unter anderem Crandallit und Variscit auftreten.[5]
Als relativ seltene Mineralbildung kann Wavellit an verschiedenen Orten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er jedoch wenig verbreitet. Weltweit sind bisher rund 400 Vorkommen für Wavellit dokumentiert (Stand 2025).[13] Außer an seiner Typlokalität im Steinbruch High Down sowie im nahe gelegenen Steinbruch Downrew in North Devon trat das Mineral in England noch in vielen Steinbrüchen und Gruben in Cornwall und in einer Kobaltgrube bei Above Derwent im ehemaligen Distrikt Allerdale in Cumbria auf. Daneben fand sich Wavellit noch an drei Fundstellen im Gebiet um Swansea in Südwales.[14]
In Deutschland fand sich Wavellit bisher vor allem in Bayern (Oberfranken, Oberpfalz), Hessen (Biebertal, Lahn-Dill-Kreis, Landkreis Limburg-Weilburg), Nordrhein-Westfalen (Hochsauerlandkreis, Märkischer Kreis), Rheinland-Pfalz (Mudershausen, Wildsachsen), Sachsen-Anhalt (Harzgerode-Neudorf, Großer Auerberg), Sachsen (Erzgebirgskreis, Vogtlandkreis) und Thüringen (Kauern, Ronneburg).
Weitere Fundorte liegen unter anderem in Ägypten, Argentinien, Australien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Bulgarien, Burundi, China, Finnland, Frankreich, Guinea, Irland, Italien, Japan, Kasachstan, Kolumbien, der Republik Kongo, in Liberia, Madagaskar, Mali, Mexiko, Neuseeland, Norwegen, Peru, auf den Philippinen, in Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Ruanda, Schweden, im Senegal, der Slowakei, Spanien, Sri Lanka, Südafrika, im Sudan, in Tschechien, Uganda, Ungarn, Usbekistan und den Vereinigten Staaten.[14]
Siehe auch
Literatur
- Monografien
- Humphry Davy: VII. An account of some analytical experiments on a mineral production from Devonshire, consisting principally of alumine and water. In: Philosophical Transactions Of The Royal Society Of London. Band 95, 1805, S. 155–162, doi:10.1098/rstl.1805.0009 (englisch, royalsocietypublishing.org [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 7. Dezember 2025]).
- Takaharu Araki, Tibor Zoltai: The crystal structure of wavellite. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 127, 1968, S. 21–33, doi:10.1524/zkri.1968.127.1-4.21 (englisch, rruff.net [PDF; 545 kB; abgerufen am 7. Dezember 2025]).
- David Ian Green, Tom F. Cotterell, Ian Jones, David Cox, Ron Cleevely: Wavellite: Its discovery and occurrences in the British Isles. In: UK Journal of Mines & Minerals. Band 28, 2007, S. 11–30 (englisch, Download verfügbar bei researchgate.net [PDF; 2,2 MB; abgerufen am 7. Dezember 2025]).
- Kompendien
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 649 (Erstausgabe: 1891).
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 639–640.
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 182.
Weblinks
- Wavellit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- IMA Database of Mineral Properties – Wavellite. In: rruff.net. RRUFF Project (englisch).
- Wavellite search results. In: rruff.net. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF) (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Wavellite. In: rruff.net. (englisch).
- High Down Quarry, Devon (Typlokalität von Wavellit). In: geoguide.scottishgeologytrust.org. Scottisch Geology Trust, abgerufen am 7. Dezember 2025.
Einzelnachweise
- ↑ a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2025. (PDF; 3,2 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2025, abgerufen am 7. Dezember 2025 (englisch).
- ↑ a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 7. Dezember 2025]).
- ↑ a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 502 (englisch).
- ↑ a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ a b c d e f g h i Wavellite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 53 kB; abgerufen am 7. Dezember 2025]).
- ↑ David Barthelmy: Wavellite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 7. Dezember 2025 (englisch).
- ↑ a b c d e f Wavellite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. Dezember 2025 (englisch).
- ↑ Bildbeispiel von farblosen Wavellitkristallen. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. Dezember 2025 (englisch).
- ↑ Humphry Davy: VII. An account of some analytical experiments on a mineral production from Devonshire, consisting principally of alumine and water. In: Philosophical Transactions Of The Royal Society Of London. Band 95, 1805, S. 155–162, doi:10.1098/rstl.1805.0009 (englisch, royalsocietypublishing.org [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 7. Dezember 2025]).
- ↑ Catalogue of Type Mineral Specimens – W. (PDF 126 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 10. Dezember 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ E. Fischer: Über die Selbstständigkeit des Minerals Fischerit. In: Heidelberger Beiträge zur Mineralogie und Petrographie. Band 4, 1955, S. 522–525, doi:10.1007/BF01129858.
- ↑ Localities for Wavellite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. Dezember 2025 (englisch).
- ↑ a b Fundortliste für Wavellit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 7. Dezember 2025.

