
Der Begriff Textilien umfasst textile Rohstoffe (Naturfasern, Chemiefasern) und nichttextile Rohstoffe, die durch verschiedene Verfahren zu linien-, flÀchenförmigen und rÀumlichen Gebilden verarbeitet werden.
Es sind
- die daraus hergestellten linienförmigen textilen Gebilde wie Garne, Zwirne und Seile, die flĂ€chenförmigen textilen Gebilde wie Gewebe, Gewirke, Gestricke, Geflechte, NĂ€hgewirke, Vliesstoffe und Filze und die rĂ€umlichen textilen Gebilde (Körpergebilde) wie textile SchlĂ€uche, StrĂŒmpfe oder textile Halbzeuge fĂŒr verstĂ€rkte Kunststoffbauteile.
- diejenigen Fertigfabrikate, die unter Verwendung der vorher genannten Erzeugnisse durch Konfektionieren, Aufmachen und/oder andere ArbeitsgÀnge in verkaufsgerechten Zustand zur Weitergabe an den Verarbeiter, den Handel oder den Endverbraucher gebracht werden.
Bei der zusĂ€tzlichen Verwendung von nichttextilen Rohstoffen (z. B. Leder, Federn, Schuppen, Metalle) im Erzeugnis ist fĂŒr eine Zurechnung zu den Textilien entscheidend, dass der textile Gesamtcharakter erhalten bleibt, die Fremdmaterialien also nur eine zusĂ€tzliche Funktion ausĂŒben.[1]
Textilien in verschiedenen Formen gehören zu den Ă€ltesten Artefakten, die seit der FrĂŒhzeit der Menschheit hergestellt werden. Bis heute sind sie eine der wenigen Produktgruppen, die in allen Lebensbereichen der Menschen Anwendung finden. Aus diesen GrĂŒnden haben sich ĂŒber Jahrtausende umfangreiche Bereiche, die sich mit Textilien beschĂ€ftigen, herausgebildet. Dazu zĂ€hlen:
- die Textiltechnik mit ihren speziellen Fertigungsverfahren, die von der Aufbereitung der Fasern nach deren Gewinnung in der Landwirtschaft und deren Herstellung in der Chemiefaserindustrie ĂŒber die Fertigung von textilen Halb- und Fertigfabrikaten bis hin zur Konfektionierung der fertigen Textilwaren reichen,
- textile Material- und Warenkunde,
- das textile PrĂŒf- und Normwesen,
- die Anwendungstechniken in den verschiedenen Einsatzgebieten sowie
- deren kĂŒnstlerische, kunsthandwerkliche, kulturelle, kulturgeschichtliche und ethnographische Aspekte.
Terminologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Textilie leitet sich von lateinisch textile âgewebt, gewobenâ (Plural textilia âGewebe, Tuch, Leinwandâ), von lateinisch texere âwebenâ ab. Obwohl auf alten lateinischen Wurzeln beruhend, taucht der Begriff Textilien in den deutschsprachigen technologischen FachbĂŒchern und in den WörterbĂŒchern bis Ende des 19. Jahrhunderts nicht auf. Anfang des 20. Jahrhunderts findet man den Terminus textile FlĂ€chengebilde, die unterschieden werden in FlĂ€chengebilde aus Fasern, wie Filze und Watten, und solche aus FĂ€den, wie Geflechte, Gewebe, Netze und Gewirke.[2]
Ein genauer Zeitpunkt fĂŒr die EinfĂŒhrung des Begriffs Textilien in den deutschen Sprachgebrauch ist nicht bekannt; es kann aber anhand von Literaturrecherchen davon ausgegangen werden, dass das in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts geschah[3] und dass sich dieser Sammelbegriff ab den 1950er Jahren in der Fachliteratur (z. B.[4]) und in der Praxis etablierte, was letztendlich zur EinfĂŒhrung der DIN 60 000: Textilien â Grundbegriffe fĂŒhrte.
Synonym fĂŒr Textilien wird auch der Begriff Stoff fĂŒr diejenigen Textilien verwendet, die als flĂ€chige textile Gebilde (z. B. Vliesstoff, Gewebe, Maschenware, Geflecht oder NĂ€hgewirke) als Bahnen hergestellt und aufgerollt direkt in den Handel kommen oder in die Konfektionsindustrie zum Weiterverarbeiten zu Bekleidung, Heim- und Haushaltstextilien sowie technischen Textilien geliefert werden.[5]
Schon seit Hunderten Jahren hat auch der Begriff Tuch eine ĂŒbergreifende Bedeutung fĂŒr Gewebe hauptsĂ€chlich aus Wollgarnen, aber auch aus Leinen- und Baumwollgarnen. Als Tuch bezeichnet man aber ebenfalls abgepasste flĂ€chige textile Gebilde aus verschiedenen Faserarten, die etwas bedecken oder umhĂŒllen wie Tisch-, Hand-, Bett-, Wisch-, Kopftuch. Ebenfalls befindet sich insbesondere in historischen Darstellungen der Begriff Zeug als Sammelbegriff.
Eine fachwissenschaftliche Definition bezeichnet âTextilien als morphologisch bestimmbare, gestaltete GefĂŒge aus verspinnbaren, lĂ€ngenbegrenzten Fasern und (oder) gezogenen, endlosen Fasern, die die Verspinnbarkeit als Eigenschaft aufweisenâ,[6] wobei dort auch die Zurechnung der Fasern zu den Textilien und damit die Bezeichnung Textilfasern abgelehnt wird, da dieselben Fasern auch zur Herstellung von Papier verwendet werden können. Diese Sichtweise hat sich aber in der Praxis kaum durchgesetzt.
Bestandteile von textilen Erzeugnissen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hauptbestandteile aller textilen Erzeugnisse sind Textilfasern, also Fasern, die sich in textilen Fertigungsverfahren verarbeiten lassen, die insbesondere verspinnbar sind. Es sind linienförmige Gebilde, d. h., das VerhĂ€ltnis LĂ€nge zu Durchmesser ist wesentlich gröĂer als 1, mit einer ausreichenden LĂ€nge sowie Bieg- und Schmiegsamkeit als Voraussetzung fĂŒr ihre Verarbeitbarkeit. Der Form nach können die Fasern in Spinnfasern (Fasern begrenzter LĂ€nge) und Filamente (Endlosfasern) unterschieden werden.[7] Zu den textilen Fasern zĂ€hlen auch Flockfasern, obwohl sie nicht verspinnbar sind, sowie Gummifasern, Metallfasern oder Spinnpapier, wenn diese textil verarbeitbar sind. Textilfasern sind:
- Naturfasern (mineralische wie Asbestfasern und Steinwolle; pflanzliche wie Baumwollfaser, Flachsfaser, Hanffaser oder tierische wie Wolle, Seiden, Fellhaare)
- Chemiefasern aus ânatĂŒrlichen Polymerenâ (Regeneratfasern auf Cellulosebasis wie Viskose, Lyocell oder auch Gummi), aus âsynthetischen Polymerenâ (wie Polyacrylnitril, Polypropylen, Polyester, Polyamid oder Polyurethan) sowie âanorganische Fasernâ (wie Keramik-, Glas- und Metallfasern).
Textile Erzeugnisse können aber auch nicht textile Rohstoffe beinhalten (z. B. Leder, Federn,[8] Schuppen).
Zu den weiteren Bestandteilen, die oft nur einen geringen Anteil an der Gesamtmasse einnehmen, aber fĂŒr das Aussehen und die Gebrauchseigenschaften von besonderer Bedeutung sind, zĂ€hlen die Farbstoffe und die Veredlungsmittel, wie Avivagen[9] und Schlichtemittel fĂŒr die Beeinflussung der Faser- und Garnverarbeitbarkeit, Knitterarmmittel, Hydrophobier- und Hydrophiliermittel, Flammschutzmittel, Beschichtungsmittel und Bindemittel. Der Handel ist verpflichtet, fĂŒr Textilien, die aus mindestens 80 % Textilfasern bestehen und dem Letztverbraucher zur VerfĂŒgung gestellt werden, die Faserzusammensetzung entsprechend der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 des EuropĂ€ischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2011,[10] die ab 8. Mai 2012 das Textilkennzeichnungsgesetz ersetzt hat, anzugeben. Entsprechende Ausnahmen sind ebenso dort geregelt. Bedeutung fĂŒr die zulĂ€ssigen Bestandteile von Textilien hat auch der Ăko-Tex-Standard 100,[11] der Textilien auf ihre humanökologische Unbedenklichkeit, den Schadstoffgehalt und die Gebrauchsechtheiten bewertet. FĂŒr die Beurteilung der Textilien hinsichtlich der gesundheitlichen VertrĂ€glichkeit, aber auch des GefĂ€hrdungspotentials im Brandfall oder bei der Abfallbeseitigung wird oft ein Sicherheitsdatenblatt angefordert, das die wichtigsten Bestandteile ausweisen muss. Textile Fertigwaren werden ebenfalls fĂŒr viele Einsatzgebiete mit einer Pflegekennzeichnung versehen.[12]
Herstellungsverfahren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fertigungstechnisch erfolgt die Herstellung von textilen Halb- und Fertigprodukten zum ĂŒberwiegenden Teil durch FĂŒgen. Das geschieht nach wie vor durch Handarbeits- und Handwerkstechniken, aber ĂŒberwiegend durch industrielle Fertigungsverfahren. Dazu werden einfache ArbeitsgegenstĂ€nde wie Spinnrad, Strick- oder HĂ€kelnadel sowie HandwebstĂŒhle, aber gröĂtenteils Textilmaschinen (wie Spinn-, Web- und Strickmaschinen), aber auch Aggregate der Extrusions- und Trocknungstechnik eingesetzt.
- Beim Spinnen werden Spinnfasern ĂŒber mehrere vorbereitende Verfahrensschritte zu einem Garn mit einer angestrebten Garnfeinheit zusammengedreht, wobei die Haftreibung der Fasern und ihre FlexibilitĂ€t ausgenutzt werden. Wenn einfache Garne aus Spinnfasern oder Faserfilamenten zusammengedreht werden, nennt man dieses FĂŒgeverfahren Zwirnen.
- Beim Weben werden die FÀden zweier Fadensysteme (Kette und Schuss), die genau oder annÀhernd rechtwinklig zueinander stehen, nach einer bestimmten Ordnung (Gewebebindung) zu einem Gewebe verkreuzt. Die Verbindung der FÀden erfolgt vorwiegend durch Reibschluss an den Kreuzungspunkten.
- Bei FĂŒgeverfahren wie dem Wirken, dem Kettenwirken, dem Stricken, Nadelbinden und NĂ€hwirken werden Maschen aus ineinander hĂ€ngenden Schlaufen, die z. T. auch gerade Fadensysteme mit einbinden, zu einem FlĂ€chengebilde zusammengefĂŒgt. Es entstehen Gewirke, Kettengewirke, Gestricke und NĂ€hgewirke. Insbesondere Gewirke und Gestricke sind wegen ihrer mehr formschlĂŒssigen Verbindung gut dehnbar.
- Flechten, Klöppeln, HĂ€keln und Knoten sind weitere FĂŒgeverfahren, bei denen aus FĂ€den textile FlĂ€chengebilde entstehen.
- Beim Filzen, das zu den Àltesten Verfahren zur Herstellung textiler FlÀchengebilde gehört, werden durch Walken von Vliesen, die filzfÀhige Fasern (insbesondere Wolle und Haare) enthalten, die Fasern aufgrund mechanischer, thermischer und chemischer Einwirkungen miteinander verfilzt. Es entstehen Walkfilze.
- Eines der vielfĂ€ltigsten Herstellungsverfahren fĂŒr textile FlĂ€chengebilde ist das FĂŒgen von Fasern und ggf. Verfestigungsmitteln zu Vliesstoffen. Zuerst erfolgt das Vlieslegen aus textilen Spinnfasern oder direkt aus extrudierten textilen Endlosfasern, z. T. auch unter Beimischung anderer faseriger Bestandteile wie Zellstoff, wobei die Fasern durch ihre eigene Haftung, aber auch Formschluss zusammengehalten werden. Die Fasern können im Vlies mit einer bevorzugten Orientierung, aber auch in Wirrlage angeordnet sein. Die Fasern der Vliese werden durch Vernadeln mit Widerhakennadeln, Maschenbildung, Verwirbeln mittels Wasserstrahlen, Einwirkung von Hitze und/oder Druck, Ultraschall oder durch adhĂ€sive und kohĂ€sive Bindung mit Hilfe von Bindemitteln zum textilen FlĂ€chengebilde Vliesstoff verbunden.
Die meisten der durch die verschiedenen FĂŒgeverfahren entstandenen textilen Roherzeugnisse (Halbfabrikate) werden noch verschiedenen Veredlungsverfahren unterzogen, um ein spezielles Aussehen (z. B. durch FĂ€rben und Bedrucken) oder spezielle Gebrauchseigenschaften (z. B. Fleckschutz, Knitterarmut, Flammschutz) zu erhalten. Die Herstellung von textilen Fertigerzeugnissen wie Bekleidung, Heimtextilien oder technischen Textilien aus textilen FlĂ€chengebilden erfolgt zum ĂŒberwiegenden Teil durch Konfektionstechniken, obwohl auch Fertigerzeugnisse komplett in einem Arbeitsgang erzeugt werden können (z. B. Strumpfhosen). FĂŒr Fertigerzeugnisse, die aus verschiedenen Teilen zusammengefĂŒgt werden sollen, werden die Teile entsprechend der angestrebten Gestalt aus den vorgelegten textilen FlĂ€chengebilden zugeschnitten und anschlieĂend durch NĂ€hen, SchweiĂen oder Kleben zusammengefĂŒgt. FĂŒr andere Fertigwaren erfolgt nur ein Zuschneiden auf eine bestimmte Breite und LĂ€nge, um anschlieĂend z. B. aufgerollt und als Rollenware wie Filterrollen ausgeliefert zu werden. Auch durch Stanz- oder Schneidtechniken können Fertigwaren aus textilen FlĂ€chengebilden hergestellt werden, z. B. BĂ€nder, Filzteile, Medizinprodukte u. v. m.
Eigenschaften und PrĂŒfverfahren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aufgrund der mannigfachen Kombinationsmöglichkeiten der chemisch und physikalisch unterschiedlichen Faserstoffe, der Formmerkmalen der aus den Faserstoffen bestehenden Fasern und Garne und der Anordnung dieser Strukturelemente und deren Verbindung im GefĂŒge der textilen Erzeugnisse und die zusĂ€tzlichen Variationsmöglichkeiten durch entsprechende Veredlungsverfahren ergibt sich eine schwierig zu benennende, aber sicherlich in die Hunderttausende gehende Anzahl von spezifischen textilen Materialien mit sehr speziellen Eigenschaften. Durch die hohe Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten können verschiedenste Eigenschaftsprofile entsprechend der Anforderungen der Anwendungsbereiche von Textilien erzielt werden. Allein fĂŒr die Vliesstoffe wurde eine Anzahl von ca. 120 000 Kombinationsmöglichkeiten und damit Materialvarianten genannt.[13] Mechanische Eigenschaften, wie Festigkeit und Dehnung bei statischer und dynamischer Beanspruchung spielen ebenso wie bei anderen Materialien auch fĂŒr Textilien eine Rolle. Dazu kommen aber auch sehr textilspezifische Eigenschaften wie Knitterneigung oder ScheuerbestĂ€ndigkeit. Insbesondere aber Ă€sthetische und bekleidungsphysiologische Eigenschaften sind sehr spezifisch fĂŒr textile Materialien und textile Fertigerzeugnisse. Eine Besonderheit der textilen Garn- und FlĂ€chengebilde gegenĂŒber Gebilden aus kompakten Materialien wie Metallen und Keramiken ist ihre hohe PorositĂ€t, die viele Verarbeitungseigenschaften und Gebrauchseigenschaften wesentlich bestimmt. Aus diesen sehr spezifischen Eigenschaften, die zur Charakterisierung von Textilien herangezogen werden, haben sich meist sehr spezifische PrĂŒfverfahren entwickelt.[14]
Einsatzgebiete
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Textilien werden vielfĂ€ltig benutzt. Das weitaus bekannteste Einsatzgebiet ist die Bekleidung. DarĂŒber hinaus werden sie im Haushalt und bei der Innenraumgestaltung eingesetzt in Form von Teppichen, BezĂŒgen von Polstermöbeln, VorhĂ€ngen, HandtĂŒchern, BettwĂ€sche, als Tischdecke oder als Putz- und ReinigungstĂŒcher. In Technik und Industrie finden sich textile Materialien etwa in der Segelei und der Hebetechnik (von Tragnetzen bis zu HebebĂ€ndern), Seilerei und Zurrgurte ĂŒber Airbags, Filter, Netze und Geotextilein: DarĂŒber hinaus finden textile Materialien vermehrt auch in Architektur und Bauwesen Verwendung. Traditionell als Elemente temporĂ€rer Architektur wie Sonnenschutzsegel, Windschirme, Baldachine, Zelte etc., aber darĂŒber hinaus auch in der Zeitgenössischen Architektur insbesondere bei Dachkonstruktionen und Seilnetz-Tragwerken.[15] Man spricht dabei von Textiler Architektur. Im medizinischen und Hygienebereich werden Textilien bei Windeln, TaschentĂŒchern, Krankenhaus- bzw. OP-Textilien und Verbandszeug verwendet. In jĂŒngerer Zeit werden Textilien in Verbindung mit Harz als faserverstĂ€rkter Kunststoff in Segelbooten und Flugzeugen eingesetzt.
Werden Textilien fĂŒr industrielle Zwecke und aufgrund anderer Eigenschaften als ihrem Aussehen verwendet, spricht man ĂŒblicherweise von Technischen Textilien.
Recycling von Textilien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Brauchbare Bekleidungstextilien, aber auch Polster oder Decken von Privaten werden ĂŒber Textilsammlung via Sammelsack oder Container mit Einwurfmechanik ĂŒber verschiedene, oft soziale Unternehmen gesammelt und gelangen in Secondhand-LĂ€den, zu sozialen Kleiderausgaben, zur Katastrophenversorgung oder in den Export. Es gibt Unternehmen, die Altextilien, auch nicht mehr brauchbare zu Fasern zerreiĂen und aus diesen Fasern etwa LĂ€rmschutzmatten fĂŒr den Maschinen- und Automobilbau produzieren.
Mit Stand Januar 2025 wird fĂŒr Ăsterreich der Bedarf fĂŒr zwei Textilrecyclingwerke eingeschĂ€tzt.[16]
Urgeschichtliche Textilnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]JĂ€gerische Kulturen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ă€ltesten nachweislich von Menschen verwendeten Textilfasern sind etwa 30.000 Jahre alt und stammen zum einen aus der Dzudzuana-Höhle im Kaukasus (Georgien),[17] zum anderen aus DolnĂ VÄstonice und Pavlov in MĂ€hren.[18][19][20] In der Dzudzuana-Höhle handelt es sich um Flachsfasern (zum Teil bereits gefĂ€rbt), bei den beiden Gravettien-FundplĂ€tzen MĂ€hrens um Brennnessel-Fasern. Neben den direkten Textilnachweisen können die sogenannten Venusfigurinen des Gravettiens Hinweise auf Bekleidung geben, da diese auf den OberflĂ€chen der Figuren angedeutet wird. Dabei gibt es z. B. den Rock bei der Venus von Lespugue, oft auch textil ornamentierte GĂŒrtel, wie bei den Venusfigurinen von Kostjonki (Russland).
Etwa 19.000 Jahre alt sind die Textilnachweise von Ohalo II am See Genezareth.[21]
AMS-Datierungen von Textilfunden aus der Guitarrero-Höhle im Anden-Hochland von Peru ergaben im Jahre 2011 ein ĂŒberraschend hohes Alter von etwa 11.000 BP.[22]
Stein- und bronzezeitliche Textilien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Produktion gewebter Textilien aus Pflanzenfasern wurde wÀhrend dieser Zeit mit der Entwicklung der Landwirtschaft und dem Anbau von Lein oder Hanf verbunden. Eine Untersuchung der erst 2800 Jahre alten Textilien aus dem bronzezeitlichen LusehÞj stellt dies in Frage. Das Textil ist aus Fasernesseln gemacht. Das deutet darauf hin, dass die Textilproduktion noch in der Bronzezeit auch auf der Nutzung von Wildpflanzen basierte.
Die Jungsteinzeit ging einher mit der Domestizierung von Pflanzen und Tieren und der Nutzbarmachung ihrer Eigenschaften. Textilreste Mitteleuropas sind bis in die Zeit des SpĂ€tneolithikums jedoch nach wie vor nur aus Pflanzenfasern ĂŒberliefert (Lein bzw. Flachsfaser, Hanf, Gehölzbast). Die bereits im 6. Jahrtausend v. Chr. in SĂŒdosteuropa (Sesklo-Kultur) und dem Vorderen Orient auftretenden Spinnwirtel aus gebranntem Ton belegen das Spinnen. Tönerne Spinnwirtel gibt es vereinzelt auch in der mitteleuropĂ€ischen Bandkeramik. Es ist jedoch unklar, ob diese ausschlieĂlich fĂŒr die Verarbeitung von Pflanzenfasern gedient haben oder bereits auch fĂŒr das Spinnen von Tierhaaren bzw. Wolle.
Die Existenz von Webtechniken kann indirekt bereits fĂŒr das 7. vorchristliche Jahrtausend bewiesen werden, da webmusterartige geometrische Wandbemalungen im tĂŒrkischen Tell von ĂatalhöyĂŒk stark an gewebte Kelims erinnern. Von einer Bestattung in Haus VI 1 von ĂatalhöyĂŒk gibt es einen verkohlten Weberest, der auf etwa 6000 v. Chr. datiert und heute im Museum fĂŒr anatolische Zivilisationen in Ankara aufbewahrt wird. Diese Reste wurden erst 2021 als Eichenbast identifiziert.[23] Ein weiterer frĂŒher Gewebefund aus dieser Region ist aus CayönĂŒ bekannt. EindrĂŒcke von Geweben in Tonwaren aus dem 7. Jahrtausend v. Chr. liegen aus Jarmo im nördlichen Irak vor. Nach einer Vermutung des Grabungsleiters James Mellaart seien in Schicht VI des Tells von ĂatalhöyĂŒk die Ă€ltesten Reste von Filz gefunden worden.[24] Auch die ab etwa 6000 v. Chr. ĂŒbliche Keramikbemalung, die sich von Anatolien ĂŒber SĂŒdosteuropa (Sesklo, Karanowo-Kultur, VinÄa-Kultur) bis nach Mitteleuropa (Bandkeramik) ausbreitete, weist zumeist geometrische Muster auf, wie sie fĂŒr Webtechniken typisch sind. Da in Fundstellen dieser Kulturen keine tönernen Webgewichte gefunden wurden, wird die Verwendung kleiner, mobiler Webrahmen angenommen. Die Ă€lteste Abbildung eines horizontalen Webrahmens ist als Ritzzeichnung auf der Innenseite einer Keramikschale vom Fundplatz Badari (Ăgypten) erhalten und wird auf etwa 4400 v. Chr. datiert. Bei dem dort gezeigten WebgerĂ€t handelt es sich um einen einfachen Pflockwebstuhl.[25][26] Die Schale (Badari, Grab 3802) wird zusammen mit etwa gleich alten Leinresten im Londoner Petrie Museum of Egyptian Archaeology ausgestellt.
Erst im SpĂ€tneolithikum (ab etwa 3500 v. Chr.) kann â mit tönernen Webgewichten â fĂŒr Mitteleuropa der archĂ€ologische Nachweis des Gewichtswebstuhls erbracht werden. Hier ist jedoch nach wie vor unklar, ob neben pflanzlichen Fasern bereits Wolle gewebt wurde. Erste Hinweise auf Verarbeitung von Schafwolle gibt es in Mitteleuropa bei spĂ€t- bzw. endneolithischen Kulturen (um 3000 v. Chr.), zum Beispiel in der ostbayerischen Chamer Kultur. Einen Beweis fĂŒr die gezielte Haltung von Wollschafen bietet die verĂ€nderte Demographie spĂ€tneolithischer Schafherden, da dort eine Zunahme Ă€lterer Hammel zu verzeichnen ist. Zu den seltenen direkten Belegen gehören Wollhaare in der französischen Seeufersiedlung Clairvaux-les-Lacs (frĂŒhes 3. Jahrtausend v. Chr.) sowie Wollreste an einem endneolithischen Feuersteindolch aus Wiepenkathen, einem Ortsteil von Stade.[27]
JĂŒngere Vorgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Nachweise von Textilien und ihrer Tragweise vermehren sich in der Bronze- und Eisenzeit schlagartig.[28] Baumsargfunde aus der Nordischen Bronzezeit, zum Beispiel das MĂ€dchen von Egtved, boten gute Erhaltungsbedingungen fĂŒr Textilien. Aus DĂ€nemark wurden verschiedene bronzezeitliche Wollstoffe analysiert, die von braunen und weiĂen Soayschafen gewonnen wurden.[29] Im prĂ€historischen Salzbergwerk in Hallstatt sind infolge der salzhaltigen Luft viele Textilreste erhalten geblieben. SpĂ€testens seit der frĂŒhen Hallstattzeit ist die Technik des Brettchenwebens bekannt.
Exzellente Textilerhaltung gibt es bei Mumien aus dem westchinesischen Tarimbecken, die zwischen 1800 und 400 v. Chr. zu datieren sind. Der âCherchen Manâ, eine Tarim-Mumie aus dem 12. Jahrhundert v. Chr., trug KniestrĂŒmpfe aus Filz, die rot, gelb und blau gestreift waren.[30]
Neue Untersuchungsmethoden lassen die Standortbestimmung der genutzten Wollschafe und damit RĂŒckschlĂŒsse auf den Herstellungsort von Wolltextilien und gegebenenfalls deren Handel zu. So konnte mittels Strontiumisotopenanalyse die Herkunft der Wolle von eisenzeitlichen Textilfunden aus DĂ€nemark ermittelt werden.[31][32]
Vorteilhafte Erhaltungsbedingungen fĂŒr prĂ€historische Textilreste bestehen auch, wenn diese verkohlt oder zum Beispiel durch Kontakt zu Kupferartefakten mit kupferbasierten Mineralien ĂŒberkrustet sind. Da Kupfer das Wachstum von Bakterien und damit den biologischen Abbau hemmt, konnten durch diesen Umstand zum Beispiel Textilreste der indianischen Hopewell-Kultur untersucht werden.[33]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wolfgang Bobeth (Hrsg.): Textile Faserstoffe. Beschaffenheit und Eigenschaften. Springer, Berlin/Heidelberg/New York (NY) 1993, ISBN 978-3-642-77656-4.
- Paul-August Koch, GĂŒnther Satlow: Grosses Textil-Lexikon. Fachlexikon fĂŒr das gesamte Textilwesen. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1965, 2 BĂ€nde, DNB 456821937.
- Stefan Mecheels, Herbert Vogler, Josef Kurz: Kultur- & Industriegeschichte der Textilien. Wachter, Bönnigheim 2009, ISBN 978-3-9812485-3-1.
- Dagmar Neuland-Kitzerow, Christine Binroth, Salwa Joram (Hrsg.): Textile Vielfalt am Museum EuropÀischer Kulturen. Verlag der Kunst, Dresden 2014, ISBN 978-3-86530-202-1.
- Karel Otavsky et al. (Hrsg.): Mittelalterliche Textilien. I. Ăgypten, Persien und Mesopotamien, Spanien und Nordafrika (= Die Textilsammlung der Abegg-Stiftung. Band 1). Abegg-Stiftung, Riggisberg 1995.
- Burkhard Wulfhorst: Textile Fertigungsverfahren. Eine EinfĂŒhrung. Hanser, MĂŒnchen/Wien 1998, ISBN 3-446-19187-9.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und ĂŒber Textilie im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Textilien â Informationen des Bundesamts fĂŒr Lebensmittelsicherheit und VeterinĂ€rwesen
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- â Vgl. DIN 60000: Textilien. Grundbegriffe. Januar 1969.
- â Hugo Glafey: Die Textilindustrie. Die Herstellung textiler FlĂ€chengebilde. Verlag von Quelle & Meyer, Leipzig 1913, OCLC 16656416.
- â Victor Grafe: Die Textilien. Chemische Technologie der Zellulose. 2. Halbband des II. Bandes von Grafes Handbuch der organischen WarenprĂŒfung. C. E. Poeschel Verlag, Stuttgart 1928.
- â Herbert Sommer, Friedrich Winkler (Hrsg.): Die PrĂŒfung der Textilien. Springer, Berlin/Heidelberg/Göttingen 1960, ISBN 978-3-642-86981-5.
- â Vgl. Fabia Denninger, Elke Giese: Textil- und Modelexikon. 8. Auflage. Band 2: LâZ. Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-87150-848-6, S. 685.
- â GĂŒnter Schnegelsberg: Systematik der Textilien. Wilhelm Goldmann Verlag GmbH, MĂŒnchen 1971, ISBN 978-3-442-65002-6, S. 67.
- â DIN 60 001, Teil 2: Textile Faserstoffe. Faser- und Herstellungsformen. Oktober 1990.
- â Pfauenstoff auf ecosalon.com, abgerufen am 28. MĂ€rz 2016
- â Avivagen auf duden.de, abgerufen am 31. MĂ€rz 2016
- â Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 des EuropĂ€ischen Parlamentes und des Rates vom 27. September 2011, abgerufen am 3. September 2012
- â STANDARD 100 by OEKO-TEXÂź abgerufen am 2. Dezember 2016.
- â Kurzfassung der Richtlinie fĂŒr die Pflegekennzeichnungn von Textilien Stand: Juli 2008 ( vom 27. Oktober 2016 im Internet Archive) (PDF; 711 kB), abgerufen am 3. September 2012.
- â Ulrich Hornfeck: Vortrag: Warum gibt es fĂŒr viele Anwendungsbereich einen intelligenten Vliesstoff ? Hofer Vliesstofftage 2008.
- â Ralf-Dieter Reumann: PrĂŒfverfahren der Textil- und Bekleidungstechnik. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2000, ISBN 978-3-642-57073-5.
- â englisch Tensile structures; vergl. Sylvie KrĂŒger: Textile Architektur. JOVIS Verlag Berlin 2009, ISBN 978-3-86859-017-3.
- â Textilien : TĂŒcken bei neuen RecyclingplĂ€nen. In: orf.at. 22. Januar 2025, abgerufen am 22. Januar 2025.
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- â Katharina von Kurzynski: â⊠und ihre Hosen nennen sie bracasâ. Textilfunde und Textiltechnologie der Hallstatt- und LatĂšnezeit und ihr Kontext (= Internationale ArchĂ€ologie. Band 22). VML Verlag, Espelkamp 1996, ISBN 978-3-924734-40-4, S. 20â22.
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- â M. L. Ryder: A re-assessment of bronze age wool. In: Journal of Archaeological Science. Band 10, Nr. 4, 1983, S. 327â331,, doi:10.1016/0305-4403(83)90070-5.
- â J. P. Mallory, Victor H. Mair: The Tarim Mummies. Ancient China and the Mystery of the Earliest Peoples from the West. Thames & Hudson, London 2000, ISBN 978-0-500-05101-6 (englisch).
- â Karin Margarita Frei, Irene Skals, Margarita Gleba, Henriette LyngstrĂžm: The Huldremose Iron Age textiles, Denmark. An attempt to define their provenance applying the strontium isotope system. In: Journal of Archaeological Science. Band 36, Nr. 9, 2009, S. 1965â1971, doi:10.1016/j.jas.2009.05.007 (englisch).
- â Karin Margarita Frei, Ina Vanden Berghe, Robert Frei, Ulla Mannering, Henriette LyngstrĂžm: Removal of natural organic dyes from wool- implications for ancient textile provenance studies. In: Journal of Archaeological Science. Band 37, Nr. 9, September 2010, S. 2136â2145, doi:10.1016/j.jas.2010.02.012 (englisch).
- â Hillary Mayell: Textile Fragments Provide Details of Ancient Lives. In: National Geographic News. 23. August 2004 (englisch, nationalgeographic.com [abgerufen am 16. Januar 2008]).
