
Die Super Audio Compact Disc, kurz SACD oder SA-CD, ist ein Audio-DatentrĂ€ger und physisch eine spezielle Form der Digital Versatile Disc (DVD), die von Philips und Sony entwickelt wurde. Die SACD verwendet eine höhere digitale Auflösung des Audiosignals als die Audio-CD und bietet auĂerdem die Möglichkeit, Mehrkanalton (Raumklang) ohne Datenreduktion zu speichern. Sie wurde als Nachfolger der Audio-CD konzipiert, fand jedoch im Vergleich zu dieser (wie das Konkurrenzformat DVD-Audio) nur geringe Verbreitung.[1]
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Format und KapazitÀten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die SACD unterscheidet sich in den physischen Abmessungen nicht von der Compact Disc. Dadurch können SACD-AbspielgerĂ€te oftmals auch andere optische DatentrĂ€ger dieses Formats wiedergeben (zum Beispiel CD-Audio, DVD, Blu-Ray). Dichtere Spuren und die Möglichkeit von bis zu zwei Schichten (siehe Varianten) erlauben bei gleichen Abmessungen die Speicherung von erheblich gröĂeren Datenmengen (4,7 bis 8,5 Gigabyte) als bei einer CD.
BezĂŒglich der Schichten (engl. âLayerâ) gibt es drei Typen von Super-Audio-CDs:
- Single Layer: enthÀlt eine High-Density-(HD-)Schicht und ist nur auf SACD-Playern abspielbar.
- Dual Layer: enthĂ€lt eine zweite HD-Schicht fĂŒr zusĂ€tzliche Aufnahmezeit und ist ebenfalls nur auf SACD-Playern abspielbar.
- Hybrid Layer: enthĂ€lt neben der HD- eine CD-Schicht, die fĂŒr herkömmliche CD-Spieler lesbar ist
Bei der Hybrid-Disc-Technik werden eine CD- und eine DVD-Schicht (englisch layer) auf die Scheibe aufgebracht. Die DVD-(SACD-)Schicht liegt vom Laser aus gesehen vor derjenigen fĂŒr die CD; sie ist fĂŒr Licht mit einer WellenlĂ€nge von 780 nm, das fĂŒr CD-Abtastung benutzt wird, transparent und reflektiert nur Licht mit einer WellenlĂ€nge von 650 nm, das fĂŒr DVD-Abtastung genutzt wird. Sie enthĂ€lt die Audiodaten in SACD-QualitĂ€t. Die darunter liegende CD-Schicht enthĂ€lt die Audiodaten im Format der Audio-CD (16 Bit, 44,1 kHz) und kann von handelsĂŒblichen CD-Spielern ausgelesen werden. Die meisten SACDs wurden in diesem Verfahren hergestellt.
Codierung der Audiodaten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf der SACD liegt das Audiomaterial im Direct-Stream-Digital-(DSD-)Format vor. Dieses unterscheidet sich von der Puls-Code-Modulation-Technik (PCM-Technik) der Audio-CD oder DVD-Audio. FĂŒr das Direct-Stream-Digital-Format kommt die sogenannte Delta-Sigma-Modulation zum Einsatz. Die Wortbreite des digitalisierten Audiosignals betrĂ€gt hier lediglich 1 Bit, allerdings bei einer Abtastrate von 2,8224 MHz (64Ă44,1 kHz). Im Gegensatz dazu liegen auf einer herkömmlichen Audio-CD die Audiodaten in Puls-Code-Modulation mit 16 Bit Auflösung bei 44,1 kHz Abtastrate vor. Auch wenn fĂŒr beide Codierungen heute vornehmlich Delta-Sigma-Analog-Digital-Umsetzer verwendet werden, unterscheiden sich beide Verfahren grundsĂ€tzlich in der Art der Signalverarbeitung. Das bei der Analog-Digital-Umsetzung erforderliche Antialiasing-Filter â es kann insbesondere bei der verhĂ€ltnismĂ€Ăig niedrigen Abtastrate der Audio-CD zum filter ringing effect (engl. fĂŒr Filterklingeln) fĂŒhren â kann bei den wesentlich höheren Abtastraten der Delta-Sigma-Modulation wesentlich weniger störend ausgelegt werden. Auch kann bei Einsatz der ĂŒblichen Delta-Sigma-Umsetzer bei der Analog-Digital-Wandlung auf Dezimierungsfilter und bei der Digital-Analog-Wandlung im EndgerĂ€t auf Interpolationsfilter verzichtet werden.[2]
Vermutungen aus dem High-End-Sektor, DSD sei dem PCM-Format grundsĂ€tzlich ĂŒberlegen, lieĂen sich bisher nicht belegen. Die klanglichen Eigenschaften der SACD sind auch mit PCM-Technik zu realisieren, wenn man die fĂŒr die Dynamik bestimmende Auflösung und die fĂŒr den Frequenzbereich entscheidende Samplingfrequenz entsprechend erhöht, beispielsweise auf 24 Bit bei 176,4 kHz.[3]
Vergleicht man das zugrundeliegende Verfahren der Puls-Code-Modulation mit dem des Delta-Sigma-Modulators (herkömmlicher Delta-Sigma-Analog-Digital-Wandler), besteht der einzige Unterschied im Fehlen des Abtastratenwandlers (Downsampling) am Ausgang des Delta-Sigma-Modulators: Im DSD-Format wird das Audiosignal mit geringer Wortbreite (1 Bit) und einer hohen Abtastrate gespeichert. Die Bandbegrenzung, die auch die höherfrequenten Rauschanteile unterdrĂŒckt, ist bei herkömmlichen Delta-Sigma-Analog-Digital-Umsetzern (mit PCM-Ausgang) mittels digitalen Filters unmittelbar nach dem Delta-Sigma-Modulator bei der Abtastratenwandlung integriert, wĂ€hrend sie bei der DSD-Technik erst spĂ€ter, nĂ€mlich bei der Audiowiedergabe, vorgenommen wird.
Ăhnlich wie beim MLP-Verfahren der DVD-Audio kommt auch bei SACD ein verlustfrei arbeitender Kompressionsalgorithmus zum Einsatz. Vor dem Fertigstellen des SACD-Images kann das unkomprimierte DSD-Audiomaterial in das komprimierte Format DST (Direct Stream Transfer) umgewandelt werden. FĂŒr die Zweikanalspur der SACD ist dieser Schritt optional, die Mehrkanalspuren mĂŒssen zwingend in das Format DST umgewandelt werden. Es existieren SACDs, bei denen der Zweikanalton im DSD-Format (5,6 MBit/s) und der Mehrkanalton im DST-Format (bei sechs KanĂ€len 16,9 MBit/s) gespeichert sind. Die Kompressionsrate â und damit die mögliche maximale Spielzeit â ist vom Audiomaterial abhĂ€ngig. Rein rechnerisch liegt die maximale Spielzeit bei etwa 110 Minuten (Single Layer und Hybrid-Disc) bzw. ca. 200 Minuten (Double Layer). (2,8224 MHz, ein Bit pro Kanal, ergibt in Stereo 5,6 Mbit/s oder 700 kByte/s, Single Layer (SL) SACD 4,7 GByte bzw. Double Layer (DL) SACD 8,5 GByte = SL 110 Minuten bzw. DL 200 Minuten).
Mehrkanalton
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Gegensatz zur Audio-CD mit maximal zwei Tonspuren (Stereo) unterstĂŒtzt die SACD Mehrkanalton (Raumklang) mit bis zu sechs KanĂ€len. Sie kann diesen â wie die DVD-Audio â hochauflösend und verlustfrei speichern. Kompressionsverfahren wie beispielsweise Dolby Digital oder DTS, die zum Beispiel bei der DVD-Video zum Einsatz kommen, beherrschen dies erst in den spĂ€ter eingefĂŒhrten und nur auf Blu-ray Disc und HD DVD eingesetzten Varianten Dolby TrueHD und DTS-HD Master Audio.
Die Mehrkanaltonspur auf der SACD ist optional: Viele SACDs enthalten lediglich eine hochauflösende Stereospur, nutzen die Mehrkanaloption also nicht.
Es gibt einige SACD-Spieler, die lediglich Stereo-SACDs, nicht aber Mehrkanal-SACDs abspielen können.
Kopierschutz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Abgesehen vom bei Hybrid-SACDs zusĂ€tzlich vorhandenen CD-Layer, der genau wie jede Audio-CD problemlos abspiel- und kopierbar ist, sind die hochauflösenden Inhalte einer SACD durch einen Kopierschutz vor der unerwĂŒnschten Verbreitung geschĂŒtzt.
Das Kopierschutzverfahren der SACD ist Ă€uĂerst effektiv. Es besteht aus mehreren Schutzebenen: Pit Signal Processing (PSP) ist ein digitales, unsichtbares Wasserzeichen, das die AuthentizitĂ€t der SACD sicherstellt. Dabei wird bei den Gruben (Pits), in denen die Daten codiert sind, nicht nur wie bei der DVD die LĂ€nge ausgewertet, sondern auch die Breite, in der das Wasserzeichen codiert ist. PSP kann nur im Masteringprozess erstellt werden.[4]
Die Lead-In-Area einer SACD ist verschlĂŒsselt und kann ausschlieĂlich von einem Hardwarebaustein in SACD-Playern dekodiert werden. AuĂerdem sind die Audiodaten per Content Scrambling kodiert, und ein Teil des zum Dekodieren benötigten SchlĂŒssels befindet sich auch hier in der SACD-Hardware. Beide MaĂnahmen verhindern, dass SACDs auf Standard-DVD-ROM-Laufwerken ausgelesen werden können. Optional kann durch PSP ein sichtbares Wasserzeichen auf der Datenseite eingefĂŒgt werden.
Um ein Auslesen des Digitalstroms und damit eine Umgehung des Kopierschutzes zu verhindern, geben AbspielgerĂ€te die auf einer SACD gespeicherten Audiosignale nur analog aus oder, bei Vorhandensein eines entsprechenden Ausgangs, verschlĂŒsselt ĂŒber HDMI.
Geschichte und Marktsituation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Super-Audio-CD-Format wurde 1999 eingefĂŒhrt. Die Spezifikation dazu namens Scarlet Book stammte von Philips. Den Verbrauchern versprach man eine verbesserte KlangqualitĂ€t. Die Musikverleger, die zu dieser durch die einfache Kopierbarkeit von CDs mittels PCs ihr GeschĂ€ftsmodell bedroht sahen, sahen in ihr aber vor allem den Vorteil eines wirksamen Kopierschutzes.[5]
Sowohl AbspielgerĂ€te als auch die DatentrĂ€ger waren anfangs sehr hochpreisig positioniert, weswegen das Medium den Massenmarkt nicht erreichte. Die VerfĂŒgbarkeit gĂŒnstigerer GerĂ€te viele Jahre nach der MarkteinfĂŒhrung Ă€nderte daran nichts mehr.
Am stĂ€rksten hat sich die SACD in typisch audiophilen Musikgenres verbreitet, insbesondere Klassik, aber auch Jazz und Gesang. Labels wie ARS Produktion, Audimax, Audite, BIS, Chandos, Cybele, EMI, Farao, HĂ€nssler Classic, Harmonia Mundi, Hyperion, MDG, Musicaphon, Pentatone, Tacet und anderen waren und sind dort aktiv. PopulĂ€rmusik wurde vorwiegend in den ersten Jahren nach MarkteinfĂŒhrung auf SACD gebracht; ihr Anteil am Angebot nahm aber schnell ab.
AbspielgerĂ€te gab und gibt es von Sony, Marantz, Pioneer, Yamaha, T+A sowie Denon, teilweise in Form von dedizierten SACD-Spielern, teilweise als Zusatzfunktion in Blu-ray-Spielern oder in Spielekonsolen[6]. Die gröĂte Verbreitung erlangte das Format im Jahre 2005, wobei die UmsĂ€tze nie 0,3 % des Marktes fĂŒr physische DatentrĂ€ger ĂŒberschritten haben. Seitdem (Stand 2013) sinkt der Umsatz, jedoch langsamer als der insgesamt stark schrumpfende Markt fĂŒr physische DatentrĂ€ger.[7]
Hörtests
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Laut Werbeaussagen von Sony/Philips soll aufgrund der erheblich besseren technischen Parameter die SACD bereits bei Stereowiedergabe besser klingen als eine konventionelle Audio-CD â eine hochwertige Aufnahme sowie eine sehr hochwertige Stereoanlage vorausgesetzt. Dies konnte jedoch nicht objektiv bestĂ€tigt werden.[8][9]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Rolf Seidelmann: Surround im Musikstudio. Wizoobooks, Bremen 2008, ISBN 978-3-934903-69-2.
- Dominik Blech und Min-Chi Yang: Untersuchung zur auditiven Differenzierbarkeit digitaler Aufzeichnungsverfahren. Hörvergleich Direct Stream Digital und High-Resolution-PCM (24bit/176,4kHz). Diplomarbeit, Gutachter: Rainer Maillard und Andreas Meyer, Erich-Thienhaus-Institut, Hochschule fĂŒr Musik Detmold, 2004, Online-Fassung auf hfm-detmold.de
- E. Brad Meyer, David R. Moran: Audibility of a CD-Standard A/DA/A Loop Inserted into High-Resolution Audio Playback. Journal of the Audio Engineering Society, Volume 55, Issue 9, S. 775â779; September 2007, AES E-Library
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- â Absatz 2021 BVMI BVMI Abgerufen am 22. Januar 2023.
- â Blech und Yang (2004), Abschnitt 2.3, http://old.hfm-detmold.de/eti/projekte/diplomarbeiten/2004/dsdpcm/23.htm
- â Blech und Yang (2004), Abschnitt 7, http://old.hfm-detmold.de/eti/projekte/diplomarbeiten/2004/dsdpcm/fazit.htm
- â http://www.dvddemystified.com/dvdfaq.html#3.6.1
- â Guy Dixon: Music companies test ways to combat copying of CDs. In: The Globe and Mail. 30. Januar 2003 (theglobeandmail.com [abgerufen am 23. Januar 2023]).
- â Carsten Rampacher: TEST PS 3 und Firmware 1.80 nun mit SACD-WiedergabequalitĂ€t. In: Area DVD. 13. Juni 2007, abgerufen am 23. Januar 2023.
- â Lother Scholz: Deutscher Musikmarkt Deuscher Musikrat
- â Stiftung Warentest: Es gibt schlichtweg kein Argument dafĂŒr. Interview mit GĂŒnther Theile. In: test 11/2003, test.de
- â Stiftung Warentest: Super-Audio: Nur fĂŒr FledermĂ€use. In: test 11/2003, test.de
