
Unter Stickstofffixierung versteht man allgemein jegliche Umwandlung des chemisch inerten elementaren, molekularen Stickstoffs (N2). Die Stickstofffixierung ist der erste und grundlegende Schritt des Stickstoffkreislaufs.
Man unterscheidet:
- biotische Stickstofffixierung (durch Mikroorganismen)
- abiotische Stickstofffixierung (Bildung von Stickoxiden durch Verbrennungen oder Blitzschlag) und
- technische Stickstofffixierung (beispielsweise im Haber-Bosch-Verfahren).
Nach SchĂ€tzungen werden je Jahr etwa 200â300 Millionen Tonnen N2 biotisch fixiert, davon etwa ein Drittel in den Ozeanen. Im Vergleich dazu betrug die technische Fixierung (Haber-Bosch-Verfahren) von N2 im Jahr 1998 nur etwa 30 Millionen Tonnen.[1] Die symbiontischen Knöllchenbakterien fixieren etwa 50 â 150 kg Stickstoff je Hektar und Jahr und die freilebenden Bakterien nur 1 â 3 kg Stickstoff je Hektar und Jahr.
Die Stickstofffixierung ist zu unterscheiden von der âAmmoniumfixierungâ, der Bindung von positiv geladenen Ammoniumionen an negativ geladene Tonminerale im Boden (siehe dazu NĂ€hrstoff (Pflanze) und KationenaustauschkapazitĂ€t).
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der russische Mikrobiologe Winogradski erbrachte erstmals den Nachweis der Stickstoffbindung bei einer Kultur von Clostridium pasteurianum (Bacillus amylobacter)[2] (veraltete Namen fĂŒr Clostridium butyricum siehe dazu ButtersĂ€uregĂ€rung).
Biotische Stickstofffixierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Durch einige prokaryotische Mikroorganismen wird elementarer, molekularer Stickstoff (N2) zu Verbindungen reduziert, die reaktiver und insbesondere bioverfĂŒgbar sind.
Die Umsetzung wird durch das Enzym Nitrogenase katalysiert und ist aufgrund der sehr stabilen Dreifachbindung molekularen, elementaren Stickstoffs mit 946 Kilojoule je Mol (kJ/mol) (unter Standardbedingungen fĂŒr Biologie) sehr energieaufwĂ€ndig. Soweit bisher bekannt ist, werden zugleich mit der Reduktion eines MolekĂŒls N2 zu Ammoniak (NH3) zwangslĂ€ufig auch noch 2 Wasserstoff-Ionen (H+) zu molekularem Wasserstoff (H2) reduziert, vermutlich fĂŒr die Initiation der N2-Reduktion. Die N2-Reduktion verlĂ€uft in drei Schritten, bei denen jeweils 2 H-Atome angefĂŒgt werden: N2 â HN=NH â H2N-NH2 â 2 NH3. Die gesamte Umsetzung ist sehr energieaufwendig, die Energie wird â wie bei den meisten endergonen Stoffwechselreaktionen â durch die Hydrolyse von Adenosintriphosphat (ATP) zu Adenosindiphosphat (ADP) und ortho-Phosphat (Pi) zur VerfĂŒgung gestellt. Die Gleichung fĂŒr die Reduktion von N2 und H+ zu NH3 und H2 bei ZurverfĂŒgungstellung der erforderlichen Energie durch die Hydrolyse von ATP zu ADP + Pi lautet:
FĂŒr die Bildung der erforderlichen ReduktionsĂ€quivalente, hier als Elektronen (eâ) dargestellt, ist als Energiequelle jeweils die Hydrolyse von 3 ATP zu 3 ADP + 3 Pi erforderlich, fĂŒr 8 eâ also die Hydrolyse von 8 Ă 3 = 24 ATP. FĂŒr die Bildung von 2 Mol NH3 und 1 Mol H2 nach der obigen Reaktionsgleichung mĂŒssen also 16 + 24 = 40 Mol ATP zu ADP + Pi hydrolysiert werden. Bei einigen N2-Reduzierern (beispielsweise Klebsiella pneumoniae) bleibt das so, so dass das gebildete H2 entweicht. Andererseits können einige (beispielsweise Azotobacter) aber danach das gebildete H2 wieder zu 2 H+ oxidieren, wobei die dabei freigesetzte Energie zur Phosphorylierung von ADP zu ATP verwendet wird, diese N2-Reduzierer brauchen also etwas weniger als 40 ATP fĂŒr die N2-Reduktion.[3]

Als Mikroorganismen, die Stickstoff fixieren können (Stickstofffixierer), sind bisher nur Prokaryoten bekannt, sie sind entweder freilebend oder leben in Symbiose mit Pflanzen. Bekannte freilebende Vertreter sind die Gattungen Azotobacter, Azomonas und Cyanobakterien (frĂŒher Blaualgen genannt). Cyanobakterien fixieren den Stickstoff oft in spezialisierten Zellen, sogenannten Heterozysten.
Weitere Beispiele sind:[2] Aerobacter, Achromobacter, Bacillus polymixa (siehe Bacillus), Pseudomonas, Clostridium pasteurianum (veralteter Namen fĂŒr Clostridium butyricum, siehe dazu ButtersĂ€uregĂ€rung), Methanobacterium (siehe Methanbildner), Desulfovibrio, Rhodospirillum, Chromatium (siehe Schwefeloxidierende Bakterien), Chlorobium (siehe GrĂŒne Schwefelbakterien), Rhodomicrobium (siehe eisenoxidierende Mikroorganismen), Anabaena, Calothrix, Nostoc und Tolypothrix.
Die bekanntesten symbiotisch lebenden Stickstofffixierer sind Knöllchenbakterien (beispielsweise bei Leguminosen) und Frankia (bei verholzenden Pflanzen wie Erlen).
Da die Stickstofffixierung fĂŒr die Lebewesen sehr energieaufwĂ€ndig ist, wird sie streng reguliert und kommt nur zur Anwendung, wenn das Lebewesen keine andere Möglichkeit zur Stickstoffversorgung hat.
Die Spurenelemente MolybdĂ€n und Vanadium (und Wolfram als Ersatzstoff) wurden als notwendige Agentien fĂŒr die Stickstoff-Fixierung durch Azotobacter eruiert.[4][5][6]
Von einigen Autoren wurde Stickstoff-Fixierung zur körpereigenen Protein-Biosynthese auch bei Insekten (bei BlattlĂ€usen und GleichflĂŒglern) nachgewiesen.[7]
Abiotische Stickstofffixierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Durch Blitzschlag bei Gewittern, Verbrennung und Vulkane: aus Stickstoff und Sauerstoff der Luft entstehen Stickoxide, die mit Wassertröpfchen in der AtmosphÀre zu Salpetriger SÀure bzw. SalpetersÀure reagieren und als Teil des sauren Regens in den Boden gelangen.
Technische Stickstofffixierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Haber-Bosch-Verfahren kann N2 reduziert werden. Der Prozess benötigt eine Temperatur von 500 °C, einen Druck von 450 bar und Katalysatoren. Die Reduktion ist Ă€hnlich wie unter (2). Meist wird dieser Ammoniak in nitrathaltige DĂŒngemittel umgesetzt.
Bei der Azotierung wird Stickstoff zur Darstellung von Kalkstickstoff gemÀà folgender Reaktionsgleichung fixiert:
Weitere Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zudem wird mit Stickstofffixierung die Festlegung des Bodenstickstoffs in der organischen Substanz bezeichnet, wenn ein ungĂŒnstiges Kohlenstoff-Stickstoff-VerhĂ€ltnis (C/N-VerhĂ€ltnis) vorliegt. Der Grund liegt hierbei im Stickstoffbedarf der abbauenden Mikroorganismen. So lĂ€sst sich bei der Ausbringung stickstoffarmer Mulchmaterialien wie SĂ€gespĂ€ne, HolzhĂ€cksel oder RindenhĂ€cksel ein Stickstoffmangel der Kulturpflanzen beobachten. Daher kann es gĂŒnstig sein, solche Materialien vorher zu kompostieren, oder zusĂ€tzlich einen StickstoffdĂŒnger zu geben. Der gebundene Stickstoff wird mit dem Abbau der organischen Stoffe langfristig wieder freigesetzt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eintrag zu Stickstoff-Fixierung. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 13. Juni 2014.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- â Stickstoffixierung â Lexikon der Biologie. In: spektrum.de. Spektrum Verlag, abgerufen am 14. Februar 2016.
- â a b Ruth Beutler: Der Stoffwechsel. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-37018-6, S. 988 (eingeschrĂ€nkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- â J. L. Slonczewski, John W. Foster: Mikrobiologie â Eine Wissenschaft mit Zukunft (Ăbersetzung aus dem Englischen). 2. Auflage. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-8274-2909-4, S. 660â662.
- â H. Bortels: MolybdĂ€n als Katalysator bei der biologischen Stickstoffbindung. In: Archiv fĂŒr Mikrobiologie. Band 1, Nr. 1, 1. Januar 1930, S. 333â342, doi:10.1007/BF00510471.
- â H. Bortels: Ăber die Wirkung von MolybdĂ€n- und VanadiumdĂŒngungen auf Azotobacter-Zahl und Stickstoffbindung in Erde. In: Archiv fĂŒr Mikrobiologie. Band 8, Nr. 1â4, 1. Januar 1937, S. 1â12, doi:10.1007/BF00407188.
- â E. Blanck: Handbuch der Bodenlehre. Springer, Berlin 1939, ISBN 3-642-99617-5, S. 525 (eingeschrĂ€nkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- â L. TĂłth, A. Wolsky, M. BĂĄtori: Stickstoffbindung aus der Luft bei den Aphiden und bei den Homopteren (Rhynchota insecta). In: Zeitschrift fĂŒr Vergleichende Physiologie. Band 30, Nr. 1, 1. Dezember 1943, S. 67â73, doi:10.1007/BF00338578.
