Stephan Franz Viktor, Erzherzog von Österreich (* 14. September 1817 in Buda; † 19. Februar 1867 in Menton), war ein Sohn des Erzherzogs Joseph und dessen zweiter Gemahlin, der Prinzessin Hermine von Anhalt-Bernburg-Schaumburg-Hoym. Er war der Zwillingsbruder von Hermine Amelie Marie von Österreich. Stephan gehörte dem ungarischen Zweig des Hauses Habsburg-Lothringen an.
Vertreter der Krone
Er wurde im Dezember 1843 Zivilgouverneur von Böhmen. In dieser Eigenschaft überwachte er den Bau der kaiserlichen Riesengebirgsstraße zwischen Reichenberg und Triebitz (heute Silnice I/14). Zu seinen Ehren wurde eine Anhöhe mit Aussichtsturm im Isergebirge in der Nähe der Straße benannt.[1] Nach dem Tod seines Vaters wurde er 1847 zum stellvertretenden Palatin von Ungarn ernannt und im November desselben Jahres durch die Wahl des Reichstags und die Bestätigung des Kaisers definitiv mit dieser Würde betraut. Infolge der Märzereignisse 1848 wurde seine Stellung sowohl der nationalen Partei als auch der österreichischen Regierung gegenüber unhaltbar, vor allem, nachdem er im September vom Reichstag zum Oberbefehlshaber der ungarischen Armee gegen Jelačić ernannt worden war. Er entsagte daher am 24. September 1848 dem Palatinat, zog sich 1850 auf seine Besitzungen in Nassau, die Grafschaft Holzappel-Schaumburg, zurück.
Er starb am 19. Februar 1867 in Menton an Schwindsucht, ohne Kinder zu hinterlassen. Sein Grab befindet sich in der Gruft der Palatine im Burgpalast von Budapest.
Mineraliensammler
Stephan von Österreich gehörte zu den berühmtesten Mineraliensammlern des österreich-ungarischen Reiches, dessen Interesse an den Mineralen bereits mit fünf Jahren erwachte. Nach seiner politischen Ausbildung am Kaiserhof in Wien unternahm er ausgedehnte Erkundungstouren durch das Reich und nutzte während dieser Zeit jede Gelegenheit, berühmte Mineralmuseen und bekannte Mineralfundorte zu besuchen, um seine Sammlung durch eigene Funde oder Käufe zu erweitern. 1845 ehrte der bekannte Mineraloge Wilhelm Ritter von Haidinger seine Bemühungen um die Mineralogie mit der Benennung eines wichtigen Silberminerals und -erzes nach ihm als Stephanit.
Im Zuge von Um- und Neubaumaßnahmen auf Schloß Schaumburg 1850 schuf Stephan von Österreich großzügige Räumlichkeiten zur Unterbringung seiner umfangreichen Mineraliensammlung, die bis 1885 aus etwa 22.000 Stücken bestanden haben dürfte[2]. Eine zeitgenössische Beschreibung der Räumlichkeiten auf dem Schloß und der Mineraliensammlung stammt von dem zeitgenössischen, österreichischen Mineralogen Victor Leopold Ritter von Zepharovich[3].
1857 wurde Stephan von Österreich Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.[4]
Der Mineraloge Albrecht Schrauf begann 1863/64 mit dem katalogisieren der Sammlung.
Die mineralogische Sammlung Stephans von Österreich enthielt bei seinem Tod 1867 rund 20.000 Proben und wurde auf den für damalige Verhältnisse enormen Wert von 300.000 Mark geschätzt. Nach Stephans Tod ging die Mineraliensammlung als Teil des Erbes auf das Haus Oldenburg über und wurde bis zu deren Verkauf zwischen 1867 und 1888 an den Unternehmer Carl Rumpff weiter ausgebaut. Nach dessen Tod 1889 schenkte er die Sammlung dem Museum für Naturkunde in Berlin.[2][5]
Eine Monographie aus 2002 schildert die sammlerische Aktivität Stephans von Österreich auf Schloß Schaumburg im Kontext seiner Standesherrschaft Holzappel-Schaumburg[6].
Außer Mineralien sammelte er auch Münzen und besaß eine umfangreiche Bibliothek.
Vorfahren
Standesherr
Als Standesherr gehörte er qua Verfassung 1852–1866 der ersten Kammer der Landstände des Herzogtums Nassau an. Er nahm das Mandat aber nie persönlich wahr, sondern ließ sich immer vertreten. Vertreter in der Kammer waren:
- Ludwig Freiherr von Löw von und zu Steinfurth (1852)
- Friedrich Graf von Bismark (1855–1857)
- Anton Philipp Freiherr von Breidbach-Bürresheim gen. vom Ried (1858–1863)
- Johann Nepomuk Teng(g) Edler von Lanzensieg (1863–1866)
Literatur
- Erzherzog Stephan von Oestreich. In: Illustrirte Zeitung. Nr. 31. J. J. Weber, Leipzig 27. Januar 1844, S. 65–66 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
- Constantin von Wurzbach: Habsburg, Stephan. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 7. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1861, S. 150–155 (Digitalisat).
- Ein deutscher Fürst im Stillleben des Exils. In: Die Gartenlaube. Heft 31, 1864, S. 484–487 (Volltext [Wikisource]).
- Erzherzog Stephan und der Kreishauptmann. In: Die Gartenlaube. Heft 15, 1867, S. 240 (Volltext [Wikisource]).
- Erzherzog Stephan und der Oberlieutenant. In: Die Gartenlaube. Heft 19, 1867 (Volltext [Wikisource]).
- Hanns Schlitter: Stephan (Erzherzog von Österreich). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 71–78.
- Meyers Konversations-Lexikon, Fünfte Auflage, 1893–1897
- K. Vörös: Stefan (Österreich). In: Biographisches Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Band 4. München 1981, S. 190 f.
- Nassauische Parlamentarier. Teil 1: Cornelia Rösner: Der Landtag des Herzogtums Nassau 1818–1866 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Nassau. 59 = Vorgeschichte und Geschichte des Parlamentarismus in Hessen. 16). Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 1997, ISBN 3-930221-00-4, S. 215–216.
- Rouven Pons: Erzherzog Stephan (1817–1867). Biografie eines Habsburgers im entstehenden Medienzeitalter. Böhlau, Wien, Köln 2022, ISBN 978-3-205-21623-0.
Weblinks
- Eintrag über Stephan von Österreich im Ungarischen biographischen Lexikon (MEK) der Nationalen Széchényi-Bibliothek (ungarisch)
- Österreich, Stephan Viktor Erzherzog von. Hessische Biografie. (Stand: 28. November 2023). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- ↑ Aussichtsturm Stephanshöhe: Seit 130 Jahren der schönste Blick aufs Riesengebirge Radio Prague International, 14. August 2022, abgerufen am 23. August 2022.
- ↑ a b Scheid, R. (1998): Die Mineraliensammlung des Erzherzogs Stephan auf Schoß Schaumburg. In: Kirnbauer, Th.; Schneider, J. (Hrsg.): Geologie und hydrothermale Mineralisation im rechtsrheinischen Schiefergebirge. Nassauischer Verein für Naturkunde Sonderband 1, Tagungsband zur VFMG-Sommertagung 1998 in Herborn. Nassauischer Verein für Naturkunde, Wiesbaden, S. 245–252.
- ↑ von Zepharovic, V. (1857): Ein Besuch auf der Schaumburg. Sendeschreiben an W. Haidinger. In: Jahrbuch der kaiserlich-königlichen geologischen Reichsanstalt. Band 8, Nr. 3. Wien, S. 607–612.
- ↑ Mitgliedseintrag von Franz Viktor Stephan bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 20. Juni 2016.
- ↑ Stephan von Habsburg-Lothringen. ( vom 28. Januar 2015 im Internet Archive) The Mineralogical Record
- ↑ Scheid, R., Schmiedel, W. (2002): Das „Mineraliencabinet“ des Erzherzogs Stephan auf Schloss Schaumburg mit einem Lebensbild des populären Standesherrn der Grafschaft Holzappel und der Herrschaft Schaumburg. Hrsg.: Förderverein Heimatmuseum Esterau e. V. Eigenverlag, Holzappel Oktober 2002 (70 S.).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Joseph Anton Johann von Österreich | Palatin von Ungarn 1847–1848 | Das Amt wurde nicht mehr ausgeübt |
Personendaten | |
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NAME | Stephan von Österreich |
ALTERNATIVNAMEN | Stephan Franz Viktor |
KURZBESCHREIBUNG | Erzherzog von Österreich |
GEBURTSDATUM | 14. September 1817 |
GEBURTSORT | Buda, Kaisertum Österreich |
STERBEDATUM | 19. Februar 1867 |
STERBEORT | Menton, Département Alpes-Maritimes, Frankreich |
- Erzherzog
- Mineraliensammler
- Mitglied der Leopoldina (19. Jahrhundert)
- Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften
- Palatin (Ungarn)
- Gouverneur
- Familienmitglied des Hauses Habsburg-Lothringen (Ungarische Linie)
- Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies (Österreich, 19. Jahrhundert)
- Ritter des Schwarzen Adlerordens
- Politiker (Kaisertum Österreich)
- Numismatiker
- Bibliophiler
- Person (Budapest)
- Geboren 1817
- Gestorben 1867
- Mann