Der Satz von Montel (nach Paul Montel) ist ein Satz aus der Funktionentheorie. Er beschäftigt sich mit der Fragestellung, wann eine Funktionenfolge holomorpher Funktionen eine kompakt konvergente Teilfolge besitzt. In diesem Sinne ist er das Analogon zum Satz von Bolzano-Weierstraß für Zahlenfolgen.
Er wurde von Paul Montel im Jahre 1916 gefunden.[1]
Grundlegend für die Formulierung ist das von Montel eingeführte Konzept
der normalen Familie:
Eine Familie
holomorpher Funktionen heißt
normal, wenn
jede Folge in
eine kompakt konvergente Teilfolge besitzt. Dabei wird Konvergenz bezüglich der sphärischen Metrik betrachtet,
insbesondere ist Konvergenz gegen
zugelassen.
Eine lokal gleichmäßig beschränkte Familie holomorpher Funktionen ist normal.
Sei
eine Familie von in einem Gebiet
holomorphen Funktionen und seien
,
. Für alle
und
gelte
. Dann ist
normal.
Der kleine Satz von Montel folgt unmittelbar aus dem großen.
Einen vergleichsweise einfachen Beweis des großen Satzes findet man in
einem Artikel von Lawrence Zalcman.[2]
Für den Beweis des kleinen Satzes von Montel benötigt man zunächst folgendes Lemma:
sei eine auf einem Gebiet
holomorphe und lokal gleichmäßig beschränkte Funktionenfolge.
Die Menge
liege dicht in
.
Dann ist
kompakt konvergent.
Wir wollen lokal gleichmäßige Konvergenz zeigen, was in lokalkompakten Räumen identisch zur kompakten Konvergenz ist.
![{\displaystyle \forall z_{0}\in G:\ \exists r>0:\ \forall \epsilon >0:\ \exists n_{0}:\left|f_{n}(z)-f_{m}(z)\right|<\epsilon \quad \forall z\in B(z_{0},r),\forall m,n>n_{0},}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/96f0f4c155cff3e31fda12c587c4ccacc723bf36)
wobei
die offene Kreisscheibe mit Mittelpunkt
und Radius
bezeichnet.
Da die Funktionenfolge lokal gleichmäßig beschränkt ist, gilt:
![{\displaystyle \forall z_{0}\in G:\ \exists R>0,\exists M>0:\left|f_{n}(z)\right|\leq M\quad \forall z\in B(z_{0},R),\forall n\in \mathbb {N} .}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5ee9018251d3db29de70ddc8443cfe861dd939f1)
Wähle
.
Seien nun
. Dann gilt (Cauchysche Integralformel):
![{\displaystyle {\begin{aligned}\left|f_{n}(z)-f_{n}({\tilde {z}})\right|&=\left|{\frac {1}{2\pi i}}\oint _{\left|w-z_{0}\right|=R}{\frac {f_{n}(w)}{w-z}}dw-{\frac {1}{2\pi i}}\oint _{\left|w-z_{0}\right|=R}{\frac {f_{n}(w)}{w-{\tilde {z}}}}dw\right|\\&=\left|{\frac {z-{\tilde {z}}}{2\pi i}}\oint _{\left|w-z_{0}\right|=R}{\frac {f_{n}(w)}{(w-z)(w-{\tilde {z}})}}dw\right|\end{aligned}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/605064ecfe2104bacbd7293adb51aa0d0e8b0b95)
Nun schätzt man das Integral durch die Länge der Kurve und das Maximum des Integranden ab (genaugenommen einer Abschätzung des Maximums):
![{\displaystyle \left|{\frac {z-{\tilde {z}}}{2\pi i}}\oint _{\left|w-z_{0}\right|=R}{\frac {f_{n}(w)}{(w-z)(w-{\tilde {z}})}}dw\right|\leq {\frac {\left|z-{\tilde {z}}\right|}{2\pi }}\cdot 2\pi R\cdot {\frac {M}{r^{2}}}=R{\frac {M}{r^{2}}}\left|z-{\tilde {z}}\right|=2{\frac {M}{r}}\left|z-{\tilde {z}}\right|}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0c2e902ec5b9a4c9cc1fe656bc5cd83f6a16e5b8)
Also gilt:
![{\displaystyle \left|f_{n}(z)-f_{n}({\tilde {z}})\right|\leq 2{\frac {M}{r}}\left|z-{\tilde {z}}\right|}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3038b1129e4eae49dd1441f993c8784f3cade801)
Nun liegt P dicht in G. Man kann also für jedes vorgegebene ε endlich viele
aus P wählen, sodass die ε Umgebungen ganz
überdecken. (Da
kompakt ist, reichen endlich viele.) Hier wählen wir unser ε genau so, dass wir dann in Kombination mit der oberen Abschätzung genau
erhalten.
![{\displaystyle \exists p_{1},\dots p_{k}\in B(z_{0},r):\ \forall z\in B(z_{0},r):\ \exists a_{j}:\ \left|z-a_{j}\right|<{\frac {\epsilon }{3}}{\frac {r}{(2M)}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f80624ff0b1349719e8212def59fc50821dba164)
sei das zu z nächstgelegene
. Dann kann man mittels der oberen zwei Abschätzungen den ersten und letzten Summanden jeweils mit
abschätzen. Da die
ja auf den
punktweise konvergieren, ist auch der mittlere Term (für hinreichend großes n) kleiner als
.
So erhalten wir:
![{\displaystyle \forall z\in G:\ \exists r>0:\ \forall \epsilon >0:\exists n_{0}:\left|f_{n}(z)-f_{m}(z)\right|\leq \epsilon \quad \forall z\in B(z_{0},r),\forall m,n>n_{0}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/9551bf5ad748435d4cbf4fd7bdc27257c4834b53)
Um das obere Lemma verwenden zu können, wählen wir zunächst eine abzählbare dichte Teilmenge
des Gebietes
. (z. B.: Nur jene
mit rationalen Real- und Imaginärteil)
Nun betrachten wir die Folge
an der Stelle
.
Da die Folge lokal gleichmäßig beschränkt ist, folgt mit dem Satz von Bolzano-Weierstraß, dass eine Teilfolge
existiert, sodass
konvergiert.
Wir bezeichnen diese Folge mit
.
Nun kann man diese Funktionenfolge im Punkt
betrachten. Mit dem gleichen Argument wie oben erhält man, dass es eine im Punkt
konvergente Teilfolge
gibt.
So definiert man induktiv die Funktionenfolgen
.
Nun betrachtet man die Diagonalfolge
. Diese konvergiert für alle
nach dem Cantor'schem Diagonalfolge-Verfahren und ist daher nach dem Lemma auch kompakt konvergent auf dem Gebiet
.
- ↑ P. Montel,
Sur les familles normales de fonctions analytiques,
Annales de l’Ecole Normale Superieure (3), Band 33, S. 223–302, 1916.
- ↑ L. Zalcman, Normal families: New perspectives, Bulletin of the American Mathematical Society, Band 35, S. 215–230, 1998.