Raspit | |
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Raspitkristalle aus Broken Hill, New South Wales, Australien (Bildbreite 3 mm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Rsp[1] |
Chemische Formel | α-PbWO4[2] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Oxide und Hydroxide (einschließlich V[5,6]-Vanadate, Arsenide, Antimonide, Bismuthide, Suldide, Selenide, Telluride, Jodide) |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
IV/D.08, Anhang IV/D.24-080 4.DG.20 48.01.04.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[3] |
Raumgruppe | P21/a (Nr. 14, Stellung 3)[2] |
Gitterparameter | a = 13,56 Å; b = 4,98 Å; c = 5,56 Å β = 107,6°[2] |
Formeleinheiten | Z = 4[2] |
Zwillingsbildung | nach {100} und {102}[4] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2,5 bis 3[4] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 8,46; berechnet: 8,45[4] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {100}[4] |
Farbe | hellgelb bis gelblichbraun, grau |
Strichfarbe | gelblichweiß |
Transparenz | durchscheinend |
Glanz | Diamantglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 2,270[5] nβ = 2,270[5] nγ = 2,300[5] |
Doppelbrechung | δ = 0,030[5] |
Optischer Charakter | zweiachsig positiv |
Achsenwinkel | 2V = gemessen: ≈ 0°[4] |
Raspit ist ein selten vorkommendes Mineral mit der chemischen Zusammensetzung α-PbWO4[2] und damit chemisch gesehen Bleiwolframat. Seiner chemischen Formel nach wäre Raspit eher in die Mineralklasse der „Sulfate“ zuzuordnen, zu denen auch die chemisch verwandten Wolframate gehören. Aufgrund seiner Kristallstruktur wird er jedoch allgemein der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ zugeordnet.
Raspit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt nur kleine, tafelige, längsgestreifte Kristalle und Zwillinge von wenigen Millimetern Länge. Die durchscheinenden Kristalle sind von hellgelber bis gelblichbrauner oder grauer Farbe und zeigen auf den Oberflächen einen diamantähnlichen Glanz. Die Strichfarbe von Raspit ist gelblichweiß. Mit einer Mohshärte von 2,5 bis 3 gehört Raspit bereits zu den mittelharten Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Calcit (Härte 3) mit einer Kupfermünze ritzen lassen.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde das Mineral 1896 auf zwei Proben aus der Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien (ehemals k.k. naturhistorisches Hof-Museum), die Baron Heinrich Foullon von Norbeeck (1850–1896) in Broken Hill (Australien) erhalten hatte. Baron von Norbeeck vermutete auf den Proben ein neues Mineral, für das er den Namen Raspit, nach dem deutschen Auswanderer Charles Rasp (1846–1907), vorschlug. Dieser hatte die Lagerstätten in und um Broken Hill entdeckt und deren wirtschaftliche Bedeutung erkannt.
Analysiert und beschrieben wurde das Mineral 1897 durch Karl Hlawatsch (auch Carl Hlawatsch, 1870–1947)[6], der Baron von Norbeecks Namensvorschlag übernahm.
Klassifikation
Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Raspit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung „MO2- und verwandte Verbindungen“, wo er im Anhang der „Wolframit-Reihe“ mit der System-Nr. IV/D.08 und den Hauptmitgliedern Ferberit, Hübnerit, Sanmartinit und dem inzwischen als Mischkristall diskreditierten Wolframit eingeordnet war.
Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/D.24-80. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Oxide mit [dem Stoffmengen]Verhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 (MO2 & Verwandte)“, wo Raspit zusammen mit Fergusonit-(Ce)-β, Fergusonit-(Nd)-β, Fergusonit-(Y)-β, Fergusonit-(Ce), Fergusonit-(Nd), Fergusonit-(Y), Formanit-(Y), Iwashiroit-(Y) und Takanawait-(Y), eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet (Stand 2018).[7]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[8] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Raspit ebenfalls in die Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen (± mittelgroßen) Kationen; Ketten kantenverknüpfter Oktaeder“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 4.DG.20 bildet.
Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Raspit dagegen in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Molybdate und Wolframate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 48.01.04 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Molybdate und Wolframate mit A XO4“ zu finden.
Chemismus
In der theoretisch idealen, stoffreinen Zusammensetzung von Raspit (PbWO4) besteht das Mineral aus Blei (Pb) und dem Wolframat-Komplex (WO4), das wiederum aus Wolfram (W) und Sauerstoff (O) im Stoffmengenverhältnis von 1 : 4 zusammengesetzt ist. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichts-%) der Atome von 45,54 Gew.-% Pb, 40,40 Gew.-% W und 14,06 Gew.-% O[9] oder in der Oxidform 49,05 Gew.-% PbO und 50,95 Gew.-% WO3.[3]
Kristallstruktur
Raspit kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe P21/a (Raumgruppen-Nr. 14, Stellung 3) mit den Gitterparametern a = 13,56 Å; b = 4,98 Å; c = 5,56 Å und β = 107,6° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Die Kristallstruktur von Raspit besteht aus kantenverknüpften [WO6]-Oktaedern, die parallel der b-Achse Zick-Zack-Ketten bilden und über Bleiatome verbunden sind.
Kristallstruktur von Raspit |
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Farbtabelle: _ Pb _ W _ O |
Eigenschaften
Bei einer Temperatur von über 410 °C wandelt sich Raspit in Stolzit um.[4]
Modifikationen und Varietäten
Die Verbindung PbWO4 ist dimorph und kommt in der Natur neben dem monoklin kristallisierenden Raspit noch als tetragonal kristallisierender Stolzit vor.
Bildung und Fundorte
Raspit bildet sich sekundär in der Oxidationszone von wolframhaltigen Hydrothermal-Lagerstätten. Als Begleitminerale können unter anderem Alumotungstit und Ferritungstit (Varietäten von Hydrokenoelsmoreit), Cuprotungstit, Stolzit und Yttrotungstit.
Als seltene Mineralbildung konnte Raspit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2013) rund 20 Fundorte als bekannt gelten.[10] Neben seiner Typlokalität Broken Hill konnte das Mineral in Australien nur noch in der „Cordillera Mine“ bei Kangaloolah (Georgiana County, New South Wales) gefunden werden.
Der bisher einzige bekannte Fundort in Deutschland ist die Grube Clara bei Oberwolfach.
Weitere bisher bekannte Fundorte sind unter anderem Sumidouro im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais; die Uranlagerstätte in den Otish Mountains nahe der James Bay (Baie-James) in Kanada; eine unbenannte Eisen-Germanium-Lagerstätte bei Nanyue (Hengyang) in China; Échassières (Département Allier), Meymac (Département Corrèze) und Compolibat (Département Aveyron) in Frankreich; Gyojayama nahe Kameoka auf der japanischen Insel Honshū; die „San Antonio Mine“ bei Santa Eulalia (Chihuahua) und eine Zinnader am Cerro de Estaño östlich von Guanajuato[11] in Mexiko; das Erongogebirge in Namibia; Estorãos (Ponte de Lima) in Portugal; Gifurwe in der Nordprovinz Ruandas sowie der Carr Canyon nahe Hartford und Tombstone im Cochise County des US-Bundesstaates Arizona.[12]
Siehe auch
Literatur
- C. Hlawatsch: Ueber den Stolzit und ein neues Mineral »Raspit« von Brokenhill. In: Annalen des kaiserlich-königlichen Naturhistorischen Hofmuseums. Band 12, 1897, S. 33–41 (rruff.info [PDF; 714 kB; abgerufen am 2. Februar 2021] Raspit ab S. 38).
- T. Fujita, I. Kawada, K. Kato: Raspite from Broken Hill. In: Acta Crystallographica. B33, 1977, S. 162–164, doi:10.1107/S056774087700291X (englisch).
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 540 (Erstausgabe: 1891).
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 689.
Weblinks
- Raspit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- Raspite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF) (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Raspite. In: rruff.geo.arizona.edu. (englisch).
Einzelnachweise
- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑ a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 221 (englisch).
- ↑ a b David Barthelmy: Raspite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 2. Februar 2021 (englisch).
- ↑ a b c d e f Raspite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 67 kB; abgerufen am 2. Februar 2021]).
- ↑ a b c d Raspite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 2. Februar 2021 (englisch).
- ↑ Vera M. F. Hammer, Franz Pertlik: Karl Hlawatsch (* 25.11.1870 Wien, † 17.12.1947 Wien). In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien. Serie A für Mineralogie und Petrographie, Geologie und Paläontologie, Anthropologie und Prähistorie. Band 107, 2005, S. 1–22 (zobodat.at [PDF; 778 kB; abgerufen am 2. Februar 2021]).
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Raspit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 1. Februar 2021.
- ↑ Localities for Raspite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 2. Februar 2021 (englisch).
- ↑ E. Wittich: Über das Vorkommen von Raspit in Nord-Amerika. In: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Band 63, 1911, S. 425–427 (Kurzfassung auf schweizbart.de [abgerufen am 2. Februar 2021]).
- ↑ Fundortliste für Raspite beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 2. Februar 2021.