Die Radtourenfahrt (RTF), früher auch Radtouristikfahrt, ist eine populäre Radsportveranstaltung für Freizeitsportler ohne Wettkampfcharakter. Sie wird im Rahmen des Breitensportangebotes des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) organisiert. Die Teilnehmer können dabei ausgeschilderte Strecken zwischen in der Regel 41 und 170 km Länge im öffentlichen Verkehrsraum unter Beachtung der Straßenverkehrsordnung absolvieren. Es dürfen dabei seitens des Veranstalters keine Zeiten oder Platzierungen ermittelt werden.
Abzugrenzen sind die Radtourenfahrten von Jedermannrennen, bei denen der Wettkampfcharakter im Vordergrund steht.
Organisation
Ausgerichtet wird eine Radtourenfahrt von einem Radsportverein. Dieser muss dazu gewisse Kriterien des BDR (insbesondere die Generalausschreibung) erfüllen sowie eine behördliche Genehmigung erhalten. Die vom Veranstalter angebotenen Strecken werden ausgeschildert. Außerdem kann der Veranstalter an den Kontrollstellen (s. u.) Getränke und einen Imbiss anbieten, was regelmäßig der Fall ist.
Ausgetragen werden kann eine Fahrt an einem Wochenend- oder Feiertag im Zeitraum von ca. Mitte März bis Mitte Oktober. Das Startfenster für die Teilnehmer ist meist zweistündig am Morgen oder Vormittag.
Für die Teilnahme darf der Veranstalter ein Startgeld von den Teilnehmern verlangen. Dieses beträgt (Stand 2017) für BDR-Mitglieder meist 4 € (maximal 7 €) und für Nichtmitglieder meist 6 €.
Abhängig von den Vorschriften des jeweiligen Landesradsportverbandes ist in aller Regel das Tragen einer Rückennummer durch den Teilnehmer bei einer Radtourenfahrt Pflicht.
Punktesystem
Für das erfolgreiche Zurücklegen einer ausgeschilderten Strecke bei einer RTF wird der Teilnehmer mit Punkten belohnt:
- 1 Punkt für 40 – 69 km
- 2 Punkte für 70 – 109 km
- 3 Punkte für 110 – 149 km
- 4 Punkte für 150 – 199 km
- 5 Punkte für ab 200 km
- 6 Punkte für Veranstaltungen des Radmarathoncups Deutschland
BDR-Mitglieder, die eine RTF-Wertungskarte besitzen, können diese Punkte damit sammeln und am Jahresende dafür eine Prämie vom BDR erhalten, sofern eine Mindestpunktzahl erfahren worden ist. Um sicherzustellen, dass ein Teilnehmer eine Strecke auch tatsächlich abgefahren ist, werden an geeigneten Streckenabschnitten Kontrollstellen eingerichtet, an denen der Teilnehmer einen Stempel auf seine Kontrollkarte erhält.
Kategorien des Breitensports im BDR
Das Breitensport-Spektrum des BDR umfasst die folgenden Angebote:
- RTF-Formel A (Ausdauer): Umfasst Strecken zwischen 41 und 170 km. Dies sind RTFs im engeren Sinne.
- Radmarathon: Wie RTF-Formel A, jedoch mit einer Mindestlänge von 200 km.
- Radmarathon Cup Deutschland: Serie aus 16 jährlich neu ausgewählten, meist besonders anspruchsvollen Radmarathons.
- Etappenfahrt: Geführte Radtourenfahrt, deren Strecke in mehreren Tagesabschnitten absolviert wird.
- Permanente Radtourenfahrt: Radtourenfahrt, die jederzeit anhand einer Streckenbeschreibung absolviert werden kann.
- Permanente Etappenfahrt: Vernetzung von mehreren Permanenten Radtourenfahrten.
RTF – Formel A
Formel A (Ausdauer) nennt sich der bekannteste Zweig im Radtourenfahren. Hierbei werden an festgelegten Wochenend- oder Feiertagterminen verschiedene Touren der 5 Klassen (40–69, 70–109, 110–149, 150–199, 200 km und mehr) parallel auf einer Veranstaltung angeboten.
Gefahren wird auf ausgeschilderten Strecken mit Geschwindigkeiten, die Verkehrsbedingungen und Gruppendynamik bestimmen. Je nach Art und Beschaffenheit der Strecke fährt man mehrere Kontrollstellen an, die zwischen 20 und 40 km voneinander entfernt liegen. Dort wird die Startkarte abgestempelt und oftmals ein Getränk gereicht. Radtourenfahrten haben keine Sollzeiten und werden in der Regel als Rundfahrt durchgeführt, d. h. der Teilnehmer kommt zum Startort wieder zurück. Der Veranstalter setzt aus organisatorischen Gründen ein Zeitfenster am frühen Vormittag an und nennt Schlusszeiten, wann die Kontrollen absolviert sein müssen.
Mitglieder in einem Verein des Bundes Deutscher Radfahrer e. V. Landesverbands-Einzelmitglieder können eine sogenannte Wertungskarte lösen, in der die Punkte für eine erfolgreich beendete Radtourenfahrt eingetragen werden. Entsprechend den o. g. fünf Klassen gibt es je nach zurückgelegter Strecke 1, 2, 3, 4 oder 5 Punkte. Sind innerhalb einer Saison (Mitte März bis Mitte Oktober) von Frauen 15, von Männern 25 bzw. von Schülern 10 oder mehr Punkte gesammelt worden, bekommt man eine Jahresauszeichnung. Die dafür notwendige RTF-Wertungskarte können Mitglieder beim Verein oder Einzelmitglieder über ihren Landesverband erwerben.
Permanente Radtourenfahrten
Permanente Radtourenfahrten bieten – im Gegensatz zu den auf Wochenend- und Feiertage beschränkten A-Fahrten – die Möglichkeit, an jedem Tag der Woche eine beschriebene Tour zu fahren. Die Startzeit für diese zwischen 50 und 110 km langen Strecken kann man selber wählen. Startorte sind in der Regel Tankstellen oder Gaststätten, die auch die Streckenverläufe ausgeben, Startgebühr einnehmen und Wertungskartenpunkte eintragen. Die Landesverbände des BDR geben alljährlich einen Kalender aus, in dem alle RTF und Permanenten aufgeführt sind.
Etappenfahrten
Etappenfahrten sind geführte Radtourenfahrten, bei denen die ausgearbeitete Strecke über mehrere Tage verteilt in Abschnitten (Etappen) gefahren wird. In der Regel wird diese Fahrt im „Geschlossenen Verband“, also je nach Anzahl und Leistungsfähigkeit der Teilnehmer in einer oder mehreren Gruppen durchgeführt. In der Regel liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit dieser Etappenfahrten niedrig, orientiert sie sich doch an der Leistungsfähigkeit des schwächsten Gruppenmitglieds.
Anmerkungen
- Wenngleich eine Zeitnahme nicht gestattet ist, hat eine RTF einen ausgeprägt sportlichen Charakter: Die Teilnehmer erscheinen fast ausnahmslos mit Rennrädern, der Anteil an Vereinsfahrern ist hoch und die Durchschnittsgeschwindigkeit liegt bei vielen Teilnehmern deutlich jenseits der 30 km/h. (Bei manchen Veranstaltungen wird parallel eine Country-Tourenfahrt (CTF) angeboten, die über Waldwege geführt, mit Cross-Rennrädern und vor allem Mountainbikes absolviert wird.)
- Auch wenn die Veranstalter vom BDR nicht zum Bereitstellen einer Verpflegung verpflichtet sind, bieten doch die meisten eine an. Neben Granulat-Zitronentee und Bananen gibt es oft häufiger Schmalzbrote, Waffeln, Obst, Joghurt, Kuchen oder Gummibärchen. Berühmt sind hier der Hochsauerlandklassiker in Eslohe, der auf seiner Kontrollstelle auf dem Kahlen Asten zusätzlich Suppe und ein reichhaltiges Kuchenbuffet anbietet (Stand: 2006) oder die RTF von Hamburg-Lohbrügge „Bis vor Lübecks Tore“ des Betriebssportverbandes Hamburg, an deren Kontrollstelle in Friedrichsruh es neben anderen Spezialitäten sogar Lachsschnittchen gibt.
- Die mit Abstand meisten RTFs finden in Nordrhein-Westfalen statt (2006: 233, dies entspricht etwa 3–4 RTFs pro Wochenend- oder Feiertag). Die Teilnehmerzahlen liegen abhängig von Wetter und Startort bei ca. 100 – 1500.
- Obwohl ein i. d. R. zweistündiges Startfenster existiert, findet sich fast immer der Großteil der Teilnehmer schon zu Beginn des Startfensters am Start ein. Dies führt oft zur Bildung großer Gruppen vom Start weg, was aufgrund der daraus resultierenden Verkehrsbehinderungen von den genehmigenden Behörden nicht gerne gesehen wird. Einige Veranstalter begleiten deshalb die Kopfgruppe mit einem speziell gekennzeichneten Führungsfahrzeug oder sie lassen die Teilnehmer nur in kleineren Gruppen starten.
- Manche RTFs (beispielsweise Greifswald, Pasewalk) werden deshalb im geschlossenen Verband mit polizeilicher Verkehrssicherung gefahren. Diese geführten Touren sind als Trainingsfahrten oder für RTF-Einsteiger zu empfehlen.
- Startorte sind meist Schulen, Stadthallen oder ähnliche öffentliche Gebäude. Diese bieten ausreichend Parkraum, genügend Platz für die Anmeldung, Kuchenbuffets, Grillstände und Radhändler, die ihre Waren anbieten, sowie die benötigten sanitären Einrichtungen.
- Viele Veranstalter vergeben Pokale / Preise für den Teilnehmer mit der weitesten Anreise, ältesten Teilnehmer, Verein mit den meisten Teilnehmern.
- Der RTC Köln ist Mitbegründer der Radtourenfahrten. Erich Fischer vom RTC Köln wurde der erste Radtourenfachwart beim Bund Deutscher Radfahrer.