Als Analepse (von griechisch ἀνάληψις análēpsis, deutsch ‚Analépse, Wiederaufnahme, Wiederherstellung‘, lateinisch analépsis), auch Rückblende, Rückwendung oder Retrospektive, im Englischen Flashback, bezeichnet man bei Film- und Fernsehproduktionen sowie in der Literatur eine Erzähltechnik: Ereignisse, die zeitlich vor dem bisher Erzählten stattgefunden haben bzw. haben müssten, werden erst im Nachhinein erzählt. Die Analepse ist eine Form des anachronischen Erzählens; ihr Gegenstück ist die Prolepse.
Literatur
Der Begriff Rückwendung stammt vom Literaturwissenschaftler Eberhard Lämmert, Gérard Genette spricht von Analepse – beide Begriffe meinen aber das gleiche. Lämmert definiert zwei Arten der Rückwendung:
- Aufbauende Rückwendung: Nach einem direkten, plötzlichen Einstieg wird im Nachhinein erzählt, wie es zu dieser Situation gekommen ist. Die aufbauende Rückwendung wird oft am Anfang von Erzählungen verwendet, man spricht dann auch von einem „offenen Einstieg“.
- Auflösende Rückwendung: Erst nach einer längeren Erzählung wird etwas berichtet, was zeitlich vor dieser Erzählung liegt. Dadurch erscheint das bisher Erzählte in einem neuen Licht. Ein berühmtes Beispiel hierfür ist Nathan der Weise von Gotthold Ephraim Lessing: Erst am Ende stellt sich heraus, dass einige der Figuren, die eigentlich rivalisierenden Religionen angehören, miteinander verwandt sind, aber als Kinder voneinander getrennt wurden. Auch die klassische Krimi-Auflösung ist eine auflösende Rückwendung.[1]
Film
Um in Filmproduktionen dem Zuschauer die Rückblende deutlich zu machen, wird diese oft optisch abgesetzt, durch die Verwendung von Schwarzweiß, eine andere Farbgebung, Änderung der Schärfe oder der Belichtung. Das Gegenstück zur Rückblende ist die Vorausblende.
Beispiele für Filmwerke, die mit Rückblenden arbeiten, sind:
- Casablanca (1942): Die Episode: Rick und Ilsa in Paris.
- Goldenes Gift (1947): Die lange Vorgeschichte: Jeff Markhams Liaison mit Kathie Moffat – die Vergangenheit, die Jeff Bailey wieder einholt.
- Die Rechnung ging nicht auf (1956): Der mehrmalige Beginn der Handlung aus der Perspektive mehrerer handelnder Figuren.
- Hiroshima, mon amour (1959): Die Szenen in Nevers.
- Schießen Sie auf den Pianisten (1960): Die Zeit, als Charlie Kohler noch der bekannte Konzertpianist Edouard Saroyan war; die Zeit seiner Ehe mit Thérésa.
- Fight Club (1999): Beinahe der gesamte Film ist eine Rückblende nach der Szene im Hochhaus.
Siehe auch
Weblinks
- „Analepse“ in LiGo – Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe online
- „Rückblende“ in Lexikon der Filmbegriffe, uni-kiel.de
Einzelnachweise
- ↑ Matías Martínez, Michael Scheffel: Einführung in die Erzähltheorie. 11, überarbeitete Auflage, C.H.Beck, München 2019, ISBN 978-3-406-74283-5, S. 34–42