Baron Otto Magnus von Stackelberg (* 3. Julijul. / 14. Juli 1786greg.[1] in Reval; † 20. Märzjul. / 1. April 1837greg.[2] in Sankt Petersburg) war ein schwedischstämmiger, deutschbaltischer Archäologe, Maler und Schriftsteller.
Leben
Otto Magnus von Stackelberg wurde als Sohn von Oberst Otto Christian Engelbrecht von Stackelberg und dessen Frau Anna Gertruda Düker geboren. Die Familie lebte auf ihrem Gutshof Fähna. Anders als seine Brüder zeigte er mehr Vorliebe und Talent für musische Dinge als für die damals bei jungen Männern beliebten Beschäftigungen wie Reiten, Fechten und Jagen. Seinen Vater verlor er schon 1792. Als seine Mutter sein Talent in frühen Zeichnungen erkannte, holte sie den deutschen Maler Reus als Lehrer nach Fähna. Dennoch war für Stackelberg eine diplomatische Laufbahn vorgesehen.
1803 ging Stackelberg zunächst an die Universität Göttingen. Von dort aus machte er mit zweien seiner Brüder eine Reise nach Zürich, die für seinen weiteren Lebensweg prägend wurde. Er sah sich Bilder von Johann Caspar Lavater und Salomon Gessner an und besuchte Johann Heinrich Pestalozzi. Den Winter verbrachten sie in Genf. Danach bereiste er mit seinem Bruder Karl Italien. Dort reifte der Entschluss, sich der Kunst zu widmen. 1804 folgte ein Aufenthalt zum Malereistudium in Dresden. Im folgenden Jahr setzte er seine Studien in Moskau fort, wo er sich weiter auf seine Diplomatenkarriere vorbereitete. Doch musste seine Mutter einsehen, dass ihr Sohn nicht für den Diplomatenberuf geeignet war. Von nun an widmete sich Stackelberg der Kunst und seinem immer stärker werdenden Interesse an der Archäologie.
Es folgte eine zweite Studienzeit in Göttingen und zwischen 1806 und 1808 an der Dresdner Galerie. Im Herbst 1808 brach er zu einer zweiten Italienreise auf. Dieses Mal begleitete ihn Ernst Heinrich Toelken. Auf dem Weg nach Italien traf er in Bayreuth Jean Paul und besuchte die Schleißheimer Galerie in München. 1809 erreichte er Rom. Dort lernte er den Archäologen Carl Haller von Hallerstein, den dänischen Archäologen Peter Oluf Brøndsted und den dänischen Altphilologen Georg Koës kennen, zu denen er Freundschaften aufbaute. Bröndsted und Koës überredeten Stackelberg, sie auf ihrer Reise nach Griechenland zu begleiten. Gemeinsam wollten sie nach Abschluss der Reise eine archäologische Publikation vorlegen, zu denen Stackelberg die Landschaftsbilder beisteuern sollte.
Die Reise nach Griechenland war lang und abenteuerlich. Sie brachen Juli 1810 in Neapel auf und kamen im September desselben Jahres schließlich im Piräus an. Weitere Teilnehmer der Expedition waren neben seinen drei Freunden aus Rom der deutsche Maler Jakob Linckh, der damalige österreichische Konsul in Griechenland Georg Christian Gropius sowie die britischen Architekten und Archäologen Charles Robert Cockerell und John Foster. Die Gruppe führte an mehreren Orten in Griechenland Ausgrabungen durch. 1812 wurden Teile des Apollon-Tempels von Bassae bei Phigalia in Arkadien freigelegt. Der von der Expedition freigelegte Fries befindet sich heute im Britischen Museum in London. Außerdem entdeckte die Expedition den Tempel des panhellenischen Zeus in Ägina
Im Herbst 1814 kehrte Stackelberg ins Baltikum zu seiner Familie zurück. 1816 reiste er erneut nach Italien und forschte als Kunsthistoriker zur Antike und zum Mittelalter. In Rom begründete er mit Eduard Gerhard, August Kestner und Theodor Panofka 1824 die Römischen Hyperboraeer und war 1829 Mitbegründer des Instituto di corrispondenza archeologica. Beides waren Vorläufer und Keimzellen des späteren Deutschen Archäologischen Instituts. 1826 veröffentlichte von Stackelberg sein archäologisches Werk Der Apollotempel zu Bassae in Arcadien und die daselbst ausgegrabenen Bildwerke, zu dem auch seine Zeichnungen gehörten. Von seinem damaligen Lebensmittelpunkt Rom aus unternahm Stackelberg weitere Reisen nach Griechenland, in die Türkei und innerhalb Italiens. In Etrurien entdeckte er 1827 die etrurischen Hypogäen von Corneto.
1828 verließ Stackelberg Rom und Italien für immer. Von 1829 bis 1833 bereiste er nochmals Deutschland – er traf dort unter anderem auf Johann Wolfgang von Goethe –, England, Frankreich und die Niederlande. Seit 1835 lebte er wieder in Riga. Seine Nichte Natalie von Stackelberg veröffentlichte 1882 seine Biographie auf Grundlage der Tagebücher und Briefe Stackelbergs. Gerhart Rodenwaldt bezeichnete Stackelberg in einer von ihm verfassten Biografie als „Entdecker der griechischen Landschaft“.
Schriften
- mit August Kestner: [Unedierte Gräber von Corneto]. [nicht publiziert; Druckvorlage von 1827/28]. Tafeln, Digitalisat (ARACHNE)
- Costumes et usages des peuples de la Grèce moderne. Rom 1825–1826.
- Trachten und Gebräuche der Neugriechen. Berlin 1831. Digitalisat Österreichische Nationalbibliothek = google books.
- Costumes et Usages des Peuples de la Grèce Moderne: d’après les dessins exécutés sur les lieux en 1811. Paris [ca. 1835]. 20 kolorierte Tafeln ohne Text (Raubdruck?) Digitalisat Bayerische Staatsbibliothek.
- Der Apollotempel zu Bassae in Arcadien und die daselbst ausgegrabenen Bildwerke. Rom 1826. Digitalisat (HEIDI)
- La Grèce. Vues pittoresques et topographiques, dessinus par O. M. baron de Stackelberg. Paris 1830. Digitalisat (HEIDI)
- Die Gräber der Griechen in Bildwerken und Vasengemälden. 2 Bände. 1835.
- 2. Auflage, in einem Band, unter dem Titel Die Graeber der Hellenen. Berlin 1837 Digitalisat (HEIDI)
- Stackelberg[3] oder Peter Oluf Brøndsted gelten als Urheber der anonymen Schrift: Quelques mots sur une diatribe anonyme intitulée "De quelques voyages récens dans la Grèce à l’occasion de l’expédition scientifique de la Morée", Paris 1829
Literatur
- Johann Friedrich von Recke, Karl Eduard Napiersky: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen, Band 4, Johann Friedrich Steffenhagen und Sohn, Mitau 1832, S. 253–256.
- Johann Friedrich von Recke, Theodor Beise, Karl Eduard Napiersky: Allgemeines Schriftsteller- und Gelehrten-Lexikon der Provinzen, Nachträge und Fortsetzungen, Teil 1, Johann Friedrich Steffenhagen und Sohn, Mitau 1859, S. 207.
- Friedrich August Schmidt, Bernhard Friedrich Voigt: Neuer Nekrolog der Deutschen, Fünfzehnter Jahrgang 1837, Teil 2, Weimar 1839, S. 1226.
- Carl Hoheisel: Otto Magnus Freiherr v. Stackelberg, als Mensch, Künstler und Gelehrter. In: Baltische Monatsschrift, Band 8, 1863, S. 385–442 und 475–535.
- Natalie von Stackelberg: Otto Magnus von Stackelberg. Schilderung seines Lebens und seiner Reisen in Italien und Griechenland. Nach Tagebüchern und Briefen dargestellt. Carl Winter, Heidelberg 1882.
- Stackelberg, Otto Magnus, Freiherr von. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 15, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 210.
- Joseph Girgensohn: Stackelberg, Otto Magnus Freiherr von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 35, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 340–353.
- Stackelberg, Otto Magnus. In: Theodor Westrin, Ruben Gustafsson Berg, Eugen Fahlstedt (Hrsg.): Nordisk familjebok konversationslexikon och realencyklopedi. 2. Auflage. Band 26: Slöke–Stockholm. Nordisk familjeboks förlag, Stockholm 1917, Sp. 876 (schwedisch, runeberg.org).
- Gerhart Rodenwaldt: Otto Magnus von Stackelberg. Der Entdecker der griechischen Landschaft 1786–1837. Deutscher Kunstverlag, Berlin / München 1957.
- Wilhelm Maria Barth, Max Kehrig-Korn: Die Philhellenenzeit, Max Hueber, München 1960, S. 15.
- Carola L. Gottzmann, Petra Hörner: Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St. Petersburgs. De Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019338-1, S. 1223–1225.
Weblinks
- Literatur von und über Otto Magnus von Stackelberg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Baltische Historische Kommission (Hrsg.): Eintrag zu Stackelberg, Otto Magnus, Frh. v.. In: BBLD – Baltisches biografisches Lexikon digital
- Literaturliste im Online-Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin
- Biografie auf der Website der Familie Stackelberg
- Biografie. Biografische Enzyklopädie (russisch)
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag im Taufregister der Olaikirche zu Reval (estnisch: Tallinna Oleviste kirik)
- ↑ Nach anderen Angaben starb er am 23. Märzjul. / 4. April 1837greg. bzw. 27. Märzjul. / 8. April 1837greg., siehe Neuer Nekrolog der Deutschen (1839) und Seite 528 der Biografie von C. Hoheisel (1863) im Literaturverzeichnis.
- ↑ Joseph Girgensohn: Stackelberg, Otto Magnus Freiherr von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 35, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 349.
Personendaten | |
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NAME | Stackelberg, Otto Magnus von |
KURZBESCHREIBUNG | schwedischstämmiger, deutschbaltischer Archäologe, Maler und Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 14. Juli 1786 |
GEBURTSORT | Reval |
STERBEDATUM | 1. April 1837 |
STERBEORT | Sankt Petersburg |