Martin Alexander Hess (* 11. Januar 1971 in Hechingen) ist ein deutscher Politiker (AfD) und seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Dort ist er stellvertretender innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion.[1]
Werdegang
Hess wuchs in Hechingen im Zollernalbkreis auf.
Er absolvierte nach dem Abitur ab 1990 eine Ausbildung bei der Landespolizei Baden-Württemberg.[2] Von 1993 bis 2010 verrichtete er für diese seinen Dienst in verschiedenen Positionen im operativen Bereich. Parallel absolvierte er von 2001 bis 2004 ein Studium zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) Polizei.[3] Ab 2010 arbeitete er als Dozent in der Aus- und Fortbildung von Polizeibeamten, zuletzt ab 2014 am Böblinger Institut für Fortbildung der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg.[4][5] Zur Wahrnehmung seines Bundestagsmandats wurde er hier 2017 außer Dienst gestellt.[2]
Politische Laufbahn
Partei
Martin Hess trat im April 2013 in die Alternative für Deutschland ein. In einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung gab er als Grund hierfür an, dass er den Umgang der europäischen Staaten mit den durch die Euro-Krise in Not geratenen Ländern abgelehnt habe und stattdessen die Einhaltung der Nichtbeistands-Klausel bevorzugt hätte.[4]
In der Partei hatte Hess zunächst auf Orts- und Kreisebene verschiedene Ämter inne. Von März 2017 bis Februar 2019 war er stellvertretender Sprecher der AfD Baden-Württemberg.[6] Hess gehört neben weiteren AfD-Bundestagsabgeordneten und Bundesvorstandsmitgliedern einer im September 2018 gebildeten AfD-Arbeitsgruppe an, die Strategien entwickeln soll, um eine Beobachtung der Partei oder einzelner Mitglieder und Gruppierungen durch die Verfassungsschutzämter abzuwenden.[7]
Hess kandidierte bei der Wahl zum Landesvorsitzenden der AfD Baden-Württemberg im Februar 2019, unterlag aber seinem Kontrahenten Dirk Spaniel mit 341 zu 371 Stimmen.[8] Kurz vor dem Wahlparteitag wurde in einer anonym versandten E-Mail an den parteiinternen Mitgliederverteiler darüber spekuliert, ob Hess vom Verfassungsschutz in die Partei „eingeschleust“ worden sei. Hess erklärte gegenüber der dpa, diese „unwahre(n) und rufschädigende(n) Behauptungen“ hätten maßgeblich zu seiner Niederlage beigetragen und ihn zu rechtlichen Schritten gegen den Urheber veranlasst.[9][10] Auch der AfD-Landesvorstand kündigte eine Strafanzeige an.[11]
Bundestagsmandat
Hess wurde im November 2016 von der AfD Baden-Württemberg für die Bundestagswahl 2017 auf Listenplatz 7 gewählt und trat als Direktkandidat im Bundestagswahlkreis Ludwigsburg an.[3] Hess hätte im Wahlkreis Neckar-Zaber antreten können; da dieser laut Hess jedoch mit Marc Jongen besetzt war, wechselte er in den Wahlkreis Ludwigsburg.[4] Bei der Wahl war Hess der einzige Direktkandidat der AfD in Baden-Württemberg, der in seinem Wahlkreis mehr Erststimmen erhielt als seine Partei Zweitstimmen in diesem Wahlkreis.[12] Im 19. Deutschen Bundestag gehörte Hess als ordentliches Mitglied dem Ausschuss für Inneres und Heimat an; er war zudem stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss.[2] Nach der Bundestagswahl 2021 zog er über Platz 2 der Landesliste in den 20. Bundestag ein.[13] Im Dezember 2021 nominierte die AfD ihn als Vorsitzenden des Bundestagsausschuss für Inneres und Heimat. Bei der geheimen Wahl am 15. Dezember 2021 stimmten 6 für und 40 gegen ihn.[14][15][16][17][18]
Positionen
Grenzkontrollen
Hess betrachtet die Grenzpolitik im Zuge der Flüchtlingskrise in Europa ab 2015 als Hauptursache für die Verschlechterung der Sicherheitslage.[19] Zufrieden zeigte er sich 2017 zwar, dass die Bundesregierung die Flüchtlingspolitik inzwischen restriktiver als noch 2015 handhabe.[4] Gleichwohl sprach sich Hess 2018 für weitere Verschärfungen aus: Er forderte, die Grenzübergänge wieder dauerhaft zu kontrollieren und Personen ohne Einreiselegitimation zurückzuweisen.[20] Zudem setzt sich Hess dafür ein, Geldleistungen für Asylbewerber durch Sachleistungen zu ersetzen. Weiterhin bemängelte er 2017 die Aussetzung der Drittstaatenregelung im Zuge der Flüchtlingskrise.[4]
Gefährdergewahrsam
Hess forderte mehrmals, islamistische „Gefährder“ schneller abzuschieben und bis zur Abschiebung in Gewahrsam zu nehmen.[4] Er behauptete, anders lasse sich die Sicherheit der Bevölkerung nicht gewährleisten; die Sicherheitsbehörden könnten Gefährder nicht lückenlos überwachen.[21]
Linksextremismus
Hess plädierte (unter anderem Anfang 2020) für einen „antiextremistischen Grundkonsens in Politik und Gesellschaft“, der extremistische Strömungen aller Richtungen ablehnt und auch keine linksextremen Aktivitäten duldet.[22] Hess beantragte 2019 im Bundestag, das vom Verfassungsschutz beobachtete Internetportal Indymedia zu verbieten. Er forderte ein Verbot der Interventionistischen Linken.[23] Er warnte nach gewalttätigen Zusammenstößen von Linksautonomen mit der Polizei in Connewitz am Neujahrstag 2020 vor einer Verharmlosung des Linksextremismus.[24]
Waffengesetz
Hess sprach sich 2020 im Bundestag dagegen aus, Messerverbotszonen einzurichten und das Waffenrecht zu verschärfen.[25] Er bezeichnete solche Maßnahmen zur Bekämpfung von Waffenmissbrauch als „politische(n) Aktionismus“, da er befürchtete, potenzielle Täter hielten sich ohnehin nicht an entsprechende Gesetze.[26]
Privates
Hess lebt in Bietigheim-Bissingen, ist konfessionslos, ledig[2] und hat einen Sohn.[27]
Weblinks
- Website www.martin-hess-klartext.de
- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Abgeordnetenprofil von Martin Hess auf abgeordnetenwatch.de
Einzelnachweise
- ↑ Deutscher Bundestag - Martin Hess. Abgerufen am 9. November 2021.
- ↑ a b c d Abgeordnetenprofil von Martin Hess. Deutscher Bundestag, abgerufen am 26. Februar 2019.
- ↑ a b abgeordnetenwatch.de | Profil von Martin Hess, AfD – Bundestag. Abgerufen am 26. September 2017.
- ↑ a b c d e f Verena Mayer: Wahl 2017: Martin Hess (AfD): Ein sicheres Land für den geliebten Sohn. In: Stuttgarter Nachrichten. Abgerufen am 7. März 2019.
- ↑ Abgeordnete aus dem Südwesten: Diese AfD-Politiker ziehen nach Berlin stuttgarter-nachrichten.de, am 26. September 2017, am 26. September 2017
- ↑ AfD: Drei weitere Kandidaturen für den Landesvorstand. In: SWR Aktuell. Abgerufen am 7. März 2019.
- ↑ Severin Weiland: Mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz: AfD prüft sich lieber selbst. In: Spiegel Online. 13. September 2018 (spiegel.de [abgerufen am 23. Juli 2019]).
- ↑ Parteitag in Heidenheim: Südwest-AfD bleibt mit neuer Spitze tief gespalten. In: swp.de. 24. Februar 2019, abgerufen am 29. Januar 2020.
- ↑ Badische Zeitung: Intrige gegen Bundestagsabgeordneten Hess erschüttert Südwest-AfD - Südwest - Badische Zeitung. Abgerufen am 23. Juli 2019.
- ↑ dpa: Kampagne gegen Martin Hess: Intrige gegen Bundestagsabgeordneten erschüttert Südwest-AfD. In: Die Zeit. 5. April 2019, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 23. Juli 2019]).
- ↑ BW-AfD will nach Mailattacke gegen Hess Anzeige stellen. In: SWR.de. Abgerufen am 29. Januar 2020.
- ↑ Bundeswahlleiter: Ergebnisse Baden-Württemberg - Bundestagswahl 2017. Abgerufen am 7. März 2019.
- ↑ Gewählte in Landeslisten der Parteien in Baden-Württemberg - Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 9. November 2021.
- ↑ AfD-Kandidat im Innenausschuss gescheitert. tagesschau.de, 15. Dezember 2021, abgerufen am 15. Dezember 2021.
- ↑ AfD-Kandidat Martin Hess fällt bei Wahl zum Vorsitz des Innenausschusses durch. spiegel.de, 15. Dezember 2021, abgerufen am 15. Dezember 2021.
- ↑ Helene Bubrowski, Johannes Leithäuser: Innenausschuss lehnt AfD-Politiker Hess als Vorsitzenden ab (faz.net vom 15. Dezember 2021)
- ↑ faz.net / AFP: Linken-Politikerin leitet vorerst den Innenausschuss
- ↑ Thomas Holl: Notbremse gezogen (Kommentar)
- ↑ Uwe Mollenkopf: Bericht zum Landesparteitag der AfD im Februar 2019. In: Bietigheimer Zeitung. 16. Februar 2019, abgerufen am 7. März 2019.
- ↑ Matthias Kamann: Grenzkontrollen: CDU-Abgeordnete enthalten sich bei AfD-Antrag. 16. März 2018 (welt.de [abgerufen am 7. März 2019]).
- ↑ WELT: Islamistische Gefährder: Zahl in Deutschland sinkt trotz Abschiebungen nicht. 6. März 2019 (welt.de [abgerufen am 7. März 2019]).
- ↑ Sandra Schmid: Deutscher Bundestag - AfD will „antiextremistischen Grundkonsens“. In: Textarchiv des Deutschen Bundestages. Abgerufen am 29. Januar 2020.
- ↑ Ricarda Breyton: Bundestag: AfD bringt Antrag gegen Linksextremismus ein. 18. Januar 2019 (welt.de [abgerufen am 7. März 2019]).
- ↑ Polizist in Leipzig attackiert und schwer verletzt. In: Merkur. 1. Januar 2020, abgerufen am 29. Januar 2020.
- ↑ Katharina Hamberger: Mehr Kontrolle und Überwachung - Bundestag verschärft Waffenrecht. In: Deutschlandfunk. Abgerufen am 29. Januar 2020.
- ↑ Carsten Hoffmann: Überprüfung und Meldepflicht: Mehr Kontrolle und Überwachung: Waffenrecht wird verschärft. In: General-Anzeiger Bonn. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 29. Januar 2020; abgerufen am 29. Januar 2020. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Martin Hess: Martin Hess MdB | Bundestagsabgeordneter der AfD, Wahlkreis Ludwigsburg. Abgerufen am 14. Dezember 2021 (Zitat der Seite: "Zuhause bin ich in Ludwigsburg. Am liebsten bin ich mit meinem Sohn im Blühenden Barock, der Parkanlage, die das Ludwigsburger Schloss umgibt.").
Personendaten | |
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NAME | Hess, Martin |
ALTERNATIVNAMEN | Hess, Martin Alexander (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Polizist, Politiker (AfD), MdB |
GEBURTSDATUM | 11. Januar 1971 |
GEBURTSORT | Hechingen |