Der Linolschnitt ist eine grafische Technik, die im Hochdruckverfahren arbeitet und im Prinzip dem Holzschnitt gleicht. Wie im Holzschnitt wird daher auch hier in eine Linoleumplatte mit speziellem Werkzeug ein Negativmuster in das normalerweise relativ feste Linoleum geschnitten. Das Material lässt sich leicht und in jede Richtung schneiden. Das fertige Negativmuster wird mit Farbe überwalzt und dann auf Papier gedruckt. Dabei wird die an den erhabenen Stellen haftende Farbe auf das Papier übertragen. Wie der Holzschnitt wurde er auch von expressionistischen Künstlern geschätzt. Maurice de Vlaminck, Christian Rohlfs, Henri Matisse, M. C. Escher und Pablo Picasso haben mit Linolschnitt gearbeitet.
Merkmale des Linolschnitts
Der Linolschnitt zeigt klare Flächen und glatte Umrisse. Es fehlt die durch die Maserung des Materials bedingte Struktur der Farbflächen, wie sie im Holzschnitt zu erkennen ist. Sowohl Weißlinienschnitt, Flächenschnitt als auch Schwarzlinienschnitt sind möglich. Bei dünnem Einfärben zeigt er aufgrund des gelegentlich porösen Materials gesprenkelte Strukturen. Beim Farblinolschnitt hat der Abzug oft dicke, ledrig-steif wirkende und zuweilen grießige Strukturen: Solche Blätter dürfen nicht gerollt werden, da die Farbflächen, die auf dem Papier liegen, brechen können. Bevor moderne Satztechniken die maschinelle Gestaltung großflächiger Schriftzüge ermöglichten, wurde er auch von Schriftsetzern gelegentlich zur Gestaltung von Reklamedrucken und Plakaten eingesetzt.
Empfohlenes Werkzeug und Material
Für den Linolschnitt benötigt man einen Schraubhalter mit verschiedenen Schneideklingen, ein Konturmesser, einen Geißfuß, einen Flachausheber, ein Hohleisen, eine Druckpresse, Linoleum, Farbe, Farbroller und Papier. Es ist aber auch möglich mit Küchenutensilien, wie zum Beispiel einem Kochlöffel, zu improvisieren. Dieser dient zum händischen Abreiben der Farbe und ersetzt eine – mitunter sehr teure – Druckpresse.
Schnitttechnik
Als Werkzeuge dienen Schnitzmesser, Hohleisen und Geißfuß (U- und V-förmige Klingen) in verschiedenen Stärken. Das Linoleum lässt sich leichter schneiden, wenn es etwas erwärmt wird. Noch leichter und feinliniger lassen sich Reste von PVC-Bodenbelägen schneiden. Die Kanten der stehengebliebenen Fläche dürfen nicht unterhöhlt sein. Sie würden sonst beim Drucken nachgeben oder sogar ausbrechen.
Drucktechnik
Als Druckfarbe sind ölbasierende Farben üblich, aber es gibt auch wasserlösliche Farben (Japanaqua) im Fachhandel zu kaufen. Mit einer Gummiwalze wird zunächst auf einer glatten Oberfläche (etwa einer Glasplatte) die Farbe verteilt und gleichmäßig aufgenommen. Dann wird die Platte eingefärbt, wobei auf eine gleichmäßige Verteilung zu achten ist. Es wird auf Papier gedruckt, das die Farbe gut annimmt, aber auch das Drucken auf Stoff und andere saugfähige Untergründe ist möglich.
Farblinolschnitt
Durch das Übereinanderdrucken von zwei oder mehr Farben können farbige Linolschnitte geschaffen werden. Mit transparenten Farben lassen sich im Übereinanderdruck auch Zwischenfarbtöne durch Mischung erzeugen (subtraktive Farbmischung). Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Verfahren entwickelt.
- Partielles Einfärben einer einzigen Platte mit mehreren Farben
- Passgenaues Drucken mit mehreren, verschieden eingefärbten Platten
- Eliminationsdruck
Eliminationsdruck
Hierbei wird mit mehreren Farben und nur mit einer Platte gedruckt. Nach dem Druck einer Farbe wird die Platte weiter bearbeitet und mit der nächsten Farbe gedruckt, so dass immer mehr von der Druckplatte abgetragen wird. Man spricht deshalb auch von Druck mit verlorener Platte oder Reduktionsdruck. An den Stellen, an denen die Druckoberfläche entfernt wurde, bleiben die jeweils vorhergehenden Farben sichtbar.
Unter anderen bekam Pablo Picasso diese Technik von seinem langjährigen Drucker Hidalgo Arnéra empfohlen. Da Picasso oft an mehreren Bildern gleichzeitig arbeitete, hatte er oft Schwierigkeiten, die verschiedenen Druckplatten für eine mehrfarbige Grafik passgenau zu schneiden. Mit der Eliminationstechnik entfiel dieses Problem.
Milchtütendruck
Der Milchtütendruck ist eine besonders einfache Variante, geeignet für Kinder. Dafür wird eine viereckige Tetra-Pak-Milchtüte aufgeschnitten auf der Innenseite wird das Motiv aufgezeichnet oder von einer Vorlage abgepaust. Mit einem Kugelschreiber oder einem Holzstab mit Rundspitze wird das Motiv so nachgezeichnet, dass sich im Karton Rillen bilden. Die Linoldruckfarbe wird wie beim Linoldruck mit einer Hartgummirolle auf einer Glasplatte verteilt und dünn auf die Walze aufgenommen und ebenso dünn auf der Milchtüte verteilt. Ein Papier auf die eingefärbte Milchtüte mit einer sauberen zweiten Hartgummiwalze angepresst ergibt einen Hochdruck. Wenn man die Rillen mit einem Kunststoffspachtel oder einer alten Kreditkarte mit Farbe füllt und anschließend die Flächen mit etwas Küchenpapier säubert, erhält man ein Tiefdruckverfahren. Statt der Hand-Hartgummiwalze kann man auch eine Pastamaschine zweckentfremden und das Papier und die Milchtüte mit Küchenpapier beidseitig abdecken und außen beidseitig ein dünnes Stück Filz auflegen und das ganze Paket durch die Pastamaschine drehen.[1]
Literatur
- Astrid Clasen: Der Linolschnitt. Von der Idee zum fertigen Druck. Augustus-Verlag, Augsburg 1989, ISBN 3-8043-2728-1.
- Walter Koschatzky: Die Kunst der Graphik. Technik, Geschichte, Meisterwerke (= dtv 1120). 3. Auflage, 33.–42. Tausend. Deutsche Taschenbuch-Verl, München 1977, ISBN 3-423-01120-3.
- Lothar Lang: Der Graphiksammler. Ein Buch für Sammler und alle, die es werden wollen. Henschelverlag Kunst und Gesellschaft, Berlin 1979.
- Christina Cohen-Cossen: Holz- und Linolschnitt. Geschichte, Techniken und Projekte. Haupt, Bern u. a. 2009, ISBN 978-3-258-07497-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Milchtütendruck mit Pastamaschine (Video 4'36", englisch).