In der Mathematik, genauer der Algebra, nennt man eine Äquivalenzrelation auf einer algebraischen Struktur eine Kongruenzrelation, wenn die fundamentalen Operationen der algebraischen Struktur mit dieser Äquivalenzrelation verträglich sind.
Eine Äquivalenzrelation auf einer Menge
hat nicht notwendigerweise etwas mit der Struktur zu tun, die darauf definiert ist. Speziell in der Algebra sind jedoch solche Äquivalenzrelationen
von besonderem Interesse, deren (surjektive) Quotientenabbildung
![{\displaystyle \mathrm {q} _{\equiv }\colon \,A\twoheadrightarrow A/{\equiv },\,a\mapsto [a]_{\equiv },}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6baacc296904b19f7720826a230001eaa08212ee)
mit der algebraischen Struktur
verträglich bzw. ein Homomorphismus ist. Denn dann ist die von
induzierte Struktur auf der Quotientenmenge
, die sogenannte Faktor- oder Quotientenalgebra
von
nach
mit Operationen
,
für alle
und jedes
,
von der gleichen Art wie die von
.
Man nennt eine solche Äquivalenzrelation
eine Kongruenzrelation auf
und zwei Elemente
kongruent nach
, wenn sie bezüglich
äquivalent sind:
.
Die Äquivalenzklasse
von jedem
heißt dann Kongruenzklasse.
Eine Äquivalenzrelation
auf
ist genau dann eine Kongruenzrelation auf einer algebraischen Struktur
, wenn alle fundamentalen Operationen
,
, verträglich sind mit
, d. h. für alle
,
, mit
gilt:
.
Sind
und
zwei algebraische Strukturen gleicher Art und ist
ein Homomorphismus dieser Art, dann ist der Kern von

eine Kongruenzrelation
auf
und für alle
gilt:
.
lässt sich wie folgt in einen surjektiven, einen bijektiven sowie einen injektiven Homomorphismus zerlegen (Homomorphiesatz):

mit
und der Inklusionsabbildung
.
Allgemein spielen diejenigen Äquivalenzrelationen
auf einer Menge
eine wichtige Rolle, deren Quotientenabbildung
![{\displaystyle \mathrm {q} _{\equiv }\colon \,A\twoheadrightarrow A/{\equiv },\,a\mapsto [a]_{\equiv },}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/6baacc296904b19f7720826a230001eaa08212ee)
mit der Struktur
auf
verträglich bzw. ein Homomorphismus ist.
Die durch
gegebene Struktur auf der Quotientenmenge
, die sogenannte Faktor- oder Quotientenstruktur
mit Relationen
,
für jedes
,
ist dann wieder von der gleichen Art wie die von
.
Insbesondere sind dann auch alle zu
gehörenden Funktionen mit
verträglich.
Bezeichne nun
eine Gruppe,
deren neutrales Element und
eine beliebige normale Untergruppe von
.
Für jedes
sei

die zugehörige Nebenklasse des Normalteilers
.[1] Mit

und dem Komplexprodukt
bildet dann
eine Gruppe mit dem neutralen Element
: die Faktorgruppe von
nach
.
Weil aber

ein Gruppenhomomorphismus ist, ist

eine Kongruenzrelation auf
und für alle
gilt:
.
Umgekehrt liefert jede beliebige Kongruenzrelation
auf
genau einen Normalteiler
in
.
Bei einer Gruppe entsprechen also die Normalteiler genau den Kongruenzrelationen. Daher wird für einen beliebigen Gruppenhomomorphismus
auch der Normalteiler
![{\displaystyle [e]_{\equiv }=\ker \varphi (\{e\})}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/21cf5114b7212b3fcf8807d9e026c5d1a5bc5279)
als der Kern von
bezeichnet.
Eine additive abelsche Gruppe
nennt man einen Modul (von lat. modulus Maß). Da jede Untergruppe
von
ein Modul und zudem normal ist, entsprechen die Trägermengen der Untergruppen[1] genau den Kongruenzrelationen auf einem Modul.
Dies gilt ebenso für die Trägermengen der Untermoduln eines Moduls über einem Ring und insbesondere auch für die Untervektorräume eines Vektorraumes.
Man bezeichnet für alle
die Nebenklasse

als Restklasse nach
oder Restklasse modulo
(von lat. modulō, Ablativ zu modulus) und die Faktorgruppe
heißt Restklassenmodul von
nach
.
Wenn zwei Elemente
kongruent nach
sind, dann nennt man sie auch kongruent nach dem Modul
[1] oder kongruent modulo
und schreibt dies
oder
oder kurz
.
Es gilt:
.
Ist
einfach erzeugt in
, also
für ein
, dann sagt man auch, dass
kongruent modulo
sind und notiert
.
Für jede algebraische Struktur
ist die durch den Graphen der identischen Abbildung
auf
gegebene Äquivalenzrelation, die Gleichheits- oder Identitätsrelation
,
eine Kongruenzrelation auf
.
Auf
seien nun jeweils zwei beliebige Elemente äquivalent. Dadurch ist eine Äquivalenzrelation gegeben, die sogenannte All- oder Universalrelation
,
auch sie ist eine Kongruenzrelation auf
.
Jeder Ring
ist ein Modul
über sich selbst und die Trägermengen der zugehörigen Untermoduln sind genau die Ideale des Ringes, daher entsprechen die Ringideale genau den Kongruenzrelationen auf
.
Im Vektorraum
der
-fach integrierbaren Funktionen,
, ist
fast überall
Trägermenge eines Unterraums von
.
Den Quotientenvektorraum

bezeichnet man als
-Raum.
„Kongruenz“ nannte man ursprünglich jede auf dem Hauptidealring der ganzen Zahlen
definierte Kongruenz zweier ganzer Zahlen
modulo einer weiteren ganzen Zahl
:
.
und
sind genau dann kongruent modulo
, wenn sie denselben Rest bei Division durch
haben.
- Stanley Burris, H. P. Sankappanavar: A Course in Universal Algebra. Millennium Edition. 2012 Update, ISBN 978-0-9880552-0-9 (math.uwaterloo.ca [PDF; 4,4 MB]).
- Udo Hebisch, Hanns Joachim Weinert: Halbringe. Algebraische Theorie und Anwendungen in der Informatik. Teubner, Stuttgart 1993, ISBN 3-519-02091-2.
- Thomas Ihringer: Allgemeine Algebra. Mit einem Anhang über Universelle Coalgebra von H. P. Gumm (= Berliner Studienreihe zur Mathematik. Band 10). Heldermann, Lemgo 2003, ISBN 3-88538-110-9.
- Fritz Reinhardt, Heinrich Soeder: dtv-Atlas zur Mathematik. Tafeln und Texte. Bände 1 und 2. 9. und 8. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1991 und 1992, ISBN 3-423-03007-0 und ISBN 3-423-03008-9.
- B. L. van der Waerden: Algebra. Unter Benutzung von Vorlesungen von E. Artin und E. Noether. Band I (= Heidelberger Taschenbücher. Band 12). 9. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 1993, ISBN 978-3-642-85528-3, doi:10.1007/978-3-642-85527-6.
- ↑ a b c Zwischen einer Gruppe
und ihrer Trägermenge
wird in der Literatur meist nicht klar unterschieden.