Ein Hausdorff-Raum (auch hausdorffscher Raum oder Hausdorffraum; nach Felix Hausdorff) oder separierter Raum ist ein topologischer Raum , in dem das Trennungsaxiom (auch Hausdorffeigenschaft oder hausdorffsches Trennungsaxiom genannt) gilt.
Definition
Ein topologischer Raum hat die Hausdorffeigenschaft, wenn für alle mit disjunkte offene Umgebungen und existieren.
Mit anderen Worten: Alle paarweise verschiedenen Punkte und aus werden durch Umgebungen getrennt. Ein topologischer Raum, der die Hausdorffeigenschaft erfüllt, wird Hausdorff-Raum genannt.
Eigenschaften
Ein Hausdorff-Raum lässt sich durch jede der folgenden zur Hausdorffeigenschaft äquivalenten Eigenschaften charakterisieren:
- Jeder Filter auf konvergiert gegen höchstens einen Punkt .
- Jede Einpunktmenge ist der Durchschnitt ihrer abgeschlossenen Umgebungen.
- Die Diagonale ist abgeschlossen bezüglich der Produkttopologie.
Insbesondere sind in Hausdorff-Räumen Grenzwerte von Folgen – anders als in allgemeinen topologischen Räumen – eindeutig. Dabei konvergiere eine Folge in einem topologischen Raum gegen einen Punkt , wenn zu jeder Umgebung von ein existiert, sodass für alle gilt.
Unterräume von Hausdorff-Räumen bilden wiederum Hausdorff-Räume. Ebenso überträgt sich die Hausdorffeigenschaft auf beliebige Produkte von Hausdorff-Räumen.
Einordnung in die Hierarchie topologischer Räume
Vergleich mit schwächeren Trennungseigenschaften
Nach Definition besitzt jeder Hausdorff-Raum die T1-Trennungseigenschaft und ist damit auch ein T0-Raum.
Ein topologischer Raum ist genau dann ein Hausdorff-Raum, wenn er präregulär (R1) ist:
- alle paarweise topologisch unterscheidbaren Punkte und aus werden durch Umgebungen getrennt,
und die Kolmogoroff-Eigenschaft (T0) besitzt:
- alle paarweise verschiedenen Punkte und aus sind topologisch unterscheidbar.
Topologisch unterscheidbar heißen zwei Punkte und genau dann, wenn es eine offene Menge gibt, die den einen Punkt enthält, den anderen aber nicht. "Durch Umgebungen getrennt" werden die Punkte per definitionem dann, wenn es offene Umgebungen mit gibt.
Beweis:
- Wenn R1 und T0 gegeben sind, folgt unmittelbar T2: diesen Schluss kann man rein formal ziehen, ohne zu wissen, was topologisch unterscheidbar überhaupt heißt.
- Der umgekehrte Schluss von T2 auf R1 und T0 geht so:
- Aus der Definition von T2 folgt für verschiedene , die Existenz der Menge , die , aber nicht enthält, ergo gilt T0.
- Seien , zwei topologisch unterscheidbare Punkte: dann gibt es eine Menge, die den einen Punkt enthält, den anderen aber nicht; somit ist . Dann folgt mit T2, dass und durch Umgebungen getrennt sind. Ergo gilt R1.
Eine weitere Abschwächung, die zwischen und Hausdorff-Raum liegt, ist der schwache Hausdorff-Raum.
Verschärfungen der Hausdorffeigenschaft
- Kann man in obiger Definition die offenen Mengen sogar so wählen, dass deren Abschlüsse auch noch disjunkt sind, so spricht man von einem Urysohn-Raum.
- Gibt es zu je zwei verschiedenen Punkten eine stetige Funktion des Raums in die reellen Zahlen , die auf diesen Punkten verschiedene Werte annimmt, so nennt man den Raum einen vollständigen Hausdorff-Raum.
- Weitergehende Verschärfungen dieses Begriffs finden sich im Artikel "Trennungsaxiom".
Beispiele
So gut wie alle in der Analysis betrachteten Räume sind Hausdorff-Räume. Insbesondere ist jeder metrische Raum ein Hausdorff-Raum.
Im Gegensatz zur Filterkonvergenz ist die Eindeutigkeit von Folgengrenzwerten nur eine notwendige Bedingung für die Hausdorffeigenschaft. Stattet man z. B. eine überabzählbare Menge wie die reellen Zahlen mit der koabzählbaren Topologie aus, so erhält man einen nicht-hausdorffschen Raum, in dem konvergente Folgen genau einen Grenzwert besitzen.
Ein Beispiel für einen Hausdorff-Raum, der kein metrischer Raum ist, ist die Menge der abzählbaren Ordinalzahlen mit der gewöhnlichen Ordnungstopologie.
Wird das Spektrum eines Ringes mit der Zariski-Topologie versehen, erhält man einen nüchternen topologischen Raum, der meist nicht präregulär, geschweige denn hausdorffsch ist.
Viele Beispiele nicht-hausdorffscher Räume erhält man als Quotientenräume von Mannigfaltigkeiten bzgl. mancher Gruppenwirkungen oder allgemeinerer Äquivalenzrelationen. Zum Beispiel ist der Blattraum der Reeb-Blätterung (also der Quotientenraum bzgl. der Äquivalenzrelation: zwei Punkte sind genau dann äquivalent, wenn sie zum selben Blatt gehören) nicht hausdorffsch.
Lokaleuklidische Räume müssen nicht hausdorffsch sein. Der aus zwei Kopien von durch Identifizierung eines offenen Intervalls entstehende Raum ist lokal homöomorph zum , aber nicht hausdorffsch.
Anmerkung
- Der Begriff des separierten Raums (= Hausdorff-Raums) steht in keiner Beziehung zum Begriff des separablen Raumes.[1]
Literatur
- Lutz Führer: Allgemeine Topologie mit Anwendungen. Vieweg Verlag, Braunschweig 1977, ISBN 3-528-03059-3.
- Jürgen Heine: Topologie und Funktionalanalysis. Grundlagen der Abstrakten Analysis mit Anwendungen. 2., verbesserte Auflage. Oldenbourg Verlag, München 2011, ISBN 978-3-486-70530-0.
- Horst Schubert: Topologie (= Mathematische Leitfäden). 4. Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1975, ISBN 3-519-12200-6 (MR0423277).
- Dirk Werner: Funktionalanalysis. (= Springer-Lehrbuch). 6., korrigierte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2007, ISBN 978-3-540-72533-6.
- Stephen Willard: General Topology (= Addison-Wesley Series in Mathematics). Addison-Wesley, Reading, Massachusetts u. a. 1970, S. 224 ff. (MR0264581).
- Boto von Querenburg: Mengentheoretische Topologie. (= Springer-Lehrbuch). 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2001, ISBN 3-540-67790-9.
Einzelnachweise
- ↑ Horst Schubert: Topologie. 1975, S. 58.