Hölle Stadt Naila
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Koordinaten: | 50° 22′ N, 11° 41′ O |
Höhe: | 485 m ü. NHN |
Eingemeindung: | 1. Mai 1978 |
Postleitzahl: | 95119 |
Vorwahl: | 09282 |
![]() Teufelsskulptur an der Humboldtstraße in Hölle
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Das Dorf Hölle ist ein Ortsteil der Stadt Naila in der Gemarkung Marxgrün im oberfränkischen Landkreis Hof in Bayern und liegt am oberen Ende des Höllentals, es ist vor allem durch seine Sauerbrunnen und Mineralwasserquellen bekannt.[1]
Lage und Bevölkerung
Das Ort Hölle umfasst rund 30 Gebäuden mit 50 Einwohnern (Stand: 1987), die an der Humboldtstraße und Höllentalstraße liegen. Die nördlichste Ausdehnung von der Gemarkung Marxgrün liegt im Höllental am Stauwehr der Selbitz, das linke Ufer gehört Hölle, das rechte Ufer zum Ortsteil Einsiedel. Die Selbitz ist seit jeher auch die Grenze zu dem südlich von Einsiedel anschließenden Siedlung Brand. Südlich von Hölle liegt Kleinschmieden, hier stellt der Stebenbach weitgehend die Grenze dar. Damit lagen der Bahn-Haltepunkt Höllenthal und der Diabas-Steinbruch auf dem Gemeindegebiet von Marxgrün.[2] Nach dem Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern erreichte Hölle im Jahre 1950 mit 186 Einwohnern den Höhepunkt (1925: 89, 1970: 82).[3]
Namensherkunft
Der Name des ehemals zu Marxgrün gehörenden staatlich anerkannten Luftkurort Hölle bezieht sich auf das mittelhochdeutsche Wort „hëln“ bzw. „helen“ (geheim halten, verstecken, verbergen).[4]
Einer Sage nach hatte ein Köhler aus dem Thiemitztal Holzkohle nach Blechschmidtenhammer geliefert und sich vom Erlös eine ausgiebige Einkehr gegönnt, so dass er mit seinem Pferdegespann erst spät bei Dunkelheit die Rückfahrt antrat. Im Selbitztal scheuten plötzlich die Pferde. Daraufhin glaubte der Köhler, bei einem Felsen eine große Gestalt zu sehen, die ihm mit einer grauenhaften Stimme zurief: „Der Tag für dich, die Nacht für mich.“ Zu Tode erschrocken durchfuhr es den Köhler. „Der Teufel ...“, schoss ihm durch den Kopf. Doch der Köhler fasste sich ein Herz und schrie (in hiesiger Mundart): „Senn doch Maria und Joseph und es Jesuskind a be der Nocht garast und kans hout ihna wos gato!“ Schließlich schlug er drei Kreuzzeichen in die Luft. Das war für den Teufel zu viel. Rasend vor Wut stampfte er auf den Felsen, dass die Brocken stieben. Und mit Krachen und Gestank fuhr er durch die Talschlucht geradewegs in die Hölle. Der Sage nach setzte der Köhler seinen Weg fort, als der Spuk vorbei war. Doch seit jener Zeit trage das Selbitztal im bewussten Abschnitt den Namen Höllental. Nach einer anderen Volkssage zufolge wäre das Hammerwerk am Himmelfahrtsfeste von einem Wolkenbruch und zwar in derselben Zeit zerstört und fortgerissen worden, als die Hammerschmiede von ihrem harten und gottlosen Herrn gezwungen waren, den Feiertag durch Arbeit zu entheiligen.[5]
Geschichte
Im Jahre 1565 wird erstmals eine Höllmühle an der Selbitz unter dem Säuerling erwähnt. Etwa 200 Schritte unterhalb der Mühle stand der vom Stebenbach getriebene Stein'sche Hammer, mit etlichen Zerrenfeuern, welche im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurden. Im März 1640 brachen die Schweden unter Oberst Bauer von Zwickau aus ins Fürstentum Bayreuth herein, um zu plündern und zu brandschatzen. In Naila, Marxgrün und anderen Orten trieben sie alles Vieh hinweg und misshandelten die Leute, besonders die Frauen, bis in den Tod. Diese Kupferschmelzhütte war eine der zahlreichen im Gebiet, bis 1768 wurden im Bergwerksrevier Naila 133 Kupfergruben betrieben.[6] Die Mühle und ein Wirtshaus sollen neben dem Hammer die ersten Gebäude In Hölle gewesen sein. Die Mühle aus dem Jahre 1634 stand an die Selbitz hingebaut am „besonders herüber geleiteten Stebenbache“.[7]
Eine Chronik von 1692 berichtet von zwei Quellen besten Wassers: „Zwei frische Säuerlinge in einem tiefen Loch bei ungeheuren Felsen und Klippen, womit der hitzige Hammerbursch und die Bergleute im nahen Kupfergraben sich laben und erfrischen können, da sonst wenige Gäste zu dieser unerfreulichen Hölle kommen“.[8] Am 5. Oktober 1471 wurde Wilhelm von Wildenstein bei der Gesamtbelehnung mit Schloss Wildenstein vom Bamberger Bischof Georg I. von Schaumberg mit dem Bann, über das Blut zu richten, belehnt. Die Macht der in Naila sitzenden Wildensteiner hatte in dieser Zeit ihren Höhepunkt erreicht und umfasste auch einen Teil von Marxgrün. 1767 wurden drei Häuser in Hölle genannt, davon ein Wirtshaus, die zum markgräflichen Oberamt Lichtenberg gehörten. Zu dieser Zeit stand der Bergbau „in hoher Blüte“.[7] 1857 gehörten zur Stadtgemeinde Naila, mit Sitz des „Bezirkamts, Landgerichts, Pfarramts, Postexpedition, Salzfactorie und Malzausschlagsstation“, im Norden und Nordwesten nur Dreigrün und die Schleifmühle. Nur der Anteil des Kirchdorfs Marxgrün auf dem linken Selbitzufer, damit auch die Bergwerkssiedlung Hölle, zählten zum Kirchsprengel Marxgrün. Am 10. November 1732 wurde von der Regierung bestimmt, dass die hohe und niedere Gerichtsbarkeit von Marxgrün, „welche vorher teils ins Amt Lichtenberg, teils nach Hof und teils zum Rittergut Froschgrün gehört hatte, von nun an ganz ins Amt Naila gehören sollte.“[9] 1839 bestand Hölle aus einem eingegangenen Vitriolwerk, der Höllmühle und fünf Wohnhäusern.[10] Am 1. Mai 1978 wurde die Gemeinde in die Stadt Naila eingegliedert.[11]
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Quellhäuschen am Stebenbach
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Zufahrt Werksgelände Frankensprudel
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Hölle, Humboldtstraße 20 und Einmündung Fritz-Wiede-Straße
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Hölle, Höllentalstraße 11
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Hölle, Humboldtstraße von Brand zur Selbitzbrücke
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Hölle, Ortszufahrt
Wirtschaft
Flüsse und Bäche, wie die Selbitz, die bei Hölle auch die Grenze zwischen den Rittergütern Reitzenstein und Lichtenberg ausmachte, mussten in aller Regel mit Brücken überwunden werden. Für die Brücke von Hölle wurde 1770 ein Kreutzer pro „Anspann“ als Brückenzoll erhoben.[8]
Zwischen der Markgräfin Elisabeth Sophie und dem Markgraf Friedrich und dem Bergwerks- und Hüttenbesitzer Valentin Pfretzschner wurde 1624 ein Vertrag über die Anlegung eines Hammerwerkes in der Höll bei Lichtenberg geschlossen. 1712 wurde ein Vitriolwerk von dem Kaufmann und Handelsherr Johann Otto Rücker aus Leipzig auf dem Grund des Hammerwerkes angelegt.[12]
Christian Friedrich Jördens machte am 17. August 1770 den Amtmann in Lichtenberg „auf die Vortrefflichkeit der Quellen in der Hölle“ aufmerksam, die er denen zu Eger und Selters gleichstellte und deren Erschließung deutliche wirtschaftliche Vorteile bringen würde.[13] Dr. Fritz Wieder erschloss 1903 die Quellen in 262 m Tiefe, um die extrahierte Kohlensäure an Brauereien zu verkaufen. 1987 wurden die Kuranlagen in Hölle eingeweiht. 2020 übernahm Höllensprudel die Produktion und Abfüllung für die Mineral- und Heilbrunnen GmbH Kondrauer.[14]
Im Jahre 1887 wurde die Lokalbahnstrecke der Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen von Hof über Naila nach Marxgrün und 1898 wurde der Haltepunkt Höllenthal mit der Verlängerung nach Bad Steben eröffnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Bahnlinie durch die Errichtung des Eisernen Vorhangs unterbrochen. Bis 1971 fuhren nur noch einige wenige Kohlensäurewagons bis zum in Hölle ansässigen Kohlensäurewerk. In den 80er Jahren begann dann der Gleisabbau durch die Deutsche Bundesbahn und das Schotterbett wurde der Natur überlassen. Die Bahnlinie diente auch dem Diabas-Abbau des Hartsteinbruch Störrle im Nordwesten von Marxgrün, der dort seit 1926 stattfand.
Trivia
Auf einer Ansichtskarte aus dem Jahre 1910 wurde ein Engel dargestellt, der den Teufel rasiert, während der Papst dazu die Laterne hielt. Tatsächlich hieß der Wirt des ortsansässigen Gasthauses Adam Papst, dessen Gast namens Teufel die Dienste des Lichtenberger Friseur Engel in Anspruch nahm.[7] Auf einer kleinen Rasenfläche vor dem Stebenbach, links unterhalb des Anwesens Humboldtstraße 12 steht eine Teufelsskulptur in Form einer großen roten Holzfigur.
Literatur
- Karl-Ludwig Lippert: Landkreis Naila (= Bayerische Kunstdenkmale. Band 27). Deutscher Kunstverlag, München 1963, DNB 453135234, S. 47–49.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Stadt Naila. Bayerisches Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 10. Februar 2025.
- ↑ BayernAtlas: Hölle. Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ Bavarikon Hölle. Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities. Band 01/23 (woerterbuchnetz.de [abgerufen am 10. Februar 2025]).
- ↑ Verein Naturpark Frankenwald (Hrsg.): Naturpark Frankenwald. Flyer: Aus der Geschichte und den Sagen des fränkischen Höllentals. (selbitztal.de [PDF; abgerufen am 12. Februar 2025]).
- ↑ Johann Georg Adam Hübsch: Geschichte der Stadt und des Bezirks Naila. Helmbrechts 1. Januar 1863, S. 99.
- ↑ a b c Hölle und Höllental. Museum Naila im Schusterhof, 1. Juni 2020, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ a b Erwin Purucker: Das Höllental im Frankenwald in Oberfranken. Abgerufen am 10. Februar 2025.
- ↑ Johann Georg Adam Hübsch: Geschichte der Stadt und des Bezirks Naila. Helmbrechts 1. Januar 1863, S. 1, 2, 106.
- ↑ Julius von Plänckner: Piniferus, Taschenbuch für Reisende in das Fichtelgebirge. Hof 1. Januar 1839, S. 123.
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 686 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF; 41,1 MB]).
- ↑ Naila Hölle - Vitriol- und Alaunhütte. Geolitho Stiftung gemeinnützige GmbH, abgerufen am 12. Februar 2025.
- ↑ Ernst Klinger: Das Bad Steben, seine Umgebung u. seine Heilmittel mit diätetischen Anleitungen zum Gebrauch für Curgäste. Bayreuth 1. Januar 1866.
- ↑ Daten der Stadtgeschichte. Stadt Naila, abgerufen am 12. Februar 2025.