George Green (* 14. Juli 1793 in Sneinton (gespr. Snenton); † 31. Mai 1841 in Nottingham) war ein britischer Mathematiker und Physiker. Er war der Mitbegründer der Potentialtheorie und der Theorie des Elektromagnetismus. Die Greensche Funktion sowie die Greenschen Formeln gehen ebenfalls auf ihn zurück.
Leben
Greens Vater, ebenfalls George Green, stammte aus Nottingham und war ein wohlhabender Bäcker, Konstrukteur, Erbauer und Besitzer der nach ihm benannten Greenschen Windmühle (Green’s Windmill), damals außerhalb Sneintons auf einem Hügel nach dem neuesten Stand der Technik errichtet. Nach Stilllegung 1860, Verfall und drohendem Abriss ist sie seit 1985 wieder windmahlfähig und heute ein Wissenschaftszentrum und Gedenkstätte (Green’s Windmill and Science Centre) für Sneintons berühmten Sohn, dem sie ihren Erhalt verdankt.
George besuchte die Schule nur zwei Jahre und arbeitete dann in der Mühle seines Vaters von 1802 bis zu dessen Tod 1829. Green führte das Müllerei-Geschäft erfolgreich fort und musste 1831 eine wegen neuer Reformgesetze aufgebrachte Menschenmenge von seiner Mühle mit einem Musketenschuss verjagen. Er war in weitem Umfang Autodidakt und studierte in der eigenen Mühle die Grundlagen physikalischer Gesetze. Es ist nicht genau bekannt, wie er sich die umfassenden mathematischen Grundlagen erarbeitete, die seine späteren Arbeiten ermöglichten, aber man weiß, dass er die Nottinghamer Abonnementbücherei (Nottingham Subscription Library) seit 1823 besuchte, die über Exemplare von Werken Pierre-Simon Laplaces wie Mécanique céleste („Himmelsmechanik“) verfügte, die der damals 30-Jährige studiert hatte. Man vermutet, dass John Toplis, Direktor des Nottinghamer Privatgymnasiums (Nottingham Highschool, gegr. 1513) von 1806 bis 1819 und Übersetzer wissenschaftlicher Werke, Einfluss auf George Green hatte. 1828 veröffentlichte Green sein erstes Werk Ein Essay über die Anwendung der mathematischen Analyse auf die Theorien von Elektrizität und Magnetismus (An Essay on the Application of Mathematical Analysis to the Theories of Electricity and Magnetism), in dem er die Potentialfunktion und das Konzept der Greenschen Funktion zur Lösung von partiellen Differentialgleichungen einführt und den Satz von Green beweist. Das Essay wurde ca. 50 Abonnenten der Bücherei zugänglich gemacht, aber nur von wenigen gelesen, vor allem nicht vom nationalen und internationalen Fachpublikum, mit Ausnahme von Sir Edward Bromhead, einem studierten Mathematiker. Dieser brachte ihn in akademische Kreise. Im Alter von 40 Jahren ging Green 1833 an die Universität Cambridge und graduierte 1837 mit Auszeichnung. Nebenbei arbeitete er in seiner Mühle und machte damit ein kleines Vermögen. Er schrieb Werke über Akustik, Optik und Hydrodynamik und hatte an der Universität eine erfolgreiche, aber kurze Karriere. Vier Jahre nach seiner Graduierung starb er in Nottingham an Grippe. Seine Arbeit, die auf dem besten Wege zu internationaler Anerkennung war, geriet mit seinem Tod in Vergessenheit und wurde erst 1846 von Lord Kelvin wiederentdeckt.
Als Albert Einstein sein Grab 1930 besuchte, äußerte er seine Bewunderung für den zu wenig bekannten Wissenschaftler und bemerkte, dass George Green seiner Zeit mehr als zwanzig Jahre voraus gewesen sei.
Green zu Ehren ist in der Kontinuumsmechanik die Hyperelastizität auch als Green-Elastizität bekannt. Ebenso wurde ein Dehnungsmaß, der Greensche Verzerrungstensor, nach ihm benannt.
Die Pioniere der Quantenfeldtheorie Freeman Dyson[1] und Julian Schwinger[2] würdigten Green als Erfinder der Methode der Greenschen Funktion, die als Propagatoren eine fundamentale Rolle im Formalismus der Quantenfeldtheorie spielen.
Auch der Mondkrater Green[3] und der Asteroid (12016) Green[4] sind nach ihm benannt.
Werke
- An Essay On the Application of Mathematical Analysis to the Theories of Electricity and Magnetism. Nottingham, 1828. Nachdrucke:
- William Thomson (ed.): An essay on the application of mathematical analysis to the theories of electricity and magnetism. Introductory notices. Journ. f. reine u. angew. Math. 39 (1850), S. 73–89.
- William Thomson (ed.): An essay on the application of mathematical analysis to the theories of electricity and magnetism. General preliminary results. Journ. f. reine u. angew. Math. 44 (1852), S. 356–374.
- William Thomson (ed.): An essay on the application of mathematical analysis to the theories of electricity and magnetism. Application of the preceding results to the theory of electricity. Journ. f. reine u. angew. Math. 47 (1854), S. 161–221.
- in N. M. Ferrers (ed.): Mathematical papers of the late George Green … London, Macmillan, 1871. UMich Scans. Reprint Chelsea 1970
- Eine dreibändige Ausgabe seiner Schriften ist vom George Green Memorial Fund veröffentlicht worden.
Literatur
- Doris Mary Cannell:[5] George Green. Mathematician and Physicist. 1793–1841. The Background to His Life and Work. Athlone Press, London u. a. 1993, ISBN 0-485-11433-X.
- Doris Mary Cannell, N. J. Lord: George Green, Mathematician and Physicist 1793–1841. In: The Mathematical Gazette. Band 66 = Nr. 478, ISSN 0025-5572, 1993, S. 26–51.
- Thomas Archibald: Connectivity and smoke rings: Green’s second identity in its first fifty years. In: Mathematics Magazine. Band 62, Nr. 4, 1989, ISSN 0025-570X, S. 219–232, Online.
- Ivor Grattan-Guinness: Why did George Green write his essay of 1828 on Electricity and Magnetism? In: The American Mathematical Monthly. Band 102, Nr. 5, 1995, ISSN 0002-9890, S. 387–396.
- Lawrie Challis, Fred Sheard: The Green of Green’s Functions. In: Physics Today. December 1993, ISSN 0031-9228, S. 41–46.
- Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium. Ernst & Sohn 2018, S. 888 ff, S. 923 f. und S. 1002 f. (Biografie), ISBN 978-3-433-03229-9
Weblinks
- Literatur von und über George Green im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- John J. O’Connor, Edmund F. Robertson: George Green. In: MacTutor History of Mathematics archive (englisch).
- Internetpräsenz der Greenschen Windmühle: Green’s Windmill and Science Centre
- George Green: An Essay on the Application of mathematical Analysis to the theories of Electricity and Magnetism. arxiv:0807.0088
Einzelnachweise
- ↑ Dyson: George Green and physics. Physics World, August 1993.
- ↑ Schwinger: The Greening of Quantum field theory. George Green and I. Vorlesung Nottingham 1993, arxiv:hep-ph/9310283.
- ↑ George Green im Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU (WGPSN) / USGS
- ↑ George Green beim IAU Minor Planet Center (englisch)
- ↑ Mary Cannell (1913–2000) war eine Französischlehrerin und später in der Lehrerausbildung in Nottingham. Sie schrieb ihre Green-Biografie nach ihrer Pensionierung. Biografie bei Mctutor.
Personendaten | |
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NAME | Green, George |
KURZBESCHREIBUNG | britischer Mathematiker und Physiker |
GEBURTSDATUM | 14. Juli 1793 |
GEBURTSORT | Sneinton (heute zu Nottingham) |
STERBEDATUM | 31. Mai 1841 |
STERBEORT | Nottingham |