Der Fahrzeugbrief (auch Kfz-Brief, in Österreich Typenschein bzw. Einzelgenehmigung, in der Schweiz Fahrzeugausweis) ist eine amtliche Urkunde über die allgemeine Zulassung eines Kraftfahrzeugs für den öffentlichen Straßenverkehr.
Der Kraftfahrzeugbrief wurde in Deutschland bereits mit der Verordnung über den Kraftfahrzeugverkehr vom 11. April 1934[1] zum 1. Mai 1934 eingeführt.[2] Nach dem Recht der Europäischen Union (EU) heißt der Fahrzeugbrief „Zulassungsbescheinigung Teil II“. Deutschland führte diese Zulassungsbescheinigung zum 1. Oktober 2005 mit der 38. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ein, um das geltende EU-Recht umzusetzen (siehe dazu § 14 FZV). Die bis zu diesem Zeitpunkt ausgegebenen Kraftfahrzeugbriefe behalten jedoch weiterhin ihre Gültigkeit.
Über die konkrete Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr (Anmeldung) wird ein Fahrzeugschein (jetzt EU-weit: „Zulassungsbescheinigung Teil I“) ausgestellt.
Bei der Abmeldung des Fahrzeuges (vorübergehende Stilllegung) wird der Fahrzeugbrief nicht eingezogen, sondern wird mit einem Abmeldevermerk versehen. Er wird nicht entwertet, da sonst der Brief die Gültigkeit verliert.
Inhalt des Fahrzeugbriefs
Inhalte des Fahrzeugbriefs sind
- eine Individualisierung des Fahrzeugs, in aller Regel anhand der vom Hersteller vergebenen Fahrzeug-Identifizierungsnummer (früher und auch heute noch verbreitet Fahrgestellnummer genannt)
- die Zuteilung eines Kraftfahrzeugkennzeichens an eine bestimmte Person (meist den Eigentümer)
- die Übereinstimmung des Fahrzeugs mit den technischen Zulassungsvorschriften eines EU-Staates (Betriebserlaubnis).
Eigentumsschutz
Die amtlich eingetragenen Personalien bezeichnen die natürliche oder juristische Person, die über das Kraftfahrzeug verfügungsberechtigt ist.
Diese Verfügungsberechtigung bezieht sich nur auf die öffentlich-rechtliche Verantwortung für das Fahrzeug. Eine Eigentumsübertragung am Kraftfahrzeug ist daher auch ohne eine Übergabe des Fahrzeugbriefes möglich, denn der Fahrzeugbrief ist kein Traditionspapier.[3] Vielmehr steht das Eigentum am Brief in entsprechender Anwendung von § 952 BGB dem Eigentümer des Fahrzeugs zu. § 952 BGB ist analog anzuwenden, da es sich beim Fahrzeugbrief um eine öffentlich-rechtliche und keine zivilrechtliche Urkunde handelt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH) hat der Besitz des Fahrzeugbriefs aber eine Indizfunktion hinsichtlich des zivilrechtlichen Eigentums. So ist der gutgläubige Erwerb eines Kraftfahrzeuges nicht möglich, wenn der Fahrzeugbrief nicht mitübergeben wird. Sollte sich herausstellen, dass der Veräußerer nicht berechtigt war, das Kraftfahrzeug zu übereignen, hat der Erwerber kein Eigentum an dem Kraftfahrzeug erworben. Die Indizfunktion ist in der Praxis so erheblich, dass eine landläufige Ansicht vorherrscht, der Fahrzeugbrief verkörpere das Eigentum an dem Fahrzeug oder beweise es. Er hat jedoch nicht diese zivilrechtliche Funktion – daher steht auf diesem auch ausdrücklich, dass der Inhaber der Zulassungsbescheinigung nicht als Eigentümer des Fahrzeugs ausgewiesen werde.
Weiterhin hat aber der Fahrzeugbrief auch Bedeutung für die Frage, ob bei einem Fahrzeugkauf ein Eigentumsvorbehalt im Sinne von § 449 BGB vereinbart wurde: Behält der Verkäufer den Fahrzeugbrief bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung zurück, so ist dies als Indiz dafür zu werten, dass zwischen den Parteien ein Eigentumsvorbehalt gewollt war.[4]
Befindet sich der Fahrzeugbrief im Auto, wird dieser Umstand als grobe Fahrlässigkeit gewertet. Diebstahlversicherungen lehnen es daher in der Regel ab, entsprechenden Ersatz zu leisten. Das Oberlandesgericht Köln urteilte jedoch, dass die Versicherung trotzdem zur Zahlung verpflichtet ist. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sie beweisen kann, dass der Wagen nur wegen der darin befindlichen Papiere gestohlen wurde.[5]
Die Richtlinie zur Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II[6] erläutert den Fahrzeugbrief und regelt die Ausgabe und das Ausfüllen durch die Zulassungsstellen. Letztmals wurde 2006 die Richtlinie im Bundesgesetzblatt aktualisiert.[7]
Erläuterungen zu den Eintragungen in Deutschland
- Punkt 1: Fahrzeug- und Aufbauart (z. B. Pkw geschlossen). Die sechsstellige Schlüsselnummer hat folgende Bedeutung:
- Ziffern 1 bis 4:
- Ziffern 5 und 6: Der Schadstoffschlüssel gibt Auskunft über die Schadstoffklasse (Euro 1, 3-Liter-Auto etc.) und bestimmt die Höhe der Kfz-Steuer und über Fahrverbote bei Ozonalarm
- Punkt 2: Fahrzeughersteller. Die vierstellige Herstellerschlüsselnummer (HSN) ist die Kennzahl für den Hersteller.
- Punkt 3: Typ und Ausführung. Enthält die Angabe des Herstellers über den Typ, welcher auch in der Typschlüsselnummer (TSN) kodiert ist.
Texteintragungen bei der Einführung des Kraftfahrzeugbriefes 1934 in Deutschland
- Art des Fahrzeugs: Personenwagen, Omnibus, Krankenwagen, Lastwagen, Kipper, Brennstoffkesselwagen, Zugmaschine, Sattelschlepper, Sonderfahrzeug: für Feuerlöschzwecke, für Straßenreinigung, für sonstige Zwecke
- Fahrgestell: a) Hersteller, b) Fabriknummer, c) Baujahr
- Antriebsmaschine: a) Art des Antriebs – Verbrennungsmaschine: Vergaser, Diesel, Glühkopfmotor, Gasgenerator für Holz – für Kohle, Dampfmaschine, Elektromotor b) Leistung in PS c) Hubraum in cm³ (nur bei Verbrennungsmaschinen): Zahl der Zylinder, Durchmesser der Zylinder in mm, Kolbenhub in mm d) Fabriknummer e) Hersteller f) Takt: Zweitakt – Viertakt
- Eigengewicht des Fahrzeugs in kg
- Zulässige Belastung (außer bei Zugmaschinen) in kg – Tragfähigkeit des Fahrgestells (nur bei Lastwagen und Omnibussen) in kg
- Zahl der Sitze (einschl. Führersitze und Notsitze) – Bei Personenwagen (Sitzplätze), bei Omnibussen (Sitzplätze, Stehplätze), bei Krankenwagen (Sitzplätze, Liegeplätze)
- Art des Aufbaus: a) bei Personenwagen (Offen – Geschlossen – Kabriolett – Roll- oder Schiebedach b) bei Lastwagen und Sattelschleppern (Plattform – Offener Kasten – Geschlossener Kasten – Plane mit festem Spriegelgestell – Lose Spriegel)
- Maße über alles, bei Sattelschleppern einschl. aufgesatteltem Anhänger: Länge, Breite und Höhe des Fahrzeugs einschl. Verdeck oder Spriegel
- Räder, Bereifung, Gleisketten: a) Rad- oder Gleiskettenantrieb? b) Zahl der Räder ohne Ersatzräder (Zwillingsräder sind einfach zu rechnen) c) Zahl der angetriebenen Achsen d) Art der Bereifung: einfach – doppelt: Luft – Elastik – Eisen e) Felgengröße (z. B. 3,25 Ex17) f) Sind Greifer vorhanden? (nur bei Zugmaschinen): ja – nein
- Kleinste Bodenfreiheit in mm
- Bremsanlage: a) Art der Bremsen (Mechanisch – Druckluft – Saugluft – Hydraulisch) b) Hersteller c) Bei Druckluft Höhe des Bremsdruckes in atü d) Besteht Bremsanschluss zum Anhänger? ja – nein
- Ist Anhängevorrichtung vorhanden? Wenn ja: a) Art der Befestigung des Anhängers: Durchsteckbolzen – Zughaken b) Durchmesser des Durchsteckbolzens oder des Zughakens in mm c) Höhe der Anhängevorrichtung über der Fahrbahn in mm d) Größte Zugkraft (nur bei Zugmaschinen) in kg und km/h – auf der Straße – auf dem Acker
- Ist Seilwinde oder Spill vorhanden? (außer bei Personenwagen) ja – nein Wie angetrieben? Von Hand – Von Motor
- Höchstgeschwindigkeit in km/h
- Achs- und Felgendruck in kg und kg/cm vorn – hinten in beladenen Zustand (nur bei Fahrzeugen, deren zulässiges Gesamtgewicht 5,5 t übersteigt; Felgendruck dabei nur, falls das Fahrzeug nicht mit Luftreifen versehen ist)
- Laderaum (nur bei Lastwagen) a) Höchste innere Maße in mm Länge – Breite – Höhe b) Höhe der Ladefläche über der Fahrbahn in mm c) Ist Ladefläche mit Blech ausgeschlagen? ja – nein d) Sind Vorrichtungen zum Anbringen von Sitzen vorhanden? ja – nein
- Bei Brennstoffkesselwagen a) Fassungsvermögen m³ b) An wie viel Stellen kann gleichzeitig gezapft werden? c) Höhe der Zapfstellen über der Fahrbahn in mm d) Ist Vorrichtung zum mechanischen Füllen und Entleeren eingebaut? ja – nein
- Listenpreis des fabrikneuen Fahrzeugs in RM
- Die unterzeichnete Firma bescheinigt, dass das Fahrzeug in diesem Brief richtig beschrieben ist, zu der Gattung von Fahrzeugen mit dem Kennwort – Unterscheidungszeichen […] gehört und mit ihr in den in der Genehmigung gekennzeichneten Teilen übereinstimmt. Es wird versichert, dass das Fahrzeug den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ RGBl I 303
- ↑ Artur Bormann: Zur Einführung des Kraftfahrzeugbriefes. In: Verkehrstechnik, 15. Jg., Nr. 9 (5. Mai 1934), S. 221–222.
- ↑ BGH, Urteil vom 8. Mai 1978, Az. VIII ZR 46/77, NJW 1978, 1854; Volltext ( vom 8. Januar 2015 im Internet Archive)
- ↑ BGH, Urteil vom 13. September 2006, Az. VIII ZR 184/05, Volltext
- ↑ OLG Köln, Beschluss vom 12. September 2003, Az.: 9 W 50/03, Vollstext, umstritten
- ↑ Verkehrsblatt 2005 S. 188
- ↑ BGBl. (Teil I) Nr. 21 vom 29. April 2006