Bei einem exponentiellen Prozess handelt es sich um einen Vorgang, bei dem sich eine GröĂe exponentiell Ă€ndert. Man unterscheidet zwischen
- exponentiellem Wachstum, bei dem eine GröĂe immer schneller wĂ€chst, und
- exponentieller AnnĂ€herung, bei der sich eine GröĂe einem vorgegebenen festen Wert annĂ€hert. Der praktisch wichtigste Spezialfall hiervon ist der exponentielle Zerfall (Abbau), bei dem eine GröĂe sich monoton abnehmend immer langsamer der Null nĂ€hert, aber nie erreicht.
Meistens geht es dabei um zeitliche Ănderungen.
Exponentielles Wachstum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wenn bei einem Wachstumsprozess einer GröĂe die Wachstumsrate (also die positive zeitliche Ănderung der GröĂe) proportional zur GröĂe selbst ist, liegt exponentielles Wachstum vor:
Mit der ProportionalitÀtskonstanten erhÀlt man aus dieser ProportionalitÀtsbeziehung die Differentialgleichung
deren Lösung eine Exponentialfunktion ist:
Damit bekommt die Bedeutung einer Zeitspanne, in der die GröĂe jeweils auf das e-fache anwĂ€chst. ist der Wert der GröĂe zu Beginn (bei Zeit ).
Exponentielle Abnahme
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Ist die Abnahme einer GröĂe proportional zum jeweiligen Wert der GröĂe selbst, so spricht man von exponentiellem Zerfall, exponentiellem Abfall oder exponentieller Abnahme; die Kurve verlĂ€uft asymptotisch.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zeitlich exponentielle Abnahme:
- Radioaktiver Zerfall: In jeder Sekunde zerfÀllt ein feststehender Prozentsatz der vorhandenen Atomkerne der Substanz; je weniger Kerne noch vorliegen, desto langsamer nimmt ihre Zahl ab
- Entladen eines Kondensators ĂŒber einen Widerstand
- Selbstinduktionsspannung bei SpannungsÀnderungen an einer Spule
- StromstÀrke beim Ausschaltvorgang einer Spule
- Schwingungsamplitude eines gedÀmpften Pendels (bei Stokes-Reibung)
- Katalytischer Abbau von Stoffen durch eine chemische Reaktion, siehe Exponentialfunktion#Chemie, Kinetik (Chemie)#Reaktionen erster Ordnung.
- Relaxation (NMR): Wiederaufbau der longitudinalen oder Zerfall der transversalen Kernmagnetisierung nach einer Störung.
- Entleeren eines WasserbehĂ€lters durch einen dĂŒnnen Schlauch am Boden: Je tiefer der Wasserstand fĂ€llt, desto geringer wird der Wasserdruck im Schlauch und desto langsamer strömt das Wasser aus
- Flutkurve, RĂŒckgang einer Flut in einem Fluss (Gebiet)
- Sedimentation (AbsetzvorgÀnge, AbbauvorgÀnge)
- Wundheilung
- ErnĂŒchterung
RĂ€umlich (mit der Eindringtiefe) exponentielle Abnahme:
- Absorption mancher Strahlungen in homogenem Material
Mathematische Darstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Da die Abnahme eine negative Ănderung ist, lautet die Differentialgleichung (hier fĂŒr zeitliche Abnahme geschrieben) jetzt
- (es ist ĂŒblich, ein positives anzunehmen und das Vorzeichen in die Gleichung zu schreiben)
und deren Lösung ist
ist also die Zeitspanne, in der die GröĂe jeweils auf das -fache (etwa 37 %) abfĂ€llt. Man nennt Zeitkonstante, in der Physik auch Lebensdauer.
Eine anschaulichere GröĂe anstelle von ist die Halbwertszeit. Sie gibt an, innerhalb welcher Zeitspanne die GröĂe immer auf die HĂ€lfte abnimmt, und lĂ€sst sich leicht aus der Zeitkonstante berechnen:
Exponentielle AnnÀherung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei vielen physikalischen Prozessen gleicht sich eine physikalische GröĂe zwischen zwei miteinander verbundenen Körpern/Systemen aus.
Beispiele:
- Die Temperatur eines MetallstĂŒcks gleicht sich an die Umgebungstemperatur an.
- Die Temperaturen zweier unterschiedlich heiĂer, wĂ€rmeleitfĂ€hig verbundener Metallklötze gleichen sich einander an.
- Die Spannung eines zu ladenden Kondensators nÀhert sich der Ladespannung an.
- Die StromstÀrke beim Einschaltvorgang einer Spule nÀhert sich der durch das ohmsche Gesetz gegebenen StromstÀrke an.
- Die WasserstĂ€nde zweier unterschiedlich gefĂŒllter, mit einem dĂŒnnen Schlauch verbundener WasserbehĂ€lter gleichen sich einander an.
- Diffusion: Die Konzentrationen eines gelösten Stoffes in zwei miteinander verbundenen Kammern gleichen sich aus.
- Die Fallgeschwindigkeit eines Körpers in einer FlĂŒssigkeit endlicher ViskositĂ€t nĂ€hert sich ihrer Endgeschwindigkeit an (Stokes-Reibung).
Vielen dieser Beispiele ist gemeinsam, dass jeweils eine intensive GröĂe und eine extensive GröĂe miteinander in Beziehung stehen:
- Temperatur und WĂ€rmemenge (thermische Energie)
- elektrische Spannung und elektrische Ladung am Kondensator
- Wasserdruck und Volumen (oder Stoffmenge) in zylindrischen BehÀltern
- Konzentration und Stoffmenge.
Die beiden GröĂen sind dabei jeweils proportional zueinander, und eine Differenz in der ersten GröĂe bewirkt, dass ein Fluss (oder Strom) der zweiten GröĂe zwischen den beiden Systemen flieĂt. Dieser wiederum bewirkt in den Systemen eine Ănderung der ersten GröĂe:
- Eine Temperaturdifferenz bewirkt einen WÀrmefluss und damit TemperaturÀnderungen in beiden Körpern.
- Eine Spannungsdifferenz am Kondensator bewirkt einen elektrischen Strom und damit eine SpannungsÀnderung.
- Ein KonzentrationsgefÀlle bewirkt einen Stofftransport und damit KonzentrationsÀnderungen.
- Eine FĂŒllhöhendifferenz (und damit Druckdifferenz) bewirkt einen Materiefluss und damit FĂŒllhöhenĂ€nderungen.
Die zeitliche Ănderung der intensiven GröĂe ist dabei proportional zur StĂ€rke des jeweiligen Flusses, und diese ist proportional zur Differenz der GröĂe. In einem solchen Fall gilt fĂŒr eine GröĂe also die Differentialgleichung
Dieser grundlegende Sachverhalt ist fĂŒr die oben beschriebenen PhĂ€nomene gleich, deshalb lassen sich Erkenntnisse und Gesetze zwischen diesen gut ĂŒbertragen. Die Diffusionsgesetze beispielsweise gelten ebenso fĂŒr die WĂ€rmeleitung und elektrische Ladung. (Elektrische PhĂ€nomene sind allerdings meist sehr schnell. Bei FlĂŒssigkeiten/Gasen ohne starke Reibung/DĂ€mpfung sorgt die TrĂ€gheit der bewegten Masse fĂŒr zusĂ€tzliche Effekte, meist in Form von Schwingungen und Schallwellen.)
Ist einer der beiden Werte konstant (AuĂentemperatur, Ladespannung), so wird sich die betrachtete GröĂe an diesen Wert annĂ€hern. Sind beide Werte variabel, so werden sie sich aneinander annĂ€hern. In beiden FĂ€llen nĂ€hern sich die Werte einem Endwert an, den man meist leicht berechnen kann.
Als Differentialgleichung kann man schreiben
mit der Lösung
Dabei ist der Wert von zu Beginn (bei Zeit ).
Der Exponentielle Abfall ist als AnnÀherung an den Wert 0 ein Spezialfall der Exponentiellen AnnÀherung mit .
Der Endwert AEnde wird nie erreicht, sondern nur immer besser angenĂ€hert. In der Praxis wird die immer kleinere Differenz zum Endwert irgendwann kleiner als die Messungenauigkeit. Nach der fĂŒnffachen Zeitkonstante () ist die ursprĂŒngliche Differenz bereits auf unter 1 % abgesunken, nach der siebenfachen () auf unter 1 â°.
Die Zeitkonstante lĂ€sst sich im konkreten Fall bestimmen und hĂ€ngt ab von GröĂen wie allgemeinen WiderstĂ€nden und KapazitĂ€ten. Beispielsweise ist beim Auf- oder Entladen eines Kondensators mit der KapazitĂ€t ĂŒber einen Widerstand mit dem Wert :
- .
