Die Copolymerisation ist eine Sonderform einer Polyreaktion. Sie unterscheidet sich von der âeinfachenâ Polyreaktion dadurch, dass statt eines Monomers (= Homopolymerisation) ein Gemisch von zwei oder mehreren chemisch unterschiedlichen Monomeren eingesetzt wird. Das Produkt der Copolymerisation ist ein Copolymer.
Allgemeines
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Gegensatz zur einfachen Homopolymerisation, bei der nur eine einzige Monomerart zum Einsatz kommt, werden bei der Copolymerisation verschiedene Monomere gleichzeitig oder nacheinander zur Reaktion gebracht. Das Produkt der Copolymerisation ist ein Copolymer, das unterschiedliche Monomerarten in einem MolekĂŒl besitzt. Je nach der Verteilung der verschiedenen Monomerarten im Polymer unterscheidet man zwischen statistischen, alternierenden, Block- und Pfropf-Copolymeren.
Copolymerisation macht eine Vielzahl von Werkstoffen zugĂ€nglich. Durch Abstimmung der Art und MolverhĂ€ltnisse der Monomeren im Polymer lassen sich viele Eigenschaften ĂŒber einen weiten Bereich variieren. Eine wichtige Klasse sind die thermoplastischen Elastomere. Diese werden bei erhöhter Temperatur zu Thermoplasten und können wie diese einfach verarbeitet werden. Nach Erkalten zeigen sie wieder (gummi)elastische Eigenschaften. Auch Weichmachung (Innere Weichmachung) ist durch Copolymerisation erreichbar. Ein externer Weichmacher wird dann nicht mehr benötigt.
Reaktionskinetik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]FĂŒr die ProzessfĂŒhrung der Synthese ist es wichtig zu wissen, welche Zusammensetzung das Copolymer haben soll. Dementsprechend mĂŒssen die Monomere eingesetzt werden. Betrachtet man zunĂ€chst die Synthese eines Copolymeren aus zwei Monomeren (fĂŒr höhere Systeme gilt das Modell entsprechend). GrundsĂ€tzlich sind vier Einzelreaktionen am Kettenende eines MakromolekĂŒls zu dessen Propagation möglich:
Aus den vier Geschwindigkeitskonstanten erstellt man nun Quotienten, die auch Copolymerisationsparameter genannt werden:
- und
Die Parameter geben die Wahrscheinlichkeit an, mit der das Monomer M oder M an ein Kettenende angelagert wird, welches eine M oder M Gruppe trÀgt.

Ist z. B. , wird das Monomer 2 bevorzugt an das Kettenende 1 angelagert. FĂŒr ist es genau umgekehrt. Sind beide Parameter gleich eins, so ist keine der vier Reaktionen bevorzugt, und es kommt zu einem rein statistisch verteilten Copolymer. Aus dem Geschwindigkeitsgesetz
lassen sich die MolenbrĂŒche im Polymer berechnen, da der Quotient von Geschwindigkeitskonstanten eine Gleichgewichtskonstante ist. TrĂ€gt man den Molenbruch einer Monomerspezies im Reaktionsansatz gegen ihren Molenbruch im Polymer auf, so erhĂ€lt man das abgebildete Copolymerisationsdiagramm. Der Schnittpunkt der Kurven mit der Winkelhalbierenden (hier grĂŒn) stellt den azeotropen Punkt dar. Wird eine Reaktion unter diesen Bedingungen gefĂŒhrt, ist der Molenbruch einer Spezies im Reaktionsansatz genauso groĂ wie im resultierenden Polymer. In anderen FĂ€llen kommt es zu einer Verschiebung des Molenbruchs wĂ€hrend der Reaktion. Dies wird als Drift bezeichnet.
ReaktivitÀt der Monomere
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ReaktivitÀt der Monomere und somit das Einbauverhalten der Monomerkomponenten in das Copolymer werden grundlegend durch zwei Faktoren dominiert.
- Resonanzeffekte
- PolaritÀtseffekte
Die ReaktivitÀt eines Monomers kann durch seine kinetische AktivitÀt beschrieben werden. Das Copolymerisationsverhalten wird durch den Copolymerisationsparameter r bestimmt und ist folglich eine Funktion der ReaktivitÀten der einzelnen Monomere.
Resonanzeffekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ReaktivitĂ€t eines Vinylmonomer wird durch die Struktur seines Substituenten determiniert. Resonanzstabilisierte Vinylgruppen weisen je nach StĂ€rke der Stabilisierung eine erhöhte AktivitĂ€t des Monomers gegenĂŒber dem Radikal auf. Stark resonanzstabilisierte Vinylmonomere sind reaktive Monomere und zugleich reaktionstrĂ€ge Radikale. Dies kann zur Folge haben, dass bei einer ungeeigneten Monomerkombination (z. B.: Styrol/Vinylacetat), Homopolymerisation eintritt, da die ReaktivitĂ€t der beiden Komponenten zu unterschiedlich ausgeprĂ€gt sind (r1=55, r2=0,01).
PolaritÀtseffekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einen groĂen Einfluss auf das Copolymerisationsverhalten hat darĂŒber hinaus die Polarisierung der vinylischen Doppelbindung. Elektronenziehende Substituenten (EWG's) erniedrigen die Elektronendichte der Doppelbindung, wohingegen Elektronendonoren diese erhöhen. Zu den Elektronenziehenden Gruppen zĂ€hlen MolekĂŒlstrukturen mit ausgeprĂ€gten âI- oder âM-Effekt, wie Ester, Ketone oder Cyanide. Den Elektronendonoren, solche mit +I- oder +M-Eigenschaften, können Alkyle oder Ether zugeordnet werden. Eine Monomerkombination von Monomeren unterschiedlicher PolaritĂ€t zeigen dabei eine Neigung zur alternierenden Monomerabfolge im Copolymer. Sind die PolaritĂ€ten einander Ă€hnlich so erfolgt eine statistische Abfolge.
Q-e-Schema
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine semiempirische Methode der Zuordnung von ReaktivitÀten Q und PolaritÀten e an Monomerverbindungen wurde von Alfrey und Price beschrieben. Mit dieser Methode lassen sich ReaktivitÀtsverhÀltnisse allein aufgrund dieser beiden Parameter berechnen. Die grafische Auftragung der ReaktivitÀten verschiedener Monomere im Q-e-Koordinatensystem wird auch als Q-e-Schema bezeichnet.
Die Geschwindigkeitskonstante eines Polymerwachstumsschritt wird durch die Arrhenius-Gleichung beschrieben. Die Faktoren ReaktivitÀt Q und PolaritÀt e sind in die Aktivierungsenergie integriert, wodurch folgende Beziehung angegeben werden kann.
Hierbei sind p1 die ReaktivitÀt des aktiven Kettenendes, q1 die des Monomers und e1 und e2 die PolaritÀten von aktiven Kettenende und Monomer. Die ReaktivitÀten können dabei in den Frequenzfaktor A12 eingezogen werden, so dass man folgende Beziehung erhÀlt.
Die Parameter Q (P) und e werden aus experimentellen Befunden (ermittelte r1, r2 Werte) bestimmt und in Relation zum Standard Styrol gesetzt, der willkĂŒrlich die Werte Q=1 und e= â0,8 zugeordnet bekommen hat.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- B. Tieke: Makromolekulare Chemie. Wiley-VCH, 2005, ISBN 3-527-31379-6.
