Carl Watzinger (* 9. Juni 1877 in Darmstadt; † 8. Dezember 1948 in Tübingen) war ein deutscher Klassischer Archäologe.
Leben
Der Sohn von Carl Watzinger und Bertha Geilfus besuchte das Gymnasiums in seiner Heimatstadt Darmstadt und wurde dort bereits vom damaligen Hilfslehrer und Archäologen Ferdinand Noack, den Watzinger in seinem der Dissertation angehängten Lebenslauf als seinen Lieblingslehrer beschreibt, zum Studium antiker Kunstdenkmäler hingeführt. Nach dem Abitur 1895 studierte Carl (später auch Karl geschrieben)[1] Watzinger zunächst Klassische Philologie in Heidelberg (Sommersemester (SS) 1895), Berlin (Wintersemester (WS) 1895/96) und von SS 1896 bis SS 1899 in Bonn, wo er sich der Klassischen Archäologie und dem Fach Geschichte zuwandte.[1] Promoviert wurde er am 28. Januar 1899 in Bonn bei Georg Loeschcke mit der Dissertation Studien zum unteritalischen Grabschmuck und zur Vasenmalerei.[1] Am 29. Juli 1899 legte er die Höhere Lehramtsprüfung für Latein, Griechisch und Geschichte ab. Für die Jahre 1899/1900 und 1901/1902 erhielt Watzinger das Reisestipendium des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches; er reiste durch Italien, Griechenland, Kleinasien und Ägypten. 1900/01 verrichtete er Hilfsarbeiten an der Abteilung Athen des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches und beteiligte sich an der Aufarbeitung von Grabungen in Athen, Magnesia[1] und Pergamon.
Ab 1902 war Watzinger Mitarbeiter in der Skulpturenabteilung der Berliner Museen. Seit Januar 1904 Privatdozent an der Universität Berlin, erhielt er im Herbst 1905 einen Ruf nach Rostock und blieb dort bis 1909 als Außerordentlicher Professor. Zusammen mit Heinrich Kohl bereiste Watzinger 1905 und 1907 im Auftrag der Deutschen Orient-Gesellschaft Galiläa, um die dortigen Synagogen zu erforschen. In den Jahren 1908 und 1909 nahm er an den ersten Ausgrabungen in Jericho teil, die sein Rostocker Kollege, der Alttestamentler Ernst Sellin leitete.
1909 ging Carl Watzinger als ordentlicher Professor nach Gießen; 1916 wurde er an die Universität Tübingen berufen und wurde dort Nachfolger Ferdinand Noacks, seines Lehrers aus Schulzeiten. Da er während des Ersten Weltkrieges dem von Theodor Wiegand geleiteten Deutsch-Türkischen Denkmalschutzkommando im Asien-Korps angehörte, konnte er erst zum Wintersemester 1918/19 seine Professur in Tübingen antreten, die er bis zu seiner Emeritierung im März 1947 innehatte. Bis zum Sommersemester 1948 vertrat er den Lehrstuhl weiterhin, bis sein Nachfolger Bernhard Schweitzer eintraf. Unter seinen Schülern sind die Prähistoriker Gerhard Bersu und Wilhelm Unverzagt zu nennen sowie die Klassischen Archäologen Hans Klumbach und Karl Kübler.
Von 1911 bis zu seiner Emeritierung war Carl Watzinger Mitglied der Zentraldirektion des Deutschen Archäologischen Instituts, zunächst für Hessen, dann für Württemberg, ferner Mitglied des Österreichischen Archäologischen Instituts und Ehrenmitglied der Griechischen Archäologischen Gesellschaft in Athen.
Sein Sohn Karl Otto verfasste 1989 eine Biographie seines Vaters (siehe Literatur).
Publikationen (Auswahl)
- De vasculis pictis Tarentinis. Capita selecta. = Studien zur unteritalischen Vasenmalerei. Otto, Darmstadt 1899 (Auszug aus: Dissertation Universität Bonn 1899; Digitalisat).
- mit Carl Humann: Magnesia am Mäander[1]
- Das Relief des Archelaos von Priene (= Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin. 63). Reimer, Berlin 1903.
- Griechische Holzsarkophage aus der Zeit Alexanders des Grossen (= Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft in Abusir 1902–1904. 3 = Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft. 6, ISSN 0342-4464). Hinrichs, Leipzig 1905 (Digitalisat).
- mit Gangolf von Kieseritzky: Griechische Grabreliefs aus Südrussland. Reimer, Berlin 1909 (Digitalisat).
- mit Ernst Sellin: Jericho. Die Ergebnisse der Ausgrabungen (= Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft. 22). Hinrichs, Leipzig 1913.
- mit Heinrich Kohl: Antike Synagogen in Galilaea (= Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft. 29). Hinrichs, Leipzig 1916.
- mit Walter Bachmann und Theodor Wiegand: Petra (= Wissenschaftliche Veröffentlichungen des deutsch-türkischen Denkmalschutz-Kommandos. H. 3, ZDB-ID 546508-4). de Gruyter, Berlin u. a. 1921.
- mit Karl Wulzinger: Damaskus. Die antike Stadt (= Wissenschaftliche Veröffentlichungen des deutsch-türkischen Denkmalschutz-Kommandos. H. 4). de Gruyter, Berlin u. a. 1921.
- mit Karl Wulzinger: Damaskus. Die islamische Stadt (= Wissenschaftliche Veröffentlichungen des deutsch-türkischen Denkmalschutz-Kommandos. H. 5). de Gruyter, Berlin u. a. 1924.
- Griechische Vasen in Tübingen (= Tübinger Forschungen zur Archäologie und Kunstgeschichte. Bd. 2, ISSN 0175-9183). Gryphius-Verlag, Reutlingen 1924.
- Denkmäler Palästinas. 2 Bände. Hinrichs, Leipzig 1933–1935;
- Band 1: Von den Anfängen bis zum Ende der israelitischen Königszeit. 1933;
- Band 2: Von der Herrschaft der Assyrer bis zur arabischen Eroberung. 1935.
- Theodor Wiegand. Ein deutscher Archäologe 1864–1936. C. H. Beck, München 1944.
Literatur
- Margarete Bieber: Necrology. Carl Watzinger. In: American Journal of Archaeology. Bd. 54, Nr. 2, 1950, S. 133–134, JSTOR:500205.
- Karl Otto Watzinger: Carl Watzinger (1877–1948). Professor der Archäologie an der Universität Tübingen. Ein Lebensbild aus Dokumenten und nachgelassenen Briefen. In: Bausteine zur Tübinger Universitätsgeschichte 4 (1989), S. 111–126.
- Klaus Stefan Freyberger: Carl Watzinger. Ein Pionier der archäologischen Forschungen in der östlichen Mittelmeerwelt. In: Philipp Baas u. a. (Hrsg.): Klassische Archäologie im Wandel. Zum 150jährigen Bestehen des Tübinger Instituts (= Tübinger Archäologische Forschungen. Sonderschriften Band 1). Verlag Marie Leidorf, Rahden/Westf. 2017, ISBN 978-3-86757-021-3, S. 125–141.
- Richard Posamentir: Carl Watzinger in Tübingen. In: Philipp Baas u. a. (Hrsg.): Klassische Archäologie im Wandel. Zum 150jährigen Bestehen des Tübinger Instituts (= Tübinger Archäologische Forschungen. Sonderschriften Band 1)., Verlag Marie Leidorf, Rahden/Westf. 2017, ISBN 978-3-86757-021-3, S. 107–124.
Weblinks
- Literatur von und über Carl Watzinger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag zu Carl Watzinger im Catalogus Professorum Rostochiensium
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e Unter Kunst, Wissenschaft, Literatur: Karl Watzinger. In: Vossische Zeitung, 17. August 1905.
Personendaten | |
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NAME | Watzinger, Carl |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Klassischer Archäologe |
GEBURTSDATUM | 9. Juni 1877 |
GEBURTSORT | Darmstadt |
STERBEDATUM | 8. Dezember 1948 |
STERBEORT | Tübingen |
- Klassischer Archäologe
- Forscher (Antike Vasenmalerei)
- Hochschullehrer (Justus-Liebig-Universität Gießen)
- Hochschullehrer (Humboldt-Universität zu Berlin)
- Hochschullehrer (Universität Rostock)
- Hochschullehrer (Eberhard Karls Universität Tübingen)
- Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts
- Mitglied des Österreichischen Archäologischen Instituts
- Deutscher
- Geboren 1877
- Gestorben 1948
- Mann