Miteigentum ist das Eigentum an einer Sache, das mehreren Eigentümern gemeinschaftlich nach Bruchteilen zusteht.
Allgemeines
Das BGB benennt mit dem Präfix „Mit-“ einige Rechtsverhältnisse, bei denen mehrere Rechtssubjekte durch dasselbe Recht miteinander verbunden sind (Miteigentum, Mitbesitz, Miterben, Mitbürgschaft, Mithaftung). Das Miteigentum ist Eigentum, so dass zunächst regelmäßig die Vorschriften über das Eigentum (§§ 903 ff. BGB) gelten. Das Miteigentum stellt eine besondere Eigentumsform dar, weil zusätzlich auch die Normen über Bruchteile (§§ 1008 ff. BGB) und über die Gemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) anzuwenden sind.[1] Wenn das BGB von Miteigentum spricht, meint es das Bruchteilseigentum, dessen schuldrechtliche Grundlage die Gemeinschaft bildet.[2]
Arten
Es gibt Miteigentum an Sachen (an beweglichen und an Grundstücken), im Wohnungseigentum und Teileigentum, an Wertpapieren und im Eherecht.
Miteigentum an Sachen
Miteigentum kann an beweglichen Sachen und Grundstücken, auch an den grundstücksgleichen Rechten Wohnungs- und Teileigentum bestehen. Der rechtsgeschäftliche Erwerb des Miteigentums vollzieht sich wie bei Eigentum durch Einigung und Übergabe, bei Grundstücken durch Einigung und Eintragung im Grundbuch. Kraft Gesetzes entsteht Miteigentum an beweglichen Sachen durch Verbindung zu wesentlichen Bestandteilen einer neuen Sache (§ 947 BGB), in gleicher Weise durch Vermischung (§ 948 BGB); außerdem führt die Vereinigung von Bienenschwärmen (§ 963 BGB) und der Schatzfund (§ 984 BGB) zu Miteigentum kraft Gesetz.
Die Grundregel des § 1008 BGB geht auf die Frage, was Bruchteile sind, nicht näher ein, sondern setzt sie als bekannt voraus. Bruchteile ergeben sich aus der Bruchrechnung, so dass hier 1⁄2, 1⁄4 usw. gemeint sind. Da eine reale Teilung der Sache nicht möglich ist, kann das Eigentumsrecht an der ganzen Sache beim Miteigentum nur ideell geteilt werden. Das wird bei Grundstücken im Grundbuch sichtbar, weil in Abteilung I (Eigentumsverhältnisse) mehrere Eigentümer gemeinschaftlich eingetragen werden können. Bei Eheleuten erfolgt die Eintragung meist zu je 1⁄2 ideellen Anteils. Praktisch wichtigste Form ist das Miteigentum an Grundstücken. Nach den §§ 921, § 922 BGB wird die Einfriedung auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit Einwilligung des Nachbarn kraft Gesetzes zu einer Grenzeinrichtung, die Miteigentum der beiden Nachbarn darstellt und deshalb nur noch mit Einwilligung des Nachbarn verändert oder beseitigt werden kann.
Über seinen Anteil kann jeder Miteigentümer alleine verfügen (§ 747 Satz 1 BGB), über die ganze Sache nur alle Miteigentümer gemeinschaftlich (§ 747 Satz 2 BGB). Miteigentum ist übertragbar und belastbar (§§ 1009 Abs. 1, § 1066, § 1114, § 1192 Abs. 1 BGB). Jeder Miteigentümer kann seinen Bruchteil – ohne die Zustimmung der anderen Miteigentümer einholen zu müssen – jederzeit an einen Dritten übertragen. Dabei kann er dem Erwerber – neben Miteigentum – jedoch nur Mitbesitz einräumen, der durch Besitzkonstitut (§ 930 BGB) ersetzt werden kann.[3] Die Belastung eines bestimmten Miteigentumsanteils an einer Sache erfolgt durch Verpfändung, Grundpfandrechte oder durch vollstreckende Gläubiger bei Pfändungspfandrechten oder Vermieterpfandrechten. Die nicht von der Belastung betroffenen Miteigentumsanteile bleiben weiterhin lastenfrei. Gemäß § 1006 BGB kann von Mitbesitz beweglicher Sachen auf Miteigentum geschlossen werden.
Wohnungs- und Teileigentum
Gesetzlich geregelter Sonderfall ist das Wohnungs- und Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Hier regelt § 1 Abs. 2 WEG, dass es sich beim Wohnungseigentum um das „Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört“ handelt. Das Sondereigentum kann ohne den zugehörigen Miteigentumsanteil weder belastet noch veräußert werden (§ 6 Abs. 1 WEG). Für das – gewerblich genutzte – Teileigentum gelten diese Vorschriften entsprechend (§ 1 Abs. 6 WEG).
Wertpapierrechtliche Sonderformen
Wertpapiere (genauer: Effekten) werden im Regelfall nicht „effektiv“ (als echte Urkunden) gekauft und verkauft, sondern als Depotguthaben auf Girosammeldepotkonten im Rahmen der Sammelverwahrung geführt und gebucht. Wertpapiere derselben Emission werden für eine Vielzahl von Hinterlegern ungetrennt verwahrt, wodurch der Hinterleger sein Alleineigentum verliert und dafür einen Miteigentumsanteil am Sammelbestand nach § 6 Abs. 1 DepotG erhält. Dieser Miteigentumsanteil wird durch sein Depotguthaben ausgedrückt, welches auf seinem Depotkonto verbucht ist.
Nach § 162 Abs. 2 Nr. 3 KAGB haben die Anteilsinhaber Miteigentum am Sondervermögen des Investmentfonds.
Eherecht
Teilweise umstritten ist das Miteigentum im Eherecht.[4] Erwerben Eheleute – soweit sie nicht in Gütergemeinschaft leben – gemeinsam eine Sache, so werden sie im Regelfall nach § 1357 Abs. 1 BGB automatisch Miteigentümer nach Bruchteilen, wenn nichts anderes vereinbart wird. Das betrifft
- Familienimmobilien: auch wenn im Grundbuch als alleiniger Eigentümer nur ein Ehegatte eingetragen ist (üblich ist die Eintragung beider Ehegatten zu je 1⁄2 ideellen Anteil), sind eherechtlich beide Ehegatten Miteigentümer.
- Hausrat: der insbesondere aus gemeinsamen Haushaltsgeld erworbene und gemeinsam genutzte Hausrat steht im Miteigentum beider Ehegatten (§ 1363 BGB); die Rechtsprechung geht bei Haushaltsgegenständen davon aus, dass sie zu Miteigentum erworben werden.[5] Darüber können sie nur gemeinschaftlich verfügen (§ 747 Satz 2 BGB).
- Bankkonten: Gemeinschaftskonten (sowohl Und- als auch Oder-Konten) unterfallen den §§ 741 ff. BGB. Es spielt keine Rolle, von wem das Guthaben stammt. Hat etwa nur der Ehemann Einkommen, das auf das Gemeinschaftskonto überwiesen wird, so steht das Guthaben dennoch zur Hälfte auch der Ehefrau zu, wenn die Ehegatten nichts anderes vereinbart haben. Zum Streit führen bei Trennung oft unterschiedliche Gutschriften auf und Abhebungen vom Konto; es besteht ein Ausgleichsanspruch (§§ 741, 752, 753 Abs. 1 und 1008 BGB), wenn ein Ehegatte mehr abhebt als ihm quotal zusteht.[6]
Während der ehelichen Lebensgemeinschaft haben die Ehegatten ein wechselseitiges Recht zum Mitbesitz (§ 1353 BGB), die in den Haushalt eingebrachten Sachen unterliegen nach § 861 BGB dem Mitbesitz und deshalb nach § 1006 BGB der Vermutung des Miteigentums (eingeschränkt durch den Gläubigerschutz des § 1362 BGB). Bei Zugewinngemeinschaft ist § 747 Satz 1 BGB durch die Einwilligungspflicht des anderen Ehegatten nach § 1369 BGB beschränkt.
Gesamthandseigentum
Eine völlig andere Art des Miteigentums ist das Gesamthandseigentum der BGB-Gesellschafter nach § 719 BGB, der Ehegatten in der Gütergemeinschaft nach § 1419 BGB und der Miterben nach § 2033 Abs. 2 BGB.[2] Jeder ist hierbei Eigentümer der ganzen Sache, weil es ideelle Bruchteile nicht gibt.
Österreich und Schweiz
Österreich
Miteigentum ist im österreichischen Recht das in ideelle Anteile (Quoten, Bruchteile) zerlegte Eigentum mehrerer an einer gemeinsamen beweglichen Sache oder Liegenschaft (§ 825 ABGB), das dem deutschen Miteigentum nach Bruchteilen ähnelt, wie es in den §§ 1008 – 1011 BGB geregelt ist. Wichtig ist die Unterscheidung zum Gesamthandseigentum. Die Miteigentümer müssen die Sache, im Verhältnis ihres Anteils daran, gemeinsam verwalten (§ 833 ABGB), wobei die absolute Mehrheit ausschlaggebend ist. Bei außerordentlichen Entscheidungen über das Schicksal der Sache wird Einstimmigkeit verlangt, kann diese nicht erzielt werden entscheidet das Gericht im Außerstreitverfahren.
Schweiz
Das selbständige Miteigentum ist eine Art gemeinschaftlichen Eigentums an einer beweglichen Sache oder an einem Grundstück, bei welcher jeder transparent nach Bruchteilen beteiligt ist (Art. 646 Abs. 1 ZGB) und seinen Anteil verpfänden, veräußern oder sonst belasten kann (Art. 646 Abs. 3 ZGB). Das gilt auch für Grundstücke (Art. 655 Abs. 2 Ziff. 4 in Verbindung mit Art. 943 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB). Neben vertraglichen Entstehungsgründen gibt es kraft Gesetzes wie in Deutschland die Entstehung von Miteigentum durch Verbindung und Vermischung beweglicher Sachen (Art. 727 Abs. ZGB) und Grenzvorrichtungen zwischen zwei Liegenschaften (Art. 670 ZGB). Diese Eigentumsform ist auch in den nicht deutschsprachigen Kantonen der Schweiz eine seit 1907 bestehende Form des Eigentums.
Beendigung
Nach § 749 BGB kann jeder einzelne Miteigentümer Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Daneben gibt es auch noch die Aufhebungsklage.
Einzelnachweise
- ↑ Jan Wilhelm, Sachenrecht, 2007, S. 298.
- ↑ a b Kurt Schellhammer, Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen, 2012, S. 61.
- ↑ Otto Palandt/Peter Bassenge, BGB-Kommentar, 73. Auflage 2014, § 1008 Rn. 4
- ↑ Thomas Rauscher, Familienrecht, 2008, S. 277 ff.
- ↑ BGHZ 114, 74, 78
- ↑ Thomas Rauscher, Familienrecht, 2008, S. 366.