Blockuniversum – auch Blockzeit, Eternalismus – bezeichnet eine bestimmte kosmologische Vorstellung. Dabei wird die Gesamtheit der Zeit, also Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, als gleichermaßen gegeben und real aufgefasst. Die Zeit wird somit in Analogie zum Raum (Philosophie) gesehen. Die Annahme einer solchen Position hat weitreichende Folgen für die Philosophie der Zeit, die Ontologie und die temporale Logik. Konkurrierende Standpunkte sind Präsentismus (nur Gegenwart ist real) und Possibilismus (Gegenwärtiges und Vergangenes sind real gegeben, die Zukunft ist offen).
Klassische Vorläufer
Eine erste philosophische Formulierung findet sich zumindest implizit bei den griechischen Philosophen Parmenides (ca. 520–455 v. Chr.) und Zenon von Elea (ca. 490–430 v. Chr.), dort in ihren Argumenten für die Irrealität des empfundenen Vergehens der Zeit. Parmenides und Zenon von Elea, beide gehörten zur Schule der Eleaten, benutzen diese Argumentation zunächst zur Rechtfertigung eines Rationalismus. Dieser Rationalismus verweist auch auf die Schule der Pythagoreer.
In den Traditionen von Judentum, Christentum und Islam entspricht der Idee eines Blockuniversums die Vorstellung, dass Gott außerhalb der Zeit stehe. Augustinus von Hippo (354–430 n. Chr.), Kirchenlehrer und Philosoph der Spätantike, diskutiert diese Position. In der Neuzeit ist auch die pantheistische Kosmologie des Rationalisten Baruch de Spinoza (1632–1677) mit solchen Vorstellungen in Einklang.
Spezielle Relativitätstheorie
Im modernen Sinne ist die Vorstellung des Blockuniversums mit einer Beschreibung der Raumzeit verbunden, die die spezielle Relativitätstheorie in der Auffassung von Minkowski nahelegt: die Raumzeit als vierdimensionaler „Block“ anstelle der Vorstellung eines dreidimensionalen Raumes, der sich auf der Zeitachse bewegt oder dessen Zustände sich innerhalb der Zeit ändern. Die Alternativen scheinen eine absolute Gleichzeitigkeit vorauszusetzen, eine solche Unabhängigkeit der Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen Inertialsystemen ist aber mit der speziellen Relativitätstheorie unvereinbar.
Kritiker[1] schreiben dem relativen, subjektiven Raum der Gleichzeitigkeit keinerlei Realität zu. Dieser entspricht im Minkowski-Raum der Weltlinie t=0.
Spricht man Objekten auf t=0 (bzw. ct=0) eine Realität zu, ergibt sich das Blockuniversum, wendet man zum Beispiel das Minkowski-Diagramm an, zwangsläufig.
Man habe 4 Beobachter bzw. Objekte, B1, B2, B3 und B4. B1 befindet sich im Ursprung des Minkowski-Diagramms, ruhend, B2, dort ebenso, aber sich gleichförmig bewegend zu B1; dann ist die Zeitachse von B2 t2 zu t geneigt (dies ist unstrittig), ein weiterer Beobachter B3, ruhend zu B1 befinde sich bei x, aber auf t=0, und dessen Zeitachse t3=0 ist identisch zu der von B1 (t=0), Befindet sich bei x und auf t=0 aber ein weiterer Beobachter B4, bewegt zu B3, ist dessen t4=0 Achse geneigt zu t3=t=0 und schneidet, je nach Bewegungsrichtung den Vergangenheits - oder Zukunftsbereich von B1, seine "universale" Gegenwart kann Vergangenheit oder Zukunft von B1 sein.
Ein Gedankenexperiment zeigt, dass man Objekten auf t=0 durchaus Realität zumessen muss. Man möchte mit einem Laserstrahl von der Erde auf dem Mars eine vorbereitete Explosion auslösen. Mars sei 10 Lichtminuten entfernt. Unter Berücksichtigung der Licht-Abberation zielt man den Laser natürlich nicht auf das Bild von Mars, natürlich auch nicht dorthin, wo man ihn 10 Minuten später errechnet, sondern selbstverständlich zielt man dorthin, wo man Mars 20 Minuten später erwartet.
Ohne die Relativitätstheorien zu leugnen, könnte man allerdings die Realität der vierdimensionalen Raumzeit anzweifeln und Zeit eher als menschliches Konstrukt ansehen, um verschiedene periodische Ereignisse miteinander zu vergleichen und Phänomene wie Entropie zu beschreiben, die Raumzeit wäre nur eine Rechenhilfe, vergleichbar mit einem Raum-Zeit-Diagramm in der newtonischen Mechanik.
Vertreter eines Blockuniversums interpretieren die spezielle Relativitätstheorie so, dass es keine Möglichkeit gibt, einen eindeutig bestimmten Punkt in der Zeit unabhängig von der eigenen Perspektive als Gegenwart zu identifizieren. Gleichzeitigkeit, und damit die Unterscheidung von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft wird damit bloß subjektiv, das Verstreichen der Zeit zu einer Standpunkt-Illusion. Die Blockzeit nimmt daher alle Zeitpunkte der Zeit als gleicherweise mögliche, ontologisch reale Ausgangspunkte von Perspektiven an, Vergangenheit und Zukunft werden zu Betrachtungsrichtungen, anstatt ontologisch verschiedenen Bereichen. Die Diskussion über ein Blockuniversum wurde in den späten 1960er Jahren insbesondere durch Hilary Putnam und C. Wim Rietdjik mit dem Rietdijk-Putnam-Argument angestoßen.
Die Asymmetrie, also dass irreversible Ereignisse lediglich in einer zeitlichen Richtung verlaufen (wie das Ansteigen der Entropie), wird hier zum Grund für die Annahme der Gerichtetheit der Zeit („Zeitpfeil“). Das Blockuniversum hat somit einen Determinismus zur Folge.
Siehe auch
Literatur
- Huw Price: Time's Arrow and Archimedes' Point, Oxford University Press, New York 1996
- Carlo Rovelli: The Order of Time, Penguin Books, 2019
- Hilary Putnam: Time and Physical Geometry, Journal of Philosophy, 64, pp. 240-47, 1967
Weblinks
- Vesselin Petkov (2005) „Is There an Alternative to the Block Universe View?“ in Dennis Dieks (Hrsg.): The Ontology of Spacetime, Elsevier, Amsterdam, 2006; „Philosophy and Foundations of Physics“ Series, pp. 207–228
- Ned Markosian: Time. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Steven Savitt: Being and Becoming in Modern Physics. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Michael C. Rea: Four Dimensionalism (PDF; 133 kB), in: Michael J. Loux / Dean W. Zimmerman (Hrsg.): The Oxford Handbook of Metaphysics, OUP, Oxford 2005, ISBN 0-19-928422-9.
Einzelnachweise
- ↑ Mermin, N. David (2005) It’s About Time, Princeton University Press, Princeton (NJ), 2021, ISBN 978-0-691-21877-9