Ein Binnendelta ist ein Flussdelta, das sich im Binnenland befindet. Das Fließgewässer teilt sich dort durch Hindernisse und Strömungseffekte – so etwa vor Sedimentablagerungen nach Überschwemmungen – nach dem Prinzip eines Schwemmfächers bei meist geringem Gefälle ähnlich einem Mündungsdelta am Meer in mehrere Wasserläufe auf. Meist mündet es in einen Endsee[1] in einem abflusslosen Becken oder versickert in einem Trockengebiet. Doch auch ein verzweigter Abschnitt eines Flusses in einer Niederung wird oft als Binnendelta bezeichnet oder fachsprachlich als anastomosierender Fluss.
Binnendelta ohne Abfluss
In einem Binnendelta ohne Abfluss teilt sich ein Fließgewässer in zwei oder mehrere Flussarme auf, die dann maximal bis zum niedrigsten Punkt eines meist abflusslosen Beckens fließen, wo das Wasser verdunstet oder versickert. In einer solchen Landschaftsform, die niedriger als das sie umgebende Gebiet und auch unterhalb des Meeresspiegels liegen kann, kann sich das Wasser auch sammeln, so dass vor allem in den tropischen Regenzeitgebieten ein Feuchtgebiet mit periodisch auftretenden Überschwemmungen entsteht. Wenn der Zufluss von Wasser somit größer als die Verdunstung ist, können in diesen Becken Sümpfe, zyklisch auftretende oder dauerhafte Seen entstehen.
Beispiele für ein Binnendelta ohne Abfluss sind:
- Wolga mündet im Kaspischen Meer
- Amudarja mündet in den Aralsee (Endsee; Usbekistan)
- Syrdarja mündet in den Aralsee (Endsee; Kasachstan)
- Ili mündet in den Balchaschsee (Endsee; Kasachstan)
- Murgab versickert in der Karakum-Wüste (Turkmenistan)
- Helmand mündet in der Godzareh-Niederung (Iran und Afghanistan)
- Tarim versickert im Tarim-Becken (China)[2]
- Jordan mündet im Toten Meer
- Okavango mündet in das Okavangodelta in der Kalahari (Botswana)[3]
- Río Dulce mündet in Mar Chiquita (Argentinien)
Binnendelta mit Abfluss
Ein Binnendelta mit Abfluss wird in der Fachsprache als anastomosierender Fluss bezeichnet. Hier fließt das Wasser eines oder mehrerer Fließgewässer in einer Niederung nicht direkt aus diesem Landschaftsbereich ab. Das (oder die) Fließgewässer teilt sich zuerst in zwei oder mehrere Flussarme auf, die sich häufig am niedrigsten Punkt der Gegend wieder vereinen und in einem gemeinsamen Flusslauf weiterfließen. Durch die den Bereich abschließende Engstelle kann sich das Wasser im Binnendelta stauen, es entsteht ein Feuchtgebiet mit häufigen Überschwemmungen, oder es bildet sich ein See.
Beispiele für ein Binnendelta mit Abfluss sind:
- Oderbruch nördlich von Frankfurt (Oder)
- Hase bei Quakenbrück
- Havel im Stadtgebiet Brandenburgs an der Havel, Rathenows und zwischen Havel und Gülper Havel[4].
- Wümme bei Fischerhude
- Elbe bei Hamburg (Teilbereich der Unterelbe, bildet jetzt den Hamburger Hafen)
- Elbe bei Lutherstadt Wittenberg[5]
- Spree im Spreewald[6]
- Saale im Stadtgebiet von Halle (Saale)
- Weiße Elster verzweigt sich stark zwischen Zwenkau und der Mündung in die Saale, wird beim Zufluss von Pleiße und Parthe Leipziger Gewässerknoten genannt
- Alpenrhein in den Bodensee
- Tiroler Achen fließt im Verlauf ihres Deltas in den Chiemsee, der durch die Alz entwässert wird
- Donautal zwischen Bratislava und Iža
- Rhein-Maas-Delta in den Niederlanden (die Flussmarschen wurden bis ins Hochmittelalter durch Küstenmoore eingeengt)
- Leieebene im Département Nord und der Provinz Westflandern
- Tajo (Spanien)
- Vardar-tal in Makedonien
- Ob im Westsibirischen Tiefland; zudem ein Mündungsdelta und einen -trichter am Unterlauf des Flusses
- Rio Negro (Amazonas) oberhalb von Manaus
- Niger in der Massina-Niederung; zudem ein Mündungsdelta am Ende des Unterlaufes[7]
- Hadejia-Nguru-Feuchtgebiete im nordöstlichen Nigeria
- Rio Purus fließt im Verlauf seines Deltas in den Amazonas
- Peace-Athabasca-Binnendelta (Kanada)
- Mekong
- Ligawasan-Flussmarschen und Agusan-Marschland auf der Insel Mindanao in den Philippinen
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Geografie-Lexikon: Binnendelta Auf: geodz.com
- ↑ Niels Thevs: Ecology, Spatial Distribution, and Utilization of the Tugai Vegetation at the Middle Reaches of the Tarim, River Xinjiang, China. Cuvillier Verlag 2006, ISBN 3-86727-431-2, S. 13 (eingeschränkte Online-Version (Google Books))
- ↑ Hermann Remmert: Spezielle Ökologie: Terrestrische Systeme. Springer 1997, ISBN 3-540-58264-9, S. 216–217.
- ↑ Norbert Stein: Gülper Havel soll wieder fließen. In: maz-online.de. 28. November 2016, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 29. Januar 2021; abgerufen am 26. August 2020. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Hansjörg Küster: Die Elbe: Landschaft und Geschichte. C.H.Beck 2007, ISBN 3-406-56209-4, S. 137 (eingeschränkte Online-Version (Google Books))
- ↑ UNESCO-Biosphärenreservat Spreewald (Binnendelta) auf der webseite der deutschen UNESCO
- ↑ Bertelsmann- das neue Universallexikon. Wissen Media Verlag 2006, ISBN 3-577-10298-5, S. 581 (eingeschränkte Online-Version (Google Books))