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Binge-Eating-Störung – Wikipedia 👆 Click Here!
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Binge Eating)
Klassifikation nach ICD-10
F50.4 Essattacken bei sonstigen psychischen Störungen
F50.8 Sonstige Essstörung
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Klassifikation nach ICD-11
6B82 Binge-Eating-Störung
MB29.1 Binge-Eating
ICD-11: Englisch • Deutsch (Entwurf)

Die Binge-Eating-Störung (BES) (englisch Binge Eating Disorder, abgekürzt BED, vom englischen binge „Gelage“) ist eine Essstörung, bei der es zum Binge-Eating, also zu periodischen Heißhungeranfällen (Essanfällen, umgangssprachlich auch „Fressattacken“ oder „Fressanfälle“) mit Verlust der bewussten Kontrolle über das Essverhalten, kommt. Im Gegensatz zur Bulimia nervosa werden anschließend keine Gegenmaßnahmen unternommen, so dass längerfristig meist Übergewicht oder sogar Adipositas die Folge ist.

Die Binge-Eating-Störung ist die am häufigsten auftretende Essstörung.[1][2][3]

Diagnostik

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Historie und Anerkennung als Krankheitsbild

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Das Störungsbild wurde bereits 1959 von Albert Stunkard erstmals beschrieben.

1994 wurden für das DSM-IV erstmals Forschungskriterien für die BES formuliert, mit Veröffentlichung des DSM-5 kam die BES als neue eigenständige Diagnose hinzu.[4] In der ICD-10 wurde die BES unspezifisch unter „Nicht näher bezeichnete Essstörung“ (F50.9)[5] oder unter „Essattacken bei sonstigen psychischen Störungen“ (F50.4)[6] klassifiziert. Die Definition dieser Essstörung war längere Zeit umstritten, die Kriterien werden von Ernährungswissenschaftlern und Medizinern jedoch zunehmend akzeptiert; die Behandlungsbedürftigkeit dieser Störung wird auch in Europa mittlerweile überwiegend anerkannt. Die Behandlungskonzepte entsprechen in der Regel denen der Bulimie.[7]

DSM-5

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Im 2013 erschienen DSM-5 wurde die „Binge-Eating-Störung“ erstmals als eigenständige Störung definiert.[8][9] Die Symptome der Binge-Eating-Störung umfassen demnach:

  • mindestens einen Essanfall pro Woche über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten.
  • Leiden infolge des Binge-Eatings.
  • keine Kompensation.
  • während des Essanfalls: Kontrollverlust und Verzehr einer großen Nahrungsmenge

Zusätzlich müssen mindestens drei der folgenden Symptome auftreten:

  • hastiges Essen („Schlingen“),
  • Essen großer Nahrungsmengen ohne körperlichen Hunger,
  • Alleinessen (aus Scham),
  • nach dem Essanfall: Ekel über sich selbst, Schuldgefühle und/oder Depression.

ICD-11

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Mit dem Inkrafttreten der ICD-11 im Jahr 2022 wurde die „Binge-Eating-Störung“ (Binge eating disorder) als eigenständige psychische Störung unter „Fütter- oder Essstörungen“ aufgenommen. Um die Störung zu diagnostizieren, müssen mindestens folgende Kriterien auftreten:[10]

  • „Häufige, wiederkehrende Essanfälle (z. B. einmal pro Woche oder öfter über einen Zeitraum von drei Monaten). Binge-Eating ist definiert als ein diskreter Zeitraum (z. B. 2 Stunden), in dem der Betroffene die Kontrolle über sein Essverhalten verliert und deutlich mehr oder anders isst als sonst. Der Kontrollverlust über das Essen kann von den Betroffenen so beschrieben werden, dass sie das Gefühl haben, nicht aufhören zu können oder die Menge oder die Art der verzehrten Lebensmittel nicht einschränken zu können;, dass sie Schwierigkeiten haben, mit dem Essen aufzuhören, wenn sie einmal angefangen haben; oder dass sie sogar den Versuch aufgeben, ihr Essen zu kontrollieren, weil sie wissen, dass sie am Ende zu viel essen werden.
  • Die Essanfälle werden nicht regelmäßig von unangemessenen kompensatorischen Verhaltensweisen begleitet, die eine Gewichtszunahme verhindern sollen.
  • Die Symptome und Verhaltensweisen lassen sich nicht besser durch eine andere medizinische Erkrankung (z. B. Prader-Willi-Syndrom) oder eine psychische Störung (z. B. eine depressive Störung) erklären und sind nicht auf die Auswirkungen einer Substanz oder eines Medikaments auf das zentrale Nervensystem, einschließlich Entzugserscheinungen, zurückzuführen.
  • Es besteht ein ausgeprägter Leidensdruck aufgrund des Essverhaltens oder eine erhebliche Beeinträchtigung in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.“

Mögliche Zusatzsymptome

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Bei unkontrollierten Essattacken werden meistens fettreiche und süße Lebensmittel gegessen, die einen hohen physiologischen Brennwert aufweisen.

Wie Bulimiker verschweigen Binge-Eater in der Regel ihr gestörtes Essverhalten, dies auch gegenüber Freunden oder Familienangehörigen. Befragungen von Betroffenen legen den Schluss nahe, dass die Essanfälle ausschließlich psychisch bedingt sind und überwiegend durch negative Gefühle, Stress oder Langeweile ausgelöst werden. Psychologen gehen davon aus, dass unangenehme Empfindungen während des Essvorgangs unterdrückt werden. Demnach handelte es sich beim Binge-Eating um eine Form von Vermeidungsverhalten. Wie auch bei anderen Essstörungen gibt es zur Entstehung und Funktion dieses Essverhaltens unterschiedliche Theorien. In der Ernährungspsychologie gibt es die Erklärung, dass so genanntes „gezügeltes Essverhalten“ ein Risikofaktor für das Entstehen von Essstörungen ist, vor allem für Bulimie und Binge-Eating-Störung.

Differentialdiagnose

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Im Gegensatz zu Bulimikern oder Magersüchtigen ergreifen Binge Eater nach dem Essen keine Kompensationsmaßnahmen wie Erbrechen, exzessives sportliches Training oder Substanzmissbrauch.[11]

Damit die Essstörung diagnostiziert werden kann, muss eine körperliche Ursache ausgeschlossen werden und die Symptome dürfen nicht vollständig durch eine andere Essstörung oder eine andere psychische Störung erklärt werden.[9][11]

Epidemiologie

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Die Binge-Eating-Störung betrifft etwa 2 % der Bevölkerung. Damit gilt sie als die häufigste Essstörung. Unter den Betroffenen befinden sich mehr Frauen als Männer und die Häufigkeit der Essstörung nimmt mit steigendem Alter zu.[11][12] Ein großer Teil der Binge Eater ist übergewichtig – allerdings leidet umgekehrt nur etwa ein Drittel der Adipositas-Patienten in Programmen, die dem Abnehmen dienen, an Heißhungerattacken.[11]

Körperliche Folgen

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Zu den möglichen körperlichen Folgen von Binge-Eating gehören Übergewicht, das metabolische Syndrom und andere Stoffwechselstörungen.[12]

Therapie

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In der Therapie wird eine Normalisierung des Essverhaltens angestrebt, wobei auch die auslösenden psychischen Probleme behandelt werden. Die Psychotherapie der Binge-Eating-Störung basiert weitestgehend auf Konzepten, die ursprünglich zur Behandlung von Bulimie entwickelt wurden.[11] Eine Behandlung mit entspannungs- und achtsamkeitsbasierten Verfahren wie MBSR kann ebenfalls zu einer Besserung führen.[13]

Um die Frequenz der Essanfälle zu reduzieren, kann eine Therapie mit Antidepressiva wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) erfolgen. Die kurzfristige Wirksamkeit von Antidepressiva bei Binge-Eating ist mit Studien ausreichend belegt. Eine mögliche langfristige Wirkung ist jedoch noch nicht ausreichend erforscht.[11]

Laut einem Bericht im JAMA Psychiatry[14] hat das Amphetaminderivat Lisdexamfetamin in einer randomisierten Studie bei erwachsenen Patienten mit Binge-Eating-Störung die Zahl der Essattacken gesenkt. Die Arznei ist seit 2013 als Reservemittel zur Behandlung von ADHS in Deutschland zugelassen.[15]

Literatur

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Leitlinien der AWMF

  • S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Essstörungen der Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM), Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP). In: AWMF online (Stand Mai 2018)

Fachliteratur

  • Sandra Becker, Stephan Zipfel: Binge Eating und Binge-Eating-Störung. In: Günter Reich, Manfred Cierpka: Psychotherapie der Essstörungen. 3. Auflage. Thieme-Verlag, Stuttgart u. a. 2010, ISBN 978-3-13-108783-6, S. 62–71. (PDF)
  • Simone Munsch: Binge Eating. Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen. Beltz Verlag, Weinheim u. a. 2003, ISBN 3-621-27531-2.
  • Simone Munsch: Das Leben verschlingen? Hilfe für Betroffene mit Binge Eating Disorder (Essanfällen) und deren Angehörige. Beltz Verlag, Weinheim u. a. 2007, ISBN 978-3-621-27475-3.
  • Simone Munsch, Christoph Beglinger (Hrsg.): Obesity and Binge Eating Disorder. (= Bibliotheca psychiatrica. No 171). Karger, Basel 2005, ISBN 3-8055-7832-6. (PDF; 3 MB)
  • Günter Reich u. a.: Essstörungen: Magersucht, Bulimie, Binge Eating. Trias Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-8304-3118-X.

Weblinks

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  • Binge-Eating-Störung – unabhängiges Informationsangebot des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG)

Einzelnachweise

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  1. ↑ Wie häufig sind Essstörungen? In: essstoerungen.bioeg.de. Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG), abgerufen am 2. November 2025. 
  2. ↑ Binge-Eating: «Essen wurde mein Weg, Druck loszuwerden». In: srf.ch. Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), abgerufen am 2. November 2025. 
  3. ↑ S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Essstörungen. In: awmf.org. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, abgerufen am 2. November 2025 (englisch). 
  4. ↑ A Guide to DSM-5: Binge Eating Disorder Medscape.com 26. Mai 2013 Abruf 4. März 2016
  5. ↑ S. Becker, S. Zipfel: Binge Eating und Binge-Eating-Störung. 2010, S. 62.
  6. ↑ Essstörungen (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive) 4. Juni 2015, PDF; 512 kB
  7. ↑ H.-K. Biesalski: Ernährungsmedizin: nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. Thieme Verlag, 2004, ISBN 3-13-100293-X, S. 337, (online)
  8. ↑ American Psychiatric Association: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. Fifth Edition Auflage. American Psychiatric Association, 2013, ISBN 978-0-89042-555-8, doi:10.1176/appi.books.9780890425596 (psychiatryonline.org [abgerufen am 2. November 2025]). 
  9. ↑ a b DSM-5 Diagnostic Criteria – allianceforeatingdisorders.com. Archiviert vom Original am 1. Juli 2017; abgerufen am 26. Juli 2017 (amerikanisches Englisch). 
  10. ↑ ICD-11 6B82 Binge eating disorder. In: ICD-11. Weltgesundheitsorganisation, Januar 2025, abgerufen am 7. Juli 2025 (englisch). 
  11. ↑ a b c d e f Corinna Jacobi & Martina de Zwaan: Essstörungen. In: Hans-Ulrich Wittchen & Jürgen Hoyer (Hrsg.): Klinische Psychologie & Psychotherapie. 2. Auflage. Springer Medizin, Berlin/Heidelberg 2011, ISBN 978-3-642-13017-5, S. 1053–1081. 
  12. ↑ a b James E. Mitchell: Medical comorbidity and medical complications associated with binge-eating disorder. In: International Journal of Eating Disorders. Band 49, Nr. 3, 2016, ISSN 1098-108X, S. 319–323, doi:10.1002/eat.22452 (wiley.com [abgerufen am 10. Januar 2019]). 
  13. ↑ Shawn N. Katterman, Brighid M. Kleinman, Megan M. Hood, Lisa M. Nackers, Joyce A. Corsica: Mindfulness meditation as an intervention for binge eating, emotional eating, and weight loss: A systematic review. In: Eating Behaviors. Band 15, Nr. 2, S. 197–204, doi:10.1016/j.eatbeh.2014.01.005. 
  14. ↑ Susan L. McElroy, James I. Hudson u. a.: Efficacy and Safety of Lisdexamfetamine for Treatment of Adults With Moderate to Severe Binge-Eating Disorder. In: JAMA Psychiatry. doi:10.1001/jamapsychiatry.2014.2162.
  15. ↑ Lisdexamfetamin: ADHS-Medikament wirkt bei Binge-Eating-Störung. In: Deutsches Ärzteblatt. 15. Januar 2015, abgerufen am 17. Januar 2015.
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient weder der Selbstdiagnose noch wird dadurch eine Diagnose durch einen Arzt ersetzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!
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