Das Uppsala Conflict Data Program (UCDP) ist ein wissenschaftliches Projekt zur Erhebung und Verarbeitung von mehrheitlich quantitativen Daten zu gewaltsamen Konflikten seit 1946. Das Projekt ist Teil der Abteilung Friedens- und Konfliktforschung der UniversitÀt Uppsala und wird in Zusammenarbeit mit dem Peace Research Institute Oslo (PRIO) und dem Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) herausgegeben.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mitte der 80er Jahre wurde das Programm von Professor Peter Wallensteen als âConflict Data Projectâ an der UniversitĂ€t Uppsala gegrĂŒndet. Im Jahr 1988 erschien im SIPRI yearbook des Stockholm International Peace Research Institutes eine erste Veröffentlichung der erhobenen Daten. Im Jahr 2004 veröffentlichte das Programm dann eine globale Datenbank mit dem Namen âConflict Encyclopediaâ, welche die quantitativen und qualitativen Daten zu militĂ€rischen Konflikte im Rahmen eines interaktiven Dashboards mit integriertem Datenexport zur VerfĂŒgung stellte.[1]
Die Zusammenarbeit mit dem Peace Research Institutes Oslo (PRIO) und dem Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) ermöglichte die Erweiterung der Datenbank durch historische Daten bis ins Jahr 1946.[2] JĂ€hrlich erscheint ein Bericht, der die neuesten Daten enthĂ€lt und in diversen wissenschaftlichen Journals abgedruckt wird. AuĂerdem gibt es inzwischen kleinere Datenbanken, die besonderes Augenmerk auf einzelne Kontinente legen. Die Daten werden regelmĂ€Ăig erneuert.[3]
Definitionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das theoretische Fundament der Datenerhebung bilden die Definitionen der zu untersuchenden gewaltsamen PhÀnomene. Die Definitionen und Typisierungen spiegeln sich schlussendlich auch in der Codierung der quantitativen Indikatoren des Datensatzes wider.
Eine grundlegende Definition umfasst die Unterscheidung zwischen bewaffnetem Konflikt und Krieg. Ein bewaffneter Konflikt liegt demnach vor, wenn mindestens zwei Akteure nicht miteinander vereinbare Interessen haben, zu deren Durchsetzung bewaffnete KrĂ€fte (âarmed forcesâ) eingesetzt werden, die innerhalb des letzten Jahres mindestens 25 Todesopfer fordern. Ein Krieg beinhaltet ebenfalls den Interessenskonflikt zwischen mindestens zwei Akteuren, wird allerdings erst ab 1000 Todesopfern pro Jahr als solcher bezeichnet. Zur Kategorisierung wird zudem zwischen staatlichen und nichtstaatlichen bewaffneten Konflikten unterschieden.
Des Weiteren werden vier Arten von militÀrischen Konflikten festgelegt:[4]
- Zwischenstaatliche Konflikte: Gewalt zwischen mindestens zwei Staaten;
- Innerstaatliche Konflikte: Gewalt innerhalb einer Staates zwischen Regierung und mindestens einer nicht-staatlichen bewaffneten Gruppierung;
- Internationalisierte, innerstaatliche Konflikte: Gewalt innerhalb eines Staates, bei dem sowohl staatliche als auch nicht-staatliche KrĂ€fte militĂ€rische UnterstĂŒtzung aus dem Ausland erhalten;
- Extra-systemische Konflikte: Gewalt zwischen nicht-staatlichen Akteuren und Regierungen, auĂerhalb des eigenen Staatsgebietes. Umfasst hauptsĂ€chlich Kolonialkriege (der letzte, so bezeichnete Konflikt endete 1974).
Die sogenannte âEinseitige Gewaltâ bezeichnet den Einsatz militĂ€rischer Gewalt eines Staates oder einer Organisation gegen Zivilpersonen. Zu dieser Kategorie zĂ€hlen beispielsweise TerroranschlĂ€ge.[5] Die Definition des UCDPs wird inzwischen auch von anderen Organisationen verwendet und ist zu einem Standard bei der Untersuchung und Analysierung von Konflikten geworden.[6]
Organisation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Programm ist am Department of Peace and Conflict Research der UniversitĂ€t Uppsala beheimatet und wird aktuell von Professor Magnus Ăberg geleitet (Stand: Januar 2024). Das Projekt beschĂ€ftigt circa 15 Angestellte, die hauptsĂ€chlich als wissenschaftliche Mitarbeiter oder Analysten beschĂ€ftigt sind. Auch Studierende nehmen am UCDP teil.
Partnerschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das UCDP wird von der UniversitĂ€t Uppsala in Partnerschaft mit dem Peace Research Institute Oslo (PRIO) betrieben. AuĂerdem gibt es eine enge Zusammenarbeit mit dem Human Security Report Project.[7] Auch das Stockholm International Peace Research Institut zĂ€hlt zu den UnterstĂŒtzern und Partnern von UCDP. Im Jahrbuch des Institutes erscheinen seit 1988 die Daten des UCDP Projektes.[8]
Daten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf der Internetseite des Uppsala Conflict Data Program lassen sich hauptsÀchlich folgende Informationen finden:
- die absolute Anzahl militÀrischer Konflikte in aller Welt/Jahr
- die LĂ€nder, die ĂŒber einen beliebigen Zeitraum zwischen 1946 und 2016 in militĂ€rische Konflikte verwickelt waren
- die Anzahl der Toten/Jahr in einem Land und der Verteilung auf die verschiedenen Arten eines militÀrischen Konflikts
- die Anzahl der Toten in Folge militĂ€rischer Konflikte weltweit fĂŒr die Jahre 1989 bis 2012
- die geographische Verteilung der TodesfÀlle innerhalb von LÀndern
Die wichtigsten Kennzahlen 1976â2016
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu Gunsten der Ăbersichtlichkeit werden hier die Daten des UCDPs in 5-Jahres-AbstĂ€nden wiedergegeben:[9]
| Anzahl staatlicher militÀrischer Konflikte | Anzahl nicht-staatlicher Konflikte | Anzahl der FÀlle Einseitiger Gewalt | Tote staatlicher Konflikt | Tote nicht-staatlicher Konflikt | Tote einseitige Gewalt | |
|---|---|---|---|---|---|---|
| 1976 | 30 | nicht angegeben | n. a. | n. a. | n. a. | n. a. |
| 1981 | 41 | n. a. | n. a. | n. a. | n. a. | n. a. |
| 1986 | 44 | n. a. | n. a. | n. a. | n. a. | n. a. |
| 1991 | 52 | 22 | 33 | 70.309 | 3.974 | 8.981 |
| 1996 | 41 | 22 | 36 | 28.206 | 4.250 | 39.469 |
| 2001 | 39 | 36 | 30 | 22.430 | 5.008 | 7.463 |
| 2006 | 33 | 29 | 28 | 19.865 | 3.246 | 4.421 |
| 2011 | 38 | 41 | 23 | 23.088 | 6.752 | 5.790 |
| 2016 | 50 | 60 | 21 | 87.018 | 9.034 | 6.278 |
Deutschland im UCDP
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Deutschland zĂ€hlt die UniversitĂ€t Uppsala 20 Tote im Zeitraum von 1989 bis 2016. Ein Todesfall ereignet sich am 2. Juli 1989 als ein britischer Soldat bei einem Autobombenanschlag getötet wird. Die IRA bekennt sich dazu[10], sodass der Todesfall dem militĂ€rischen Konflikt GroĂbritannien-IRA zugeordnet werden kann. Ebenfalls zu diesem Konflikt zĂ€hlen zwei weitere TodesfĂ€lle aus dem Oktober 1989 und die Ermordung zweier britischer Soldaten in Dortmund am 1. Juni 1990. Am 17. September 1992 werden vier kurdische Aktivisten in Wilmersdorf erschossen. Die FĂ€den zog der iranische Geheimdienst, also zĂ€hlten diese TodesfĂ€lle zum Konflikt Kurden-Iran.[11] Die anderen TodesfĂ€lle ereigneten sich am 16. Dezember 2016 beim Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt. Dieser terroristische Anschlag gehört zur einseitigen Gewalt eines Staates oder einer Organisation gegen Zivilisten.[12]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- â Karolina SchĂŒtzer: UCDP Background - Department of Peace and Conflict Research - Uppsala University, Sweden. Abgerufen am 31. Januar 2024 (englisch).
- â Peace Pesearch Institute Oslo (PRIO): UCDP/PRIO Armed Conflict Dataset - PRIO. Abgerufen am 9. Juni 2017 (englisch).
- â UCDP Dataset Download Center. Abgerufen am 11. Juni 2017.
- â Marie Allansson: Definitions - Department of Peace and Conflict Research - Uppsala University, Sweden. Abgerufen am 31. Januar 2024 (englisch).
- â Definitions - Uppsala University, Sweden. Abgerufen am 9. Juni 2017 (englisch).
- â Definitions - Uppsala University, Sweden. Abgerufen am 9. Juni 2017 (englisch).
- â Human Security Report (Hrsg.): Human Security Report 2005: War and Peace in the 21st Century.
- â SIPRI Yearbook: Armaments, Disarmament and International Security | SIPRI. Abgerufen am 11. Juni 2017 (englisch).
- â UCDP - Uppsala Conflict Data Program. Abgerufen am 11. Juni 2017.
- â 2.7.1989 - Was war am 02. Juli 1989 - Ereignisse des Tages - Chroniknet. In: Chroniknet. (chroniknet.de [abgerufen am 11. Juni 2017]).
- â Auftragsmord in Wilmersdorf. (tagesspiegel.de [abgerufen am 11. Juni 2017]).
- â UCDP - Uppsala Conflict Data Program. Abgerufen am 11. Juni 2017.
