Die implizite Differentiation (auch implizite Ableitung) ist eine Möglichkeit, eine Funktion, die nicht explizit durch einen Term, sondern nur implizit durch eine Gleichung gegeben ist (auch implizite Kurve), mit Hilfe der mehrdimensionalen Differentialrechnung abzuleiten.[1] Sie kann oft auch benutzt werden, um die Ableitung von Funktionen, die zwar explizit gegeben sind, in dieser Form aber schwierig abzuleiten sind, zu bestimmen.
Erfüllt die differenzierbare Funktion
die Gleichung
,
wobei auch
, eine differenzierbare Funktion ist, so bedeutet das, dass die Funktion
konstant (nämlich die Nullfunktion) ist. Ihre Ableitung ist dementsprechend auch konstant null. Mit Hilfe der mehrdimensionalen Kettenregel erhält man dann

Hierbei sind
und
die partiellen Ableitungen von
. Zur Vereinfachung der Schreibweise wurden die Funktionsargumente
weggelassen.
Gilt
an einer Stelle
, so gilt dies auch für alle
in einer Umgebung von
und man kann die Gleichung nach
auflösen:

bzw. ausführlich

Durch Anwendung der Produkt- und Kettenregel können auch höhere Ableitungen impliziter Funktionen berechnet werden.
So ergibt sich die zweite Ableitung
zu:

mit
,
,
.[2]
Gesucht ist die Ableitungsfunktion
des natürlichen Logarithmus
. Man kann diesen auch implizit darstellen
,
danach die Gleichung ableiten
,
wieder
setzen

und umstellen
.
Die Funktion
,
, kann mit den herkömmlichen Ableitungsregeln nicht ohne Umformungen abgeleitet werden, da sowohl Exponent als auch Basis der Potenz variabel sind.
Zunächst kann man durch Logarithmieren den Exponenten eliminieren:
.
Nun leitet man implizit ab, indem man beide Seiten herkömmlich nach
ableitet:

Die linke Seite kann mit der Kettenregel, die rechte mit der Produktregel und der Regel für die Ableitung des Logarithmus berechnet werden:

Löst man nach
auf und setzt
ein, so erhält man als Lösung:
.
Der Kreis mit Mittelpunkt
und Radius
ist gegeben durch die Gleichung
. Teile davon kann man als Graph einer Funktion
schreiben. Deren Ableitung lässt sich mit Hilfe der impliziten Differentiation wie folgt berechnen:
In die definierende Gleichung setzt man
ein:

Durch Ableiten dieser Gleichung erhält man

Für
ergibt Auflösen nach

Daraus folgt, dass die Tangente an den Kreis im Punkt
mit
die Steigung
hat.
- ↑ Gerhard Marinell: Mathematik für Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler. 7. Auflage. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2001, ISBN 3-486-25567-3, S. 135–136 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Jörg Feldvoss, Höhere Ableitungen impliziter Funktionen, 2000: https://www.southalabama.edu/mathstat/personal_pages/feldvoss/impldiff.pdf